Abwehr

Sonnabend, 25. August 2007

Hach, wie schön. Abwehr-Performance-Festival rund um den Mauerwachturm im Schlesischen Busch an der Grenze zwischen Treptow und Kreuzberg. Heute und morgen 14–19 Uhr.

Schwer beeindruckend: Nezaket Ekici, Nazar, (morgen leider nicht mehr dabei), die im 40-kg-Kleid aus blauen Glas-Pfauenaugen (ein türkisches Glückssymbol, das den Bösen Blick abwehrt) durch die sonnabendliche Wrangelstraße zum Wachturm im Schlesischen Busch schritt.

Auch nur heute, auch ganz toll: Nevin Aladag, Raise the Roof, läßt vier Frauen auf dem Dach der Kunstfabrik am Flutgraben tanzen. 20 Meter über der Spree, wo früher Grenzsoldaten aufpaßten, daß keine Arbeiter der Omnibuswerkstatt ins Wasser sprangen, tanzen sie zu unterschiedlichen Stücken, die der Zuschauer nicht hören kann. Dieser hört dafür die elektronisch verstärkten Geräusche der hohen Absätze der Tänzerinnen, die das Dach durchstoßen.

Ona Tav, Der Körper als Quelle, hat eine weiße Ritterrüstung an einen Baum gebunden, die Rotweintränen weint. Drei ca. achtjährige Mädchen jubeln: „Kuck mal, eine Skulptur!“

Stoll & Wachall, Des-Infektion, laufen in Schutzanzügen durch den Park und desinfizieren Wiese, Bäume und Menschen. Spooky.

Anny und Sibel Öztürk, Nö-Performance, wiederholen Beuys’ Kunstaktion „Ja ja ja ja ja, nee, nee, nee, nee, nee“ (mp3, 90 MB) als türkisches Picknick. Tatsächlich fallen sie zwischen den anderen liegenden und grillenden Freizeitmenschen und Familien nicht besonders auf — ohne Programmheft nimmt man sie nicht als Kunst war.

Und dann noch Shahram Entekhabi und Becky Ofek, Boxing Box, die auf dem Dach des Wachturms einen Boxkampf aufführen.

Morgen wieder 14–19 Uhr im Schlesischen Busch. Morgen 19 Uhr dann Diskussionsrunde mit den Künstlern in der gegenüberliegenden Kunstfabrik am Flutgraben.

Außerdem kann man sich nebenher noch die laufende Ausstellung im Wachturm ansehen, die noch bis 30. September geöffnet ist: Ulrike Kuschel hat Stimmen aus der Bevölkerung einsprechen lassen, die die Berliner SED nach dem Mauerbau gesammelt hat. Diese kann man im Obergeschoß des Wachturms hören. Im Zwischengeschoß dokumentiert Kuschel das Hin und Her um das Buch „Deutsche Gerechtigkeit“ über die Mauerschützenprozesse. Sven Hüber, der als Politoffizier beim Grenztruppenabschnitt 33 (zu dem auch der Schlesische Busch gehörte) beschäftigt war und heute Vorsitzender des Hauptpersonalrats der Bundespolizei ist, hatte versucht, das Buch verbieten zu lassen. Es konnte erst nach langen Gerichtsverfahren erscheinen. Hüber erreichte auch, daß über diese Verfahren eine zeitlang nicht berichtet werden durfte. Sehr skurril: Der Bericht der Berliner Zeitung über die Aufhebung.

Außerhalb des Festivals ist der Wachturm mit der Ausstellung noch bis 30. September Do–So 14–19 Uhr geöffnet.

Update: Wunderschöne Bilder vom Ozean gibts hier.

5 Responses to “Abwehr”

  1. ozean says:

    Und einen ganzen Satz Fotos vom heutigen Tag gibt es hier: http://www.ipernity.com/doc/ozean/album/28277

  2. […] haben (zum Beispiel European Border Watch und konfuse magnetische Wirbel). Letztes Jahr fand das Abwehr-Performance-Festival […]

  3. […] and I think the whole thing worked out really fine. You can read more about this festival in Stralau-Blog (in German). You can also see more about this festival. In my ipernity album. Tomorrow, I will buzz […]

Leave a Reply to ozean