Polizeiruf 110: Verstoßen (MDR)

Montag, 25. Juni 2007

[Bin noch nicht ganz, aber doch wieder da. Schabia hat sich den Polizeiruf der vergangenen Woche angesehen. Danke, mal wieder!]

Matthias, der verlorene Sohn, steht eines Tages vor dem Haus seiner Eltern, wo sein Bruder Thomas, der Daheimgebliebene, gerade feierlich die elterliche Firma überschrieben bekommt.

Nachdem der auf die schiefe Bahn geratene Matthias jahrelang keinen Kontakt zu seiner Familie hatte, versucht er jetzt, seine Pläne, ehrlich und rechtschaffen eine Familie zu gründen, in die Tat umzusetzen und stellt seinen Eltern seine schwangere Freundin vor. Vater und Bruder wollen jedoch nichts von ihm wissen. Kurz bevor Matthias traurig wieder wegfährt, sieht er seinen Neffen Jonas, den er, obwohl schon 6 Jahre alt, noch gar nicht kennt. Sie stellen sich einander vor und Matthias schenkt dem Jungen sein Taschenmesser.

Am Abend wird Jonas tot aufgefunden. Er ist wahrscheinlich beim Boot fahren umgekommen. Am nächsten Tag ist auch Matthias tot. Bei den Ermittlungen geraten zunächst Matthias’ ehemalige Komplizen Mirko und Henry in Verdacht, mit dem Mord zu tun zu haben weil Matthias die beiden bei der Polizei verpfiffen hatte.

Gleichzeitig hören sich Schmücke und Schneider aber auch in der Familie um und es stellt sich heraus, daß Matthias als Kind Zeuge eines schlimmen Unfalls wurde, bei dem sein Bruder Thomas schwer verletzt davonkam. Seitdem wurde Matthias die Schuld am Unfall zugeschoben, er wurde immer schwerer erziehbar und landete schließlich im Heim. Die Familie schweigt ihn von da an tot.

Auch jetzt gerät Matthias wieder ins Visier seines rachsüchtigen Vaters, der nach dem Tod seines Enkels davon ausgeht, daß Jonas nicht bei einem Unfall gestorben ist, sondern durch die Schuld seines Sohnes. Indiz für den Vater ist Matthias’ Taschenmesser, das er im leeren, auf dem See treibenden Boot entdeckt, folglich bringt er seinen Sohn um.

Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist „Verstoßen“ ein gelungener Hallenser Polizeiruf. Die dramatische Familiengeschichte ist spannend, aber zum Glück nicht zu rührselig, auch die Ermittlungen in andere Richtungen fügen sich schlüssig in die Handlung ein und klauen keine wertvolle Polizeirufzeit. Einzig die zahlreichen Zufälle, die zur Lösung des Falls beitrugen wirken sehr konstruiert (Schmücke rudert aufgrund einer ‚Ahnung’ auf den See hinaus, wird naß, kriegt zufällig den Anzug vom Vater und läßt diesen daraufhin auf Spuren untersuchen; oder auch, daß Matthias’ Freundin zufällig das Messer unter seinen Sachen entdeckt und daraufhin die Komissare erst mitkriegen, daß Matthias es seinem Neffen geschenkt hatte).

Zudem kommen für den Zuschauer viele Hinweise einfach zu früh, die im Film viel zu lange brauchen, um auch bei den Kommissaren durchzusickern. Trostlose, sehr eindrucksvolle Außenaufnahmen zeigen das Hallenser Umland so wie ich es kenne – nur tritt bei der Inneneinrichtung wieder mal das alte Tatort-Polizeiruf-Problem auf: unrealistisch protzige Wohnungen.

[Erstsendung: 17. Juni 2007, Autorin: Schabia]

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