Deutsch-Sowjetische Freundschaft
Mittwoch, 2. Mai 2007Im Nachhinein kann man schon ganz froh sein, daß Gerhard Schröder nichts mehr zu melden hat. Der Umgang mit dem Gedenken ist in Ländern wie Estland nun wirklich nicht einfach, für Schröder aber anscheinend schon:
„Es ist stil- und pietätlos, wie in Estland mit dem Gedenken an junge russische Soldaten umgegangen wird, die ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus verloren haben.“ Die Deutschen hätten sich aus guten Gründen verpflichtet, sowjetische Ehrendenkmäler und Kriegsgräber zu erhalten und pflegen.
Die guten Gründe für Deutschland sind damals von Gorbatschow in den 2+4-Vertrag hereinverhandelt worden. Ich bin mir ziemlich sicher, daß die Bundesrepublik anderenfalls heute anders mit den Denkmälern umgehen würde — erinnert sei nur an den Abschied von den Alliierten in Berlin. Estland wiederum war über Jahrhunderte von Deutschland und Rußland abwechselnd besetzt und im Unterschied zu Deutschland nicht nur von der Sowjetunion 1944 befreit worden, sondern wurde vorher 1939 im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes annektiert. Große Teile der Bevölkerung wurden danach deportiert und ermordet.
(Den Umgang mit Denkmälern fand ich in Estland allerdings auch manchmal irritierend. Ist aber zunächst mal Sache der Esten, finde ich.)
(Auf Deutsch über Estland berichtet das Estland-Blog.)
In dieser Sache ist es ueberhaupt schwierig einen Kommentar abzugebe. Nun muss man aber aus russischer Persektive sagen, die Esten haben es ordentlich mit der Retourkutsche gehabt, nach dem sie ungestraft repressieren durften. Es ist wohl so wie mit den juedischen Siedlern nach dem Krieg die kaum aus dem KZ befreit schon auf israelischer Seite gegen Plaistinenser und Araber Front gemacht haben und in keiner Weise zimperlich mit denen umgegangen sind. Die meisten Lektionen lernt man eh nicht aus der Geschichte und genauso wenig aus dem eigenen Leben. aba es sollte wohl auch keiner glauben, dass den Jugendlichen, die da dazwischenhauen irgendein Heldenkult am Herzen liegt. Das ist wohl eher die Antwort auf die letzten Jahre und durch Repressionen produzierter Unmut. Insofern ist das nicht das Problem der Deutschen, auch nicht das der russischen Soldaten irgendeines Krieges. Sondern schon das Problem der Esten im Umgang mit ihren Minderheiten. (Und man sollte nicht vergessen, dass es allen Balten, Kaukasiern, Deutschen, Ukrainern und Russen so ging, der Staatsterror war kein Ethnischer, kein antiintelktualistischer, sondern eben ein Flaechenbrand ein paar weniger (?) gegen alles!)
Ich will hier keinesfalls Partei gegen die Russen in Estland ergreifen.
Wohl aber gegen Schröders Chauvinismus, der sich hier prima mit Putins Großmanssucht paart. Daß der ehemalige deutsche Kanzler anderen Völkern Ratschläge gibt, wie korrektes antifaschistisches Gedenken auszusehen hat und sich dabei selbst auf die Schulter klopft — das finde ich ein bißchen viel.
Damit, daß die Ursachen der Unruhen nicht im Streit um das Gedenken liegen, hast Du sicher recht. Das kommt ja auch in den Texten des Estland-Blogs zum Ausdruck.
Eine Szene, die ich am neuen Standort des Denkmals beobachtet habe, sie relativiert den Mediensturm.
“Die erste Person, die sich dem Denkmal mit einer Kerze nähert ist eine Soldatenwitwe, sie steht etwas versteinert da. Spricht bedächtig ein paar Worte. Hier könne sie jetzt um ihren Mann trauern, in diesem Park und Friedhof, und nicht an der alten Stelle, zwischen Verkehr, politischem Gezerre. Sie ist eine Estin.” Danke für den Link zum estland Blog