Inseleingang: Intelligenz oder Beton?
Donnerstag, 12. Oktober 2006Max und Moritz, gar nicht träge,
Sägen heimlich mit der Säge,
Ritzeratze! voller Tücke,
In die Brücke eine Lücke.
Auf einer Halbinsel zu leben bringt mancherlei Besonderheit mit sich. Zum Beispiel gibt es in Alt-Stralau nur einen Zugang für den motorisierten Verkehr: die Straße Alt-Stralau. Über diese führt eine Eisenbahnbrücke aus dem 19. Jahrhundert, die nun erneuert werden soll. Die Erneuerung dieser Brücke ruft nun die Betroffenenvertretung Rummelsburger Bucht sowie die Eigentümer-IG Rummelsburger Bucht auf den Plan: man möge doch bitte mehr Autospuren einplanen.
Warum? Schauen wir uns den Stadtplan an. Die Betroffenenvertretung (die sich auch schon vehement für den Bau eines Parkhauses einsetzt) und die IG wollen damit ein Problem lösen, das entsteht, weil der Inselzugang gekreuzt wird vom Hauptstraßenzug Kynaststraße-Elsenstraße/Stralauer Allee: Gerade im Berufsverkehr kommen von der Kynaststraße so viele Autos, daß das Stück zwischen der Kreuzung Alt-Stralau/Elsenstraße und der Kreuzung Alt-Stralau/Kynaststraße nicht befahrbar ist, wenn die Stralauer Grün bekommen. Im Berufsverkehr wartet man dann schon mal bis zu 20 Minuten.
Nun kann man sich natürlich wie Betroffenenvertretung und IG hinstellen und mehr Autospuren fordern. Die Folge wird allerdings sein, daß auch die zusätzliche Spur zugestaut ist. Unschön dabei sind die Vorschläge, wie der Platz gewonnen werden soll: Aufweitung der denkmalgeschützten Brücke (unter Verzicht auf einen der alten Pylone, die zusammen mit denen auf der Spreebrücke ein Ensemble bilden), ein gemeinsamer Geh- und Radweg auf 2m Breite oder gar gegenläufige Radwege auf der Nordseite.
Eine Lösung für das Problem wird die zusätzliche Spur nicht sein. Diese bestünde wohl eher in einer intelligenten Ampelschaltung, die die Ampeln an beiden Kreuzungen so synchronisiert, daß die Stralauer dann Grün bekommen, wenn die Straße frei ist. Oder aber in einer Abschaffung der Ampel: Alt-Stralau ist Vorfahrtsstraße — die wenigen Autos, die von Alt-Stralau kommen halten normalerweise den Verkehr aus der Kynaststraße nicht auf, wenn sie denn aber kommen, würden sie von der Vorfahrtsregelung profitieren. Das alles steht auch noch mal hier (PDF).
Die Spurerweiterung ist nicht Bestandteil der Planungen, aber die oben genannten Gruppen setzen sich momentan stark dafür ein. Zu den eigentlichen Planungen können noch bis kommenden Dienstag Einwendungen erhoben werden bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin, Zi. 213 R. Zu kritisieren ist hier ein gemeinsamer Fuß- und Radweg auf der Südseite der Brücke auf 2,50 m Breite. Auf dieser vielgenutzten Fahrradstrecke wären eine abmarkierte Fahrradspur oder aber gar keine Sonderbehandlung sinnvoller.
In der Planung auch vorgesehen ist eine Umgehungsstraße für die Zeit der Bauarbeiten von der Kynaststraße über das Glaswerksgelände zur Glasbläserallee. Hier heißt es wachsam sein: die Betroffenenvertretung liebäugelt mit dem dauerhaften Erhalt dieser Zusatzstraße.
Manueller Trackback: Hauptstadtblog
http://www.hauptstadtblog.de/article/2452/kein-frieden-in-stralau
Nochmal die Frage: wie war das Verkehrsproblem zur DDR-Zeit gelöst, als Stralau noch Industriestandort war?
LIebe Grüße!
Ich weiß es nicht.
Ich vermute aber, daß der Verkehr auf der Kynaststraße wesentlich geringer war als jetzt — das sind ja hauptsächlich private PKWs und davon gab es ja zu DDR-Zeiten erheblich weniger.
Außerdem vermute ich, daß es die Ampel Alt-Stralau/Kynaststraße noch nicht gab, so daß Alt-Stralau Vorfahrt hatte.
Hallo,
hier noch ein anderer Co-Adlatus zu Diensten des Stralauer Platzwartes:
Als ich im Sommer 1995 mit einer Kumpeline aus der Westzone das erste Mal zum Baden an die Wendenwiese gefahren bin, habe ich mir die Situation an dieser empfindlichen Verkehrszone bei der Auffahrt auf die famose Halbinsel genau gemerkt:
Es war tatsächlich so, dass die Verkehrsteilnehmer auf der Kynaststraße sowie auf der Herunterfahrt von Alt-Stralau Vorfahrt hatten; während die S-Bahn-Unterführungs-Verkehrsteilnehmer (von der Stralauer Allee kommend) im Nachteil waren. So verzögerte sich die Auffahrt auf die Halbinsel von hier aus kommend empfindlich, zumindest für ungeübte Nutzer dieser schon damals im Feierabendverkehr mehr als überlasteten Straßenkreuzung.
Grüße an alle Blog-AktivistInnen,
ein unter Fr’hain leidender Ex-Stralauer
Für mich bleibt die Frage, wie das mit dem Lastenverkehr war. Ob sich dieser durch die S-Bahn-Unterführung durchgezwängt hat, oder gleich lieber über Kynaststr. abgebogen ist?
Zumindest am Glaswerk gab es ja wohl eine größere Ausfahrt zur Kynaststr. Und bis heute sind dort Reste von Schienen zu sehen.
Werde diese Frage im Hinterkopf behalten…
Liebe Grüße
Andi vom Platzwart
Diese Schienen gehören zum Bahnanschlußgleis des Glaswerkes. Kurz vor der Brücke sieht man das andere Ende mit einem Tor. Dort münden die Glaswerksgleise in die Ring-Gütergleise ein.
Die Kynaststraßen-Brücke wiederum ist eine Behelfsbrücke, die dort nach dem Krieg als Ersatz gebaut wurde, und nicht für LKWs zugelassen. Die können höchstens über die Rampe gefahren sein.
Stimmt… was die Frage noch interessanter macht. Wurde ggf. v.a. der Wasser- und Schienenweg für Lasten genutzt?
Was wird das denn für eine merkwürdige weiße Stahlkonstruktion vor der Brücke? Sieht aus wie eine Fußgängerbrücke für das Neue Deutschland.
ND ist ja gar nicht mehr dort.
Es sieht aus, wie die gleichen Konstruktionen am Ostkreuz. Dort sind es Kabelbrücken für die Zeit des Umbaus. Da auch die Stralauer Brücke demnächst erneuert wird (s. Artikel), wird es hier wohl den gleichen Zweck erfüllen.
Wie kommen wir während des Umbaus eigentlich von der Insel runter? Einmal ums Ostkreuz und zurück? Na das kann ja heiter werden…
Das steht im letzten Absatz des Textes.