Am Bahndamm, Teil 2

Montag, 11. September 2006

[Eine kleine Reihe, die eine Wanderung durch die Stadt beschreibt, läuft hier noch bis Freitag. Heute hier der zweite Teil der Einleitung, morgen wandern wir dann los.]

[Übersicht]
[Teil 1]

Die Teilung der Stadt wurde ergänzt durch Größenwahnpläne. Die Architekten der Reichshauptstadt Germania planten inzwischen für den West-Berliner Senat. Größenwahn bedeutete in West-Berlin vor allem autogerechte Planung. Ein Stadtring sollte entstehen mit Nord-, Süd-, Ost- und Westtangente (die eigentlich eher Sekanten gewesen wären). Daß diese Planung schon an der weltpolitischen Lage scheitern mußte, hätte den Planern klar sein müssen, störte sie aber wenig. Ihren Teil wollten sie in jedem Falle bauen. Und so entstand der westliche Autobahnstadtring parallel zur Ringbahn (die ja gleichzeitig boykottiert werden sollte).

Die Westtangente jedoch wurde zum ewigen Zankapfel. Das Planungsverfahren war jahrelang von den üblichen Berliner Skandalen begleitet. Zusätzlich jedoch sollte sie über Bahngelände führen: der Güterbahnhof der Berlin-Potsdamer Bahn mußte weichen. Des weiteren sollte auf dem Güterbahnhof der Anhalter Bahn am Gleisdreieck das Museum für Verkehr und Technik entstehen. Für beides mußten aufgrund der erwähnten Umstände Verhandlungen mit Alliierten und Reichsbahn geführt werden.

Letztere sollte als Ausgleich einen riesigen modernen Güterbahnhof auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofes Tempelhof der Anhalter Bahn gebaut bekommen. Der alte Rangierbahnhof auf dem Südgelände, 1889 eingeweiht, in den 20ern stark erweitert, war seit 1952 nicht mehr in Betrieb.

Diese Planungen scheiterten sowohl am Dilletantismus der Planer, die schon vor Ende des Verfahrens mit Bauen beginnen wollten als auch am unermüdlichen Protest von Bürgerinitiativen, die sich sowohl gegen die Westtangente als auch gegen den Bahnhof wandten. Die BI Westtangente ist mit ihrem inzwischen über dreißigjährigen Eintreten für eine bürgerfreundliche Stadtplanung legendär. Allerdings wurde im vermeintlich boomenden Berlin der 90er Jahre weniger Rücksicht auf die Bürger genommen: der Innenstadtteil der Westtangente ist in Form des Tiergartentunnels inzwischen Realität.

Aber nicht nur das Südgelände, auch der Rangierbahnhof der Anhalter Bahn sind noch immer in einem verwunschenen Zustand.

[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

2 Responses to “Am Bahndamm, Teil 2”

  1. […] daß der Tiergartentunnel die Verwirklichung eines Teils der umstrittenen Planung für die Auto-Westtangente ist und die Bahnlinie durch den Tunnel in den Neunzigern auch als Argument gegen die Kritiker […]

  2. […] der uralten Planer-Ideen ist die Vervollständigung des Autobahn-Innenringes. Für das Teilstück bis zum Treptower Park (welches später an Stralau vorbei unter dem Ostkreuz […]

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