Brüche

Freitag, 29. August 2008

Eine der Geschichten des 20. Jahrhunderts am Sonnabend, dem 6. September um 19.00 Uhr in der Friedrichshainer Samariterkirche:

Salomea Genin liest aus ihrer noch unveröffentlichten Autobiografie:

“Die Äffin mit dem Känguruhschwanz oder wie ich ein Mensch wurde”

Salomea Genin wurde als Kind polnisch-russischer Juden 1932 in Berlin-Wedding geboren. 1939 flüchtete sie mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten nach Australien.

Ihre Kindheit ist davon bestimmt, daß sie sich schämt, Jüdin zu sein. Sie wurde, wie sie selbst von sich anläßlich ihres 75. Geburtstags sagte, eine jüdische Antisemitin. Mit 12 Jahren trat sie dem
Kommunistischem Jugendverband bei und mit 17 in die Kommunistische Partei Australiens. Diese wurde für sie zur Ersatzfamilie, hier fühlte sie sich wohler als zu Hause.

1954 machte sie sich auf den Weg in die weite Welt und der Suche nach Heimat. Sie ging dorthin, wo sie geboren wurde, nach Berlin. In Ostberlin wollte man sie zunächst nicht. Sie kämpfte 9 Jahre, bis man
sie nach Ostberlin hinein ließ. Hier trat sie in die SED ein. Sie war endlich froh, nichts mehr mit Juden und dem Judentum zu tun haben zu müssen.

Aber sie wurde ständig damit konfrontiert und sie sah sich einer wachsenden Ignoranz in der Hinsicht gegenüber, dass man glaubte genau zu wissen, wie die Schoah abgelaufen war.

8 Jahre später trat sie in die Jüdische Gemeinde ein und fand sich damit ab, Jüdin zu sein.

Es dauerte noch weitere 12 Jahre bis sie erkannte, dass sie in einem Polizeistaat lebt und sie fühlte sich schuldig. Schuldig, weil sie mitgeholfen hat, diesen aufzubauen. 20 Jahre lang hatte sie für die
Stasi gearbeitet. Sie fiel, wie sie sagt, in ein tiefes Loch. Im Mai 1989 hatte sie den Mut, aus der SED auszutreten und wurde danach Mitglied im Neuen Forum.

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