Im Reformhaus

Sonnabend, 25. Februar 2006

Es ist schon ziemlich traurig, wenn Leute sich Regelungskompetenz anmaßen in Bereichen, von denen sie nachweislich keine Ahnung haben. Das Gezerre um die Rechtschreibreform nimmt nach Jahren immer noch kein Ende.

Kultusminister geben inzwischen unter der Hand zu, daß die Reform gescheitert ist, wollen aber aus Gründen der Staatsraison daran festhalten. Ich hatte den Vorteil von Demokratie gegenüber anderen Staatsformen eigentlich darin gesehen, daß es leichter sei, Irrtümer zu korrigieren. Auch die Verschiebung der Verantwortung für das Scheitern auf die Zeitungen zeugt nicht gerade von Aufrichtigkeit. Dabei fragt man sich, von welcher Reform sie überhaupt sprechen, denn von der ursprünglichen Fassung von 1996 ist so gut wie nichts mehr übriggeblieben.

Theodor Ickler, Professor in Erlangen und für den PEN im Rat für Deutsche Rechtschreibung beschreibt den geballten Schwachsinn im Rat und die Gründe für seinen Austritt: Ja da kann man nur noch gehen:

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München, Hanns-Seidel-Stiftung, 8. April

Der Rat ist ziemlich vollzählig versammelt, ein Aufpasser der KMK sitzt immer dabei. Als erstes hat der Rat sich für alle Beschlüsse eine Zweidrittelmehrheit verordnet und auch schon von der KMK genehmigen lassen. Damit ist sichergestellt, daß keine Korrektur der neuen Regeln gegen den Willen der Reformbetreiber zustande kommt. Sehr schlau, aber nicht mehr zu ändern.

Der Altreformer Horst Sitta beantragt die Streichung des Tagesordnungspunktes „Getrennt- und Zusammenschreibung”, da zu wenig Zeit zur Vorbereitung gewesen sei. Verblüfftes Schweigen, denn nur wegen dieses Punktes ist der Rat heute zusammengekommen. Der Vorsitzende Zehetmair versucht die Lage zu retten, die durch Sittas scharfen Ton noch peinlicher geworden ist. Weitere Wortmeldungen in diesem Sinne. Ich selbst weise darauf hin, daß die Zeit zwar knapp, für Fachleute, die sich jahrzehntelang mit der Sache beschäftigt haben, aber ausreichend gewesen sei, außerdem darauf, daß ich für diejenigen, die nicht so mit der Materie vertraut sind, einen Kommentar versandt habe, der die Grundzüge und Hauptfolgen leicht erkennen läßt. Sitta stellt fest, daß bei ihm „Post vom P.E.N. ungelesen in den Papierkorb wandert”. Der Antrag wird abgewiesen, bei einer Gegenstimme.

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