Fragen eines lesenden Angestellten

Donnerstag, 22. Februar 2007

Versuch zu verstehen: Der momentane Wirtschaftsaufschwung wird wohl nicht viele Arbeitsplätze schaffen. Wenn durch die Öffnung der Arbeitsmärkte plötzlich Millionen von Chinesen und Russen Ihre Arbeitskraft anbieten, und wenn Arbeitsplätze sich leicht in diese Länder verlagern lassen, dann führen in vielen Branchen im Westen Lohnerhöhungen direkt zu Arbeitsplatzverlusten. Das wiederum hat eine sinkende Lohnquote zur Folge.

Das heißt, daß im Moment eine Umverteilung des Wohlstandes vieler Angestellter des Westens stattfindet. Einerseits zu Gunsten des Kapitals, andererseits zu Gunsten der Angestellten in Bangalore und Bukarest. Erstere mag man bedauerlich finden, der Druck ist jedoch so stark, daß sich wohl zunächst nicht viel daran ändern läßt. An letzterer ist nicht viel auszusetzen: wer im Westen Arbeit hat, lebt immer noch in einem Wohlstand weit über dem Weltdurchschnitt.

Was aber bedeutet das für die Gewerkschaften, wenn diese nur zwischen Lohnstagnation oder -senkung und hoher Arbeitslosigkeit wählen können? Wie ich anderswo schon schrieb, habe ich keine Ahnung von Ökonomie. Aber wäre es nicht sinnvoll, wenn diese sich stattdessen lieber für die Erhöhung des Lebensstandards in Lettland und Vietnam einsetzten? Das würde zum einen den Druck auf die europäische Produktivität senken, zum anderen würde die Übergangszeit des Ausgleiches zwischen den Welten verkürzt. Und wo wir einmal dabei sind, auch bei uns ließe sich besser teilen: Arbeistzeitverkürzung ohne Lohnausgleich hülfe vielleicht, vorhandene Arbeit besser zu verteilen als die im Moment üblichen Arbeitszeitverlängerungen, die die eigentlichen Lohnsenkungen verbergen sollen.

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