Tatort: Todesstrafe (MDR)

Mittwoch, 28. Mai 2008

Neue Kommissare (gespielt von Martin Wuttke und Simone Thomalla). Gedreht an Originalschauplätzen.

Also, ich muß schon sagen. Es mäkeln zwar alle, zum Beispiel darüber, daß niemand sächsisch sprach. Aber erstens stimmt das nicht — ein Streifenpolizist durfte — und zweitens hebt sich der neue Leipziger Tatort sehr erfrischend von Sodanns und Lades bisherigem Altmänner-Gequackel ab. Das West-Feuilleton vermißt zwar das spezifisch Ostdeutsche, aber es mußte einem als Ossi schon ziemlich peinlich sein, immer mit diesen Langweilern assoziiert zu werden.

Vor allem aber zeigt der Tatort jetzt ein Leipzig, wie man es aus dem echten Leben kennt. Die alten Kommissare Ehrlicher und Kain ermittelten ja ausschließlich in der (kaum vorhandenen) Leipziger Oberschicht und zeigten von der Stadt nur Standortreklame, abstruse Villenvororte und Annekathrin Bürger im Magapon. „Todesstrafe“ hingegen setzt fast ausschließlich auf sehr typische Orte* (und die Straßenbahn) und inszeniert diese sorgfältig und gekonnt, so daß man hoffen kann, daß — ähnlich wie beim Münchner oder Stuttgarter Tatort in ihren besten Zeiten — auch hier die Stadt und ihr Leben eine größere (und realistischere) Rolle spielen werden. Insgesamt ist alles viel dichter am Leben als in den letzten Jahren des MDR-Tatortes.

Hinzu kommen gute Dialoge, Rhythmus (immer ganz wichtig) und tolle Schauspieler (u.a. Oliver Breite und Roman Knižka — jetzt mit Bart). Die Handlung ist nun nicht besonders atemberaubend — jemand wird umgebracht, weil er im Verdacht steht, Kinder zu mißbrauchen, er wars aber nicht. Jedoch ist das alles glücklicherweise ohne Pathos und sehr solide inszeniert, mit Leidenschaft gespielt und in der ersten Folge (und solche haben wir ja oft in diesen Tagen) muß es ja auch darum gehen, die neuen Ermittler einzuführen. Das gelingt auch gut — die Idee, ein geschiedenes Paar zusammenarbeiten zu lassen gibt Wuttke und Thomalla die Möglichkeit, viel mit scheinbar unscheinbaren Bewegungen und Gesten zu arbeiten und sie nutzen diese dann auch sehr gut und präzise.

Bleibt nur die Frage, was der MDR mit seinem Stammpublikum ohne Sodann, Lade und das ganze Geoste macht. Immerhin gibt es für die ja noch manchmal den Polizeiruf aus Halle.

*Am besten finde ich ja, daß das Kommissariat in der riesigen wunderschönen Konsumzentrale ist. Vielleicht finden sich ja jetzt auch ein paar Mieter — die sieht immer so traurig aus, fast leer, wie sie ist. Die Konsumzentrale wurde 1929–1932 von Fritz Höger gebaut, von dem auch das Chile-Haus in Hamburg ist.

[Erstsendung: 25. Mai 2008]

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