Tatort: Pauline (NDR)

Montag, 25. September 2006

Feuerwehrball in einem kleinen niedersächsischen Dorf. Erwartbare schmierige sexuelle Anspielungen. Wer tanzt mit wem. Alkohol war mit im Spiel, als du von deinem Hocker fielst. Hernach wird die 12-jährige Pauline tot im Fluß gefunden. Erschlagen mit einem kleinen Gegenstand.

Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) tastet sich vorsichtig durch das Beziehungsgestrüpp im Dorfe, begleitet von der einheimischen Polizistin Katharina Lichtblau (schlimmes Wortspiel, großartig gespielt von Johanna Gastdorf). Da ist Paulines Mutter (Corinna Harfouch), geflüchtet vor der Sprachlosigkeit ihres Mannes. Ihre Schwester Jette (Anna Maria Mühe) geht mit dem Pferdehirten Sven (Wotan Wilke Möhring). Dieser sowie der sonderbare Gärtner (!) Guntram Schollenbruch (Thomas Arnold) sind verdächtig, Neigungen für Heranwachsende zu zeigen. Doch die Kinderschänderfährte ist eine falsche, obwohl Charlotte Lindholm so gerne an die Statistik glauben will. Am Ende war’s ein Dumme-Jungen-Streich, zu dem unterlassene Hilfeleistung kommt — der Sohn versagt vor seinem tyrannischen Vater — und die Kommissarin entschuldigt sich beim falsch Verdächtigten. Überall jedoch sinistre Gestalten, besonders hübsch schleimig: der Pfarrers-Ehemann der Dorfpolizistin, der mit der gutaussehenden Charlotte theologische Gespräche “fortsetzen” möchte, den sie jedoch eiskalt auflaufen läßt.

“Pauline” läßt sich Zeit, die handelnden Personen und ihre Motive glaubwürdig einzuführen. Nebenher wird die trübe regnerische Stimmung, durch die sich die hannöverschen Tatorte auszeichnen, gut in die Handlung eingebaut. Und Martin hat endlich sein Coming Out. Schlimm jedoch: der Ton. Man versteht fast nüscht.

Sprachkritik: einmal wird tatsächlich DNS gesagt, dann jedoch wieder DNA. “Bist Du in Ordnung”.

[Erstsendung: 24. September 2006]

6 Responses to “Tatort: Pauline (NDR)”

  1. Boris says:

    Ich habe da tatsächlich nur den Anfang gesehen, dann abgeschaltet. Eigentlich mag ich diese nord-trübdeutsche Kommisarin ja, aber ich habe ziemlich die Nase voll von immergleichen Fällen in norddeutschen Dörfern, wo sie alle gleichermaßen verbitterte und vorgeblich rechtschaffene Landeier sind, schließlich aber die meisten dann doch Leichen im Keller liegen haben. Ganz unabhängig davon, wer es denn am Ende wirklich war.

    Mir wird da zuviel mit diesen weltfremden verschwörerischen bis verfeindeten “Dorfgemeinschaften” gespielt…

    • stralau says:

      Tja, das ist eben das, was wir Städter uns so vorstellen ;)

      Davon abgesehen war es in diesem Film ja eher das Klischee, das die Kommissaren mitbrachte. Die beiden Hauptverdächtigen stellten sich ja am Ende als ganz normal mackenbehaftet heraus.

  2. Haarbueschel says:

    Ich fand den ganz gut. Aber danach kam eine Fitz-Wiederholung, und das deklassiert natürlich alles andere zu Übefilmchen. Ach ja, nett gedropptes Foyer-Des Arts-Zitat!

  3. maternus says:

    …und ganz schlimm ist immer diese Depressions-Hirnfick-Avantgarde-Filmmusik, vorzugsweise von einer einsamen Bratsche oder Oboe dargeboten. Deutsche Filmproduktionen erkennt man immer und ausnahmslos an der völlig mißlungenen musikalischen Begleitung.

    Typisches Kennzeichen des Filmförderungs-Elfenbeinturms.

  4. einbecker says:

    Ich fand ihn auch recht gelungen. Und als einer, der aus der südniedersächsischen Heimat in die weite Welt auszog, kann schon bestätigen, dass es diese verschrobenen Dorfgemeinschaften auch wirklich gibt. Klar hat nicht jeder da ne Leiche im Keller, aber es geht hier immerhin um den Tatort… (Und war das Coming-Out nicht nen Scherz?)

  5. […] Charlottes Mitbewohner Martin hat jetzt eine Freundin. Andererseits: Hatte er nicht beim letzten Mal sein Coming-Out?[…]

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