Polizeiruf 110: Dunkler Sommer (NDR)

Mittwoch, 17. Januar 2007

“Egon! Egon!”

Den legendären Filmen der Olsenbande ähnlich wird am Anfang jemand aus dem Gefängnis abgeholt. Am Hause seiner Familie aber, vor dem er im Unwetter steht, wird er nicht eingelassen. Auf hartnäckiges Insistieren öffnet schließlich sein Schwiegervater die Tür. Es fällt ein Schuß.

Dieser Film ist wirklich außergewöhnlich inszeniert (Regie: Hendrik Handloegten, “Was nützt die Liebe in Gedanken”, “Paul is dead”): man spürt die Hitze des Sommers, in der die Kinder ihren getöteten Vater auf einem Karren in den Wald ziehen und ihn dort begraben. Der Film läßt sich Zeit, um diese Geschichte plausibel zu erzählen – die unspektakuläre Geschichte des Familientyrannen, der aus dem Gefängnis zurückkehrt. Die langen Kamerafahrten (Peter Przybylski), die Farben und der Schnitt sind für einen Polizeiruf außergewöhnlich. Und auch musikalisch ist dieser Film exzellent: die Musik (Dieter Schleip) übertönt nicht die Handlung, schafft aber eine aufregende zweite Wahrnehmungsebene. Die Auswahl der Orte könnte nicht besser sein: Die düstere Familie lebt in einem alten Bahnhof und scheint schon immer da zu sein. Die Handlung spielt sich nicht, wie in Halle oder Leipzig, in (für Ostdeutschland) völlig unglaubwürdigen Luxusvillen ab, sondern im Hier und Jetzt: alles etwas schäbig und mit frischen Reklameschildern versehen.

Gut auch, wie sich viel Zeit für die Personen und ihre Beziehungen genommen wird. Und dennoch bleibt Nebenhandlung (Hinrichs und sein Vater, die beiden Kommissare untereinander) ganz klar Nebenhandlung. Hervorzuheben sind weiters die Kinderszenen (Casting: H. Handloegten und Jacqueline Rietz, “Paul is dead”) sowie die hervorragende Besetzung bis in alle Nebenrollen hinein: Sarah Horváth, Ingeborg Westphal, Axel Werner, Julius Terhederbrügge, Anna Lena Werner, Thorsten Merten, Hermann Beyer.

Und der Haken? Das Ende ist zu einfach: Nachdem die Tochter, die ihren Vater umgebracht hat, rechtzeitig vor dem Suizid gefunden und gerettet wurde, reden ihr die Kommissare ein Notwehr-Szenario ein. Damit auch noch der letzte Zuschauer begreift, wie hier Gut und Böse verteilt sind.

Aber ansonsten: Schwerin rulz!

[Erstsendung: 14. Januar 2007]

21 Responses to “Polizeiruf 110: Dunkler Sommer (NDR)”

  1. sarah Horvath says:

    ihr wisst gar nicht wie schwer es war diesen excellenten film zu drehen es hat sehr lange gedauert und um es kurz zu fassen ist es brilliant geowrden das ende finde ich war ein excellentes ende nur jemand der wirklich weiss wie ein film struktuiert wird weis wie gut er war und nicht so welche möchtegern kommentare.

    • stralau says:

      Nee, ich glaube wirklich, daß viel Schweiß in diesen Film geflossen ist. Und ich fand ihn ja auch großartig, außergewöhnlich großartig, das kommt, denke ich, auch in obigem Text zum Ausdruck.

      Der in meinen Augen schwache Schluß beschränkt sich ja nur auf die Bemerkungen der Komissare, die, wie ich fand, zu pädagogisch war. Und das ist eher etwas, das mich generell an den Krimis im Ersten stört, daß sie manchmal mit dem Zeigefinger winken.

      Wie würdest Du denn den Schluß rechtfertigen? Warum fandest Du ihn gut?

      • sarah horvath says:

        ich habe die hauptrolle gespielt und ich fand das ende auchsehr gut weil es ja nicht um tod und gewalt gehen sollte sondern der witz dabei den muss man erst einmal herua kitzeln ich möchte jetzt nicht versuchen deine meinung zu ändern doch bin ich der meinung das das ende sehr gelungen war ich fande nicht das es das gleich ende wie bei vielen krimi´s ist sondern eher das es heraus sticht ich habe ihn mir schon sehr oft angeguckt und bin der meinung der film ist ein kracher das nicht nur weil ich mit gespielt habe sondern weil das buch einfach gut war und nicht von der eigentlichen tatsaceh ablengt

        • ozean says:

