Tatort: Der Finger (BR)
Sonnabend, 5. Mai 2007Ein Restaurantkritiker ist verschwunden. Der Meisterkoch Edgar Kaufmann (Helmut Berger) hat am Abend seines fünfzigsten Geburtstages in die Luft geschossen und ist also verdächtig. Ein Schwarzarbeiter im Restaurant findet einen abgeschnittenen Finger. Nur die Leiche ist weg.
Nach und nach wird die überdrehte Festgesellschaft des letzten Abends einzeln aufgeführt. Der Koch, der in einem Dreiecksverhältnis mit seiner Frau und dem Kritiker lebte und überdies eine kroatische Geliebte unter den Angestellten hatte. Diese wiederum war mit einem anderen Mitarbeiter liiert. Der zurückgesetzte Bruder des Koches. Nachdem sich der Leitmayr und der Menzinger schon bekanntgemacht haben, muß sich Ivo Batic als Hilfsarbeiter Igo Yugo ins Lokal einschleichen. Das sind dann die besten Szenen, in denen Miroslav Nemec einen Polizisten spielt, der einen Schwarzarbeiter spielt.
Auch das Casting ist stimmig, das überdrehte Münchner Kir-Royal-Milieu wird so abgefahren dargestellt, wie man es erwