Ein Schloß, ein Schloß! (Don Alphonso jetzt bei Spon?)
Donnerstag, 12. Januar 2006Ok, Don Alphonso in der Überschrift ist nur ein Hinkucker, ich hoffe, er nimmt es mir nicht übel, siehe unten.
Aber neuerdings wird härter ausgeteilt: man fragt sich, was schlimmer ist: die Vorwürfe der Schloßgegner oder die hilflosen Herbeischreibversuche der Journaille.
Lieber Herr Weiland, Ihr Pathos in allen Ehren, aber dem Artikel merkt man die dahinterliegende Intention doch sehr deutlich an. Und Ihre Argumentation ist geradezu putzig hilflos: zunächst wird versucht mit Ulbricht (ließ das Schloß abreißen) und Honecker (wollte es vielleicht wieder aufbauen) ein Böser-Sozialist-Guter-Sozialist-Gegensatzpaar aufzubauen. Daß sich die DDR-Führung in ihren letzten Jahren mangels eigenen Glaubens verstärkt preußischem Traditionskitsch zuwandte, ist bekannt. Darin drückte sich jedoch umsomehr die Spießigkeit dieser Truppe aus.
Denn das war das eigentlich beschämende am langjährigen [Schloß-/Palast-]Streit — daß mit ihr noch einmal nachträglich die Beseitigungspolitik unter Ulbricht gerechtfertigt wurde.
Nun ja — wenn von vornherein feststeht, daß alles andere als eine historische Rekonstruktion die Verharmlosung von kommunistischen Verbrechen bedeutet, kann man sich tatsächlich jede städtebauliche Debatte schenken. Dann sollte man aber nicht im nächsten Satz mit städtebaulichen Argumenten kommen:
Fast in Vergessenheit geriet, daß die Straße Unter den Linden ohne das Schloß nicht denkbar ist — angelegt wurde sie einst als Reitertrasse vom Palast in den Tiergarten –, und daß Schinkel seine Bauten am Schloß orientierte.
Das Problem, das Weiland hat, ist, daß er krampfhaft versucht, den Schloßgegnern ständig ideologische Motive einzureden und implizit behauptet, die Befürworter wären davon völlig frei.
Der Punkt ist nur: es geht hier nicht, wie von ihm behauptet, um Ostalgie. Es geht nicht mal um den Palast. Er stellt es als unglaublich neue Erkenntnis hin, daß der Palast häßlich ist. Sein Problem: das wissen auch viele Schloßgegner und das Schloß war nun auch nicht gerade eine architektonische Meisterleistung. Klar hätte man es nicht sprengen sollen. Wenn man nun aber schon in der Situation ist, den Platz neugestalten zu können, wäre ein phantasievoller Neubau (hey, ich sage nur Paris! London!), der zudem auf den gewünschten Zweck zugeschnitten und vermutlich auch billiger gewesen wäre, angebrachter. Und das Drängen auf einen möglichst schnellen Abriß, obwohl noch gar kein Geld für einen Neubau vorhanden ist, zeugt ja auch nicht gerade von Diskussionsbereitschaft. Um es hart zu sagen: für mich spricht aus dem Schloßprojekt tiefbeleidigter westberliner Antikommunismus (und ich bin nun weiß Gott kein Kommunist).
Am Ende wird dann der Haß auf die Stadtbewohner ausgelebt:
Während die Palastfans in Anzeigen Trauerarbeit leisten — jüngst mit Günter Grass an der Spitze –, steht es um das seelische Heil der Schloßanhänger kaum besser. Ihre eigentliche Tragik ist der mangelnde Ehrgeiz der Stadtbewohner.
Ach Gottchen, jetzt fühle ich mich aber getroffen.
Man bekommt fast den Eindruck, der Artikel könnte auch von Don Alphonso sein:
Die Argumente der Schloßgegner, so unterschiedlich sie sind, laufen auf eines hinaus: den Wiederaufbau zu verzögern, bis die nächste Generation daran die Lust verloren hat. Denn in Berlin verlaufen viele Debatten mit sicherer Präzision andersherum: Hier darf es, bitte, schön häßlich sein. Je häßlicher, umso authentischer, lebensnaher.
Fazit: hier hat jemand wirklich Panik vor der öffentlichen Debatte.
[…] Wer von den Rechten redet, soll aber von den Linken nicht schweigen. Die Sache ist hier allerdings versteckter: Artikel, die hätten geschrieben werden müssen, sind nicht erschienen. […]