          Liebe Sarah,
          ich antworte mal für den guten Stralauer: wenn ich mir so die hier geschriebenen Tatortkritiken durchschaue, dann ist diese Kritik hier wirklich und klar eine der am deutlichsten lobenden. Ich selbst habe die Kritik gelesen und gedacht: „Mist, Mist, Mist!” – denn ich konnte den „Dunklen Sommer” damals leider nicht sehen und wenn schon der gute Stralauer so lobt, dann muss es ja wirklich famos gewesen sein. Von daher also mein Rat: sich geschmeichelt fühlen!
          So ein bisschen rumkritteln gehört zum Handwerk ;)

      • Michael Baumgart says:

        Ich schließe mich der Einschätzung von stralau an. Ich fand den Schluß auch dünn. Benimmt man sich so im wirklichen Leben? Lässt das Mädchen, das zur Täterin geworden ist, so einfach stehen? Fragt sich, wie das juristisch zu bewerten ist, und geht dann einfach weg? Ohne sich irgendwie um das
        Mädchen zu kümmern?
        Aber toll war die Musik im Abspann. Frage: Wer war der Interpret und wie hieß der Titel??? Danke für eine Antwort!

    • Donnie Darko says:

      Hallo Leute,

      ich fand den Film klasse. Vor allem die Sarah hat super gespielt und sieht natürlich auch super süß aus *schmacht*. Wie alt ist sie eigentlich, weiß das einer? Hoffentlich wird man sie noch öfter im TV sehen. Naja, das wollt ich eigentlich nur mal sagen. Also bis denne und viele Grüße nach Schwerin.
      Donnie
      p.s.: bussi für Sarah :))

    • Bernhard Schulz says:

      Wäre das mit den Strohballen schon am Anfang statt Schußß bekannt (dem Zuschauer) gewesen, wäre doch mehr Freiheit für (das Spiel von) Bedrückung und Angst gewesen. Oder? Der Film wäre brutaler geworden. B.

    • Johannes Brommann says:

      Ich verstehe das der film schwer war ich hab auch schon bei einem mitgemacht

      aber ich wollte dir eigentlich was anderes sagen aber das tu ich erst wenn du zurückschreibst dann weiß ich nämlich das du diese nachricht bekommen hast

    • gunnie says:

      unglaublich gut gespielt!!!!!!!!!!!
      sehr guter film, die spannung bleibt immer auf hohem level,
      personages gut interpretiert
      ich bin begeistert
      und hoffe mehr zu sehen von sarah horváth

  2. kid37 says:

    Die Schweriner Polizeirufe sind oft außergewöhnlich, anscheinend ist auch der Januar ein guter Sendemonat: “Kleine Frau” vom RBB war für mich der beste Polizeiruf 2006. Das Ende von “Dunkler Sommer” fand ich als Variante unter den TV-Krimis nicht schlecht. Da schwingt ja auch die Frage mit, welche Art “Ordnung” man im Osten (wieder) herstellen will und auf welche Art man Probleme löst. Das muß ja nicht realistisch sein, aber halt glaubwürdig.

  3. eric says:

    hallo,
    zu dem film an sich möchte ich mich gar nicht weißter äußern,ich möchte nur kurz anmerken,dass ich etwas enttäuscht bin von den flachen kommentaren sarahs zu ihrem film. sie schafft es nicht klar zu benennen,warum das ende ihrer meinung denn so brilliant war,sondern betont nur immer wieder,dass dem so ist. nach dieser schauspielerischen leistung hätte ich etwas mehr tiefe und intellekt erwartet.schade…

    p.s.:@donnie darko:dieses forum als kontaktbörse zu nutzen finde ich peinlich

    • stralau says:

      Eric: Ich finde nicht, daß Schauspieler besonders reflektiert über einen Film referieren können müssen. Schauspieler sollen gut spielen — und das hat Fr. Horvath getan. Alles andere ist doch unwichtig.

  4. Sabine says:

    Hallo,
    ich finde es erst einmal eine Frechheit unter dem Namen von der jungen, aber auch talentierten Schauspielerin, Fr. Horvath so etwas rein zu schreiben.
    Wer das auch immer getahn hat der sollte sich mal darüber Gedanken machen, wie es ist so einen Film zu drehen und wie es wäre in der Haut von ihr zu stecken und das zu lesen. Wenn sie das mal liest wird sie einen Schreck bekommen, wer unter ihrem Namen so etwas hinein schreibt, also echt.
    Das ist eine Frechheit.
    Ich hoffe Fr. Horvath bleibt dran und lässt sich nicht unter kriegen.Sie ist sehr sehr talentiert und wird es noch weit schaffen.

  5. eric says:

    hallo stralau,
    ich bin sogar der festen überzeugung,dass ein schauspieler seine figur und den film reflektieren können MUSS. sonst wäre eine realistische authentische darstellung gar nicht möglich

  6. […] obwohl Schwerin für herausragende Filme bekannt war, trifft der Langeweile- und Klischeevorwurf auf „Schweineleben“ tatsächlich zu. […]

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