Gebt mir ein Weltbild!

Dienstag, 6. September 2005

Unter dem Titel „German Joys“ schreibt der in Düsseldorf lehrende amerikanische Jurist Andrew Hammel (und momentan seine Urlaubsvertretung Ed Philp) darüber, wie er Deutschland wahrnimmt. Gut geschrieben, erfrischend zu lesen, ein interessanter Blick von außen auf das Leben in Deutschland, die Zeitläufte sowie Sitten und Gebräuche.

Dieses Blog ist das genaue Gegenteil von dem, was uns Spon und verschiedene Blogs einreden wollen: die Amerikaner seien beleidigt durch deutsche Undankbarkeit. Auf der anderen Seite lernt man Deutschland von Seiten kennen, die dem Einheimischen so nicht auffallen mögen:

Auf deutschen Visaanträgen wird u.a. nach der Religion gefragt. Nachdem er beim ersten Mal „Atheist“ geschrieben hatte, fiel ihm auf, daß diese Frage nur dann kirchensteuerrelevant ist, wenn man entweder römisch-katholisch oder evangelisch ist. Woraufhin der „Pick my Religion Contest“ ausgerufen wurde:

So the next time I renewed my visa I became a Buddhist, since I’ve always had a thing for the Noble Eightfold Path.

But why should my next answer be limited by my own creativity? There’s a whole world of possibilities out there I might not have thought of. Although I have thought of a lot, including the Yazidi. They worship a blue peacock and can’t eat butter beans. So far so good, but they’re also prohibited from wearing dark blue, which is one of my favorite colors. So no Yazidi-ism for me. I’ve also thought about putting down “Worship of the Flying Spaghetti Monster,” but that won’t fit on the form.

So, dear readers, get to those comment boxes and give me a religion! Whoever has the most creative suggestion will dominate my spiritual development for the next year, at least in the eyes of the German state. What more precious reward could I offer?

Was uns besonders gefällt: Die Rubrik German Word of the Week, in der er sich der deutschen Sprache annähert, indem er Wörter, die es so im Englischen nicht gibt, zunächst wörtlich übersetzt, dann erläutert, um sich schließlich Gedanken um die dahinterstehende Geisteshaltung zu machen:

Lügengebäude

[…]

At this point, you are living in what a German would call a Lügengebäude — a “Building of Lies.” You pronounce it Loo*-gen-guh-BOY-duh. In English you can, of course, spin a tissue or web of lies. But I think the idea of crafting a nice, solid, bricks-and-mortar building of lies is more apt. It conveys how hard it is to get out of one once you’ve built it.

I might also add that thinkers who create large, comprehensive philosophical systems — I need hardly mention which country has the leading reputation here — build Gedankengebäude, or “Buildings of Thought.”

I’d to extend this a little down the scale. Can I live in an Apartment of Lies(Lügenwohnung)? Drive around in a Car of Thought (Gedankenwagen)? Hand someone a Box of Lies (Lügenschachtel)? The answer to all of these questions is: of course! German is, after all, the super-duper ultra-modular Lego language.

5 Responses to “Gebt mir ein Weltbild!”

  1. Jens-Olaf says:

    Das hochnäsige Abkanzeln der Blogosphäre durch hauptberufliche Journalisten in Deutschland scheint allgemein Sitte zu sein. Sie zweifeln, dass Blogs originäre Informationen weitergeben. Mag sein, dass die Masse der Blogs ihrem Standard nicht entsprechen, aber German Joys zeigt, dass sie aufpassen müssen. Sowas entsteht umsonst und freiwillig, sie (die Journalisten) bestreiten ihr Einkommen damit.

  2. stralau says:

    Stimmt schon, daß es einige Beiträge in dieser Richtung gibt.

    Aber ich habe den Eindruck, daß sich da inzwischen einiges wandelt, siehe z.B. die Berichterstattung über Felix Schwenzels Parteitagstouren.

    Auf der anderen Seite kann man die Parteien schlecht trennen. Auch hauptberufliche Journalisten bloggen, häufig auch sehr gut (kein Wunder, sie habens schließlich gelernt).

  3. Jens-Olaf says:

    Aktuell in Spiegel-Online über Blogger, solche Aussagen meinte ich mit Abkanzeln:

    “Heute schon ein politisches Blog gelesen? Falls nicht, gehören Sie zur absoluten Mehrheit der deutschen Internet-Nutzer. In der Wahrnehmung der Medien jedoch stehen die Blogs ganz oben. Das haben sie aus etlichen Gründen (noch) nicht verdient.”

    Auch wenn es positiv gemeint sein sollte.

  4. stralau says:

    Danke für den Hinweis auf den Artikel. Ich finde, er pauschalisiert manchmal, von Patalong habe ich aber schon wesentlich schlimmeres gelesen.

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