Paris (ii)

Donnerstag, 10. November 2005

Aus Ps Pariser Presseschau:

So sprechen keine Underdogs, die nur um ihr nacktes Überleben kämpfen. Was Frankreich derzeit erlebt, ist nicht allein ein Aufstand der Rechtlosen und Unterdrückten, sondern auch eine Revolte gegen die Republik im Namen ihrer eigenen Ideale. Denn die Halbwüchsigen haben in der Schule gelernt, daß zu ihrem Status als Staatsbürger untrennbar die republikanischen Versprechen von Gleichheit und Brüderlichkeit gehören. Das nimmt die Vorstadtjugend ernster, als es vielen Franzosen recht ist. Fast könnte man von einem Drama der gelungenen Integration sprechen, die deswegen an ihre Grenzen stößt, weil die Nachgeborenen sich eben nicht damit begnügen wollen, in Parallelgesellschaften abzutauchen. Stattdessen fordern sie die Teilnahme an den Verheißungen Frankreichs, für die in ihren Augen nicht die Gesellschaft, sondern in erster Linie der Staat zuständig ist.

[…]

Der Kriminologe Alain Bauer hält die Immigrantenkinder denn auch zu Recht für „weit besser ins französische Wertesystem integriert, als man von außen vermutet“. Selbst ihren Protest würden sie von nationalen Vorbildern ableiten – von den militanten Streiks der Gewerkschaften bis zu den Kampfdemonstrationen der radikalen Linken.

[Michael Mönninger in der Zeit]

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