Polizeiruf 110: Vorwärts wie rückwärts (NDR)
Mittwoch, 14. Dezember 2005„Warum hat er sich vor seinem Tod eine Folie über den Kopf gezogen?“
„Damit es aussieht wie in Sieben“.
Diesen Dialog gab es am Sonntag nicht im, aber unter den hiesigen Zuschauern des Polizeirufs. Der Film suggeriert Tiefgang an Stellen, an denen er bewußt nicht vorhanden ist, kalauert sich auf erfrischend hohem Niveau durch die Filmgeschichte und ist bei Lichte gesehen eine einzige Verarsche. Das aber mit viel Witz und großer Lust.
Der im Büro der Kommissare Hinrichs (Uwe Steimle) und Törner (zum letzten Mal dabei: Henry Hübchen) übernachtende Klischeeindianer Garcia (Tim Sikyea), der tagsüber auf dem Fußboden Mandalas aus Kaffeepulver auslegt und „indianische Doofheiten“ (Max Goldt) von sich gibt, ist nur deswegen im Film, um an völlig unpassenden Stellen ein „Der mit dem Wolf tanzt“-Gefühl aufkommen zu lassen und eben um der Klischeeindianer zu sein. Die Imbißbude an der Mecklenburgischen Landstraße trägt natürlich ein Route-66-Schild und auch sonst sieht alles mächtig amerikanisch aus.
Die Ermittlungen werden ausgelöst durch Morde an Synchronspringern. Und so ist das beherrschende Thema denn auch Gleichzeitigkeit und Symmetrie: vom oben erwähnten Mandala über Hinrichs’ scheiternde Ehe, die Gesprächssituation bei seiner Therapeutin, das Zahnpastalächeln der jungen Superstar-Springerinnen bis hin zum Verhältnis der Kommissare untereinander. Dazu Palindrome, die der Mörder Hinrichs aufs Telefon schickt.
Währenddessen behauptet der Film sowohl visuell als auch akustisch ständig einen tieferen Zusammenhang zwischen den bedrohlichen Details (Hitze! Insekten! Perverse Maschinisten!), um ihn im nächsten Moment in der Story wieder aufzuheben. Und so ist die Auflösung letzten Endes eher zufällig, aber auch vollkommen unwichtig.
Beate Langmaack (Buch) und Hannu Salonen (Regie) haben einen großartigen Film hingelegt. Steimle und Hübchen schaffen es, die Gegensätze zwischen den beiden Persönlichkeiten gut auszuspielen („Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Ich möchte mich vor Ihnen nicht öffnen!“), einzig die Ausstattung mit DDR-Utensilien ist ein wenig übertrieben.
Ach ja, die Palindrome, die an Hinrichs verschickt wurden:
„Die Liebe ist Sieger stets, rege ist sie bei Leid.“
„Nie solo sein!“
„Eine güldne gute Tugend: Lüge nie!“
„Namen nenne man!“
[Erstsendung: 11. Dezember 2005]
Hab ich gesehen.
War gut.
Berliner Blogs am Sonntag 18.12.2005
Mehr Licht in diesen grauen Tag! Da hilft der Kollege Grabowitsch doch gern, selbstredend mit Urheberrechtsverweis. Wie können solche Pömpel unraubt bleiben? Das Fontwerk wettert gegen die Foto-Klauer im Internet, und das natürlich völlig zu Rec…
IN GIRUM IMUS NOCTET ET CONSUMIMUR IGNI.
[Edit: Es heißt nocte, nicht noctet.
URL gelöscht, da kommerziell und weder zum Thema passend, noch etwas über den Autoren des Kommentar aussagend.Ahem. Siehe unten.]Stralau, es ist ein Palindrom. Das war das Thema.
Übersetzt heisst der Spruch: „Wir irren des Nachts im Kreis umher und werden vom Feuer verzehrt.“ Das hätte man später auflösen können. Du sagtest im HSBlog: „Das war mitten in der Nacht,…“, schon vergessen? Also weiterer Kontext.
Dass da ein überflüssiges „T“ ‘reingerutscht ist, kann im Eifer des Gefechts schon mal vorkommen.
Ich bin kein Blogger, gebe aber gerne mal meinen Senf dazu, und nicht immer mit meinem Link. Meine Kommentare stehen immer im Kontext des Themas.
Meine URL wurde bisher von niemandem gelöscht, sagt das vielleicht etwas über meine Kommentare aus? Ich weiss es nicht.
Kommerziell, da haste recht. Reich geworden bin ich jedenfalls noch nicht. Ich bin ja nicht „Irie Monthly“.
Ok ok, tut mir leid — da habe ich vorschnell überreagiert.
Ich war etwas mißtrauisch, da dieses Schema: einen kurzen Satz schreiben und mit einer eher kommerziellen URL verlinken, leider häufiger auftritt.
Daß Dein Kommentar nicht zum Thema paßt, habe ich nicht gesagt (und auch nicht gedacht, ich kannte das Palindrom ja), ich meinte die URL, die für mich nicht dazu paßte.
Hätte ich Dir einfach nur eine Mail geschickt, oder Du aber einfach nur auf die Mail geantwortet, die ich Dir geschickt habe, könnte ich jetzt meinen obigen Kommentar wieder in den alten Zustand zurückversetzen. Aber es ist auch ok, wenn das so hier stehenbleibt und damit nachvollziehbar bleibt.
So kann ich nur sagen, daß es mir leid tut, darauf hinweisen, daß man bei Park999 schicke T-Shirts bekommt und hoffen, daß Du jetzt nicht dauerhaft enttäuscht bist.
[Und in Zukunft erst eine Mail schicken und die Antwort darauf abwarten.]
Sehr generös, Herr Stralau.
Nachtrag: Von wem der Spruch stammt, weiss ich nicht mehr. Ich bringe ihn in Verbindung mit einer Münchener Künstlergruppe in den 70ern, von denen stammt er aber auch nicht.
Ich vermute, es ist deutlich älter. Das längste Ein-Wort-Palindrom stammt übrinx von Schopenhauer: Reliefpfeiler.
Der Polizeiruf war sehr skurril, in jeder Hinsicht. ein hübsches Spiel mit Klischees auch. Palindrome sind faszinierend, in der taz gab es mal was dazu.
Oh Cello voll Echo!
(W. Huschke im Berliner Dom)
Kid: Cool, danke.
Ekzem: Beim Huschke-Konzert gewesen und nicht bescheidgesagt? Pah!
Vielleicht hast Du es auch schon herausgefunden, Stralau, hier meine Auflösung: „Das Palindrom wird Sidonius Apollinare (431– 486) zugeschrieben. Im Original lautet es: in girum imus nocte ecce et consumimur igni.“
Die oben erwähnte Künstlergruppe war die „Gruppe SPUR“, die in den 50er und 60er Jahren ihr Unwesen trieb. Ein Mitglied der Gruppe, Guy Debord, drehte einen Film mit dem Titel des Palindroms.
Nein, das wußte ich noch nicht. Danke.
[…] Heute 21.00 (also jetzt gleich) im NDR Wiederholung des sehr amüsanten Polizeirufs „Vorwärts wie rückwärts“. […]