Tatort: Der doppelte Lott (WDR)

Mittwoch, 23. November 2005

Der Bürgermeisterkandidat ist tot. Nein, war nur Spaß. Ermordet worden ist der Kabarettist, der durch seine Persiflagen den rechtspopulistischen Kandidaten Frieder Lott (Alexander Held) gegen sich aufbrachte.

Neben dem Bürgermeister hat auch der Theaterleiter und Lebensgefährte des Opfers Tom Linden (die Diva gut gespielt von Tim Fischer) ein Motiv: Eifersucht. Nach und nach werden verschiedene Personen und Orte aufgebaut, das Timing und die Dramatik stimmen. Bis zum Ende haben wir einen bunten Reigen aus unterschiedlichsten Persönlichkeiten kennengelernt, die in ihrer Motivation nachvollziehbar bleiben, obwohl sie, wie alles im Münsteraner Tatort, stark überzeichnet werden.

Immer ein klein wenig zu überzeichnet sind die “schrägen Vögel” in der Münsteraner Stammbesetzung: Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann), Silke Haller (Christine Urspruch) und vor allem der pathologische Boerne (Jan Josef Liefers). Dabei meine ich nicht das Schauspiel, alle drei sind exzellente Darsteller (auch Liefers ist nicht immer so schlimm, wie man neulich in der Verfilmung von Osangs “Nachrichten” sehen konnte). Aber das Drehbuch weist ihnen Rollen zu, die die Tatörter fast in die Klamotte abrutschen lassen. Aber eben nur fast. Man hat das Gefühl, die Autoren (Jan Hinter und Stefan Cantz) kitzeln den Zuschauer permanent in der Nase, aber gerade eben nur soviel, daß es nicht zum Niesen reicht.

Jedes Kind ist begeistert von Geheimgängen, nicht nur physischen, sondern auch solchen in Geschichten. Ich erinnere mich an das Bilderbuch “Die Häschenschule”, in dem die letzte Seite schon durch ein Loch vorher zu sehen war und das dort dargestellte im anderen Kontext eine andere Bedeutung annahm. Fand ich großartig.

Ähnliches gab es dieses Mal, als Boerne nach Köln fährt und dort auf den Pathologen und die Ermittler des dortigen Tatorts trifft (und sich natürlich göttlich aufspielt). Das macht natürlich gespannt auf die Kölner Sicht der Dinge: nächster Kölner Tatort am 15. Januar.

(Erstsendung: 20. November 2005)

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