Bei der KWV
Mittwoch, 4. April 2007Die Zweigstelle der KWV befand sich in einem kleinen Büro im zweiten Stockwerk auf einem zweiten Hinterhof in der Dunckerstraße und hatte selten geöffnet. Und so reichte die Schlange die Treppe hinunter über beide Höfe bis vor zur Straße. Wie viele in der Schlange hatte ich eine Wohnung „besetzt“.
Besetzen hieß damals, durch die Häuser zu ziehen, leere Wohnungen aufzubrechen und bei Gefallen ein Vorhängeschloß dranzuhängen sowie einen Zettel, daß hier schon besetzt sei. Dann besorgte man sich ein paar Möbel vom Sperrmüll und zog ein. Irgendwann gab es dann auch einen Mietvertrag. Die meisten Wohnungen standen leer, weil die Mieter in den Jahren zuvor in den Westen gegangen waren.
An den Abenden des Frühjahrs und Sommers wurde viel gefeiert. Wir trafen uns ohne Telefon und eher zufällig aber immer wieder — auf der Wiese, auf dem Dach, auf Konzerten, Demonstrationen, beim Trampen, an der Ostsee, irgendwo. Laut, wunderschön und frei war die Zeit und auch wir. Am Jahrestag der Wiedervereinigung dann spielten Feeling B im Wydoks, die Türen wurden verschlossen, als unten Nazis aufmarschierten und manche hatten Sorge, daß wegen der Tanzenden die Decke bricht. Im Gewühl traf ich O. das erste Mal. Irgendwann dann kamen die Mädchen aus L.E. und nahmen uns mit. Später hatte die Westberliner Polizei die Kontrolle übernommen und löste die Walpurgisnacht auf dem Kollwitzplatz mit Tränengas auf. Irgendwann kam uns die Gegend zu laut und zu kommerziell vor und wir zogen weg, obwohl doch auch wir dazu beigetragen hatten.
Im Winter 1990 aber, nachdem ich in der Schlange fast erfroren wäre, kam ich dann doch noch an die Reihe. Die Dame von der KWV erklärte mir, daß ich mit Siebzehn noch keinen Mietvertrag unterschreiben dürfe. „Aber dit ist keen Problem, dann komm ‘se eben wieder, wenn ‘se 18 sind.“
Was ich dann auch tat und einen schönen grauen DDR-Mietvertrag mit dem sagenhaften Mietpreis von 24,50 DM bekam. Diese Woche hat M. die Wohnung gekündigt.
macht Ihr noch eine nette kleine abschiedsparty auf dem dach?
[…] ich denken kann, kaufe ich Tee bei Benjowski. Damals wohnte ich auch noch dort. Meist kann ich mich beim Kauf nicht beherrschen und gebe ein Vermögen aus. […]
[…] auf dem Sportplatz an Jugendliche vertickt, heißt Frank Tornow, so wie der Nachbar in dem Haus, in dem ich einst […]