3. Du sollst den Feiertag heiligen

Montag, 4. Dezember 2006

Alt-Stralau, Spreeufer

„Denk an Deine Work-Life-Balance!“
„Was hast Du gesagt? Du, ich hab grad schrecklich viel zu tun.“

Heute würde ich das vielleicht nicht mehr so machen: Stralau-Blog.

Zum einen Alt-Stralau. Vor eineinhalb Jahren war das hier noch die verwunschene Insel. Der Wurmfortsatz Friedrichshains mit zauberhaften alten Industriebrachen und — wie es schien — gescheiterten Investitionsplänen. Zwisch den — zugegeben ziemlich häßlichen — Neubauten haufenweise Gestrüpp und Industriereste. Heute zeigt sich, daß der Stillstand nur ein vorübergehender war. Es wird wieder gebaut, und fast noch schlimmer als die gesichtslosen Neubauten ist die einfallslose Landschaftsgestaltung. Und auch wenn es sich hier immer noch viel schöner lebt als anderswo, würde ich heute eventuell nicht herziehen, ich könnte es mir bei den inzwischen explodierten Mieten wahrscheinlich auch nicht leisten. Es ist natürlich immer noch traumhaft schön, unter den Weiden am Wasser zu sitzen, auf der Wiese unter den Apfelbäumen zu liegen, über den Friedhof zu gehen oder bei Unkul zu trinken. Aber das hier würde ich heute nicht mehr so nennen. Und selbst das Ostkreuz-Ungetüm wird bald nur noch Vergangenheit sein.

Aber damals war das anders. Da gab es hier noch Geheimnisse.

Zum anderen Blog. In den letzten Wochen hat sich das hier nicht mehr angefühlt. Meist hatte ich das Gefühl, doch nichts zu sagen zu haben, und wenn — dann hat es mich selbst nur wenig interessiert. Wenn ich dagegen den Herbst 2005 lese, das hatte alles mehr Feuer. Heute würde ich mich vermutlich von der Linkliste streichen. Das schöne daran, daß man nur für sich selbst schreibt ist aber: das wird auch wieder, ich kann das in Ruhe auf mich zukommen lassen. Man darf sich nur keine falschen Vorstellungen machen.

Regelmäßige (arbeitsfreie) Feiertage sind nicht normal, sondern eine Besonderheit der semitischen Religionen. Das dritte Gebot verbot ursprünglich alle Tätigkeiten, die die Welt veränderten. Ein schöner Gedanke: einen Tag lang sehen, daß es gut ist, einen Tag lang annehmen, was da ist. Und insofern ist es vielleicht eine gute Idee, nur an Sonntagen zu schreiben.

Die Gurus sind tot — wir tanzen, wir tanzen.

3 Responses to “3. Du sollst den Feiertag heiligen”

  1. Meinst Du nicht, daß es immer Geheimnisse gibt? Vieles ändert sich, vieles anders als man es vielleicht möchte, Geheimnisse werden weniger. Aber es bleiben immer welche übrig. Der Reiz des Neuen geht vielleicht weg, ja.
    Ich lese Dich heute genauso gerne wie vor nem Jahr.
    Im Gegensatz zu mir warst Du auch konsequent in Deinen Themen und im Fokus – während ich seit Monaten meine eigene Sonntagsregel mißachte (ich sollte die wieder etablieren, gute Idee, danke)…

  2. Nicht zu vergessen: Tatort. Hier auch gelegentlich Thema, nicht wahr? ;-)

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