Eine Frage des Respekts (Paris (iii))

Montag, 14. November 2005

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Erst dieses Gefühl, mit alldem nichts zu tun zu haben, führt zu einer Ignoranz, die sich in der Wortwahl dekuvriert. Wie selbstverständlich führten in den vergangenen Tagen selbst linke und linksliberale Kommentatoren Begriffe wie Randalierer und sinnlose Zerstörung im Mund, Vokabeln, die sie sich beim Radau von Atomkraftgegnern und Hausbesetzern selbstverständlich verbitten würden. Zu Wohlstand gekommen, erscheint ihnen das Abfackeln von Autos, sofern es keinen höheren Zwecken dient, als barbarischer Akt. Der „nur“ Elende, der kulturell Nahe, der darf vielleicht auf Verständnis rechnen, ebenso der Idealist, dem das Herz übergeht und der zu Pflastersteinen greift — der kulturell Ferne darf das nicht. Letzterer versteht die Botschaft und hat eine Demütigungserfahrung mehr. Dafür hat er die Anerkennung, die ihm die Verhängung des Ausnahmezustands verschafft. Immerhin wird er jetzt gefürchtet, und das ist auch eine Art von Achtung.

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[Robert Misik über Respekt und soziale vs. kulturelle Channcen]

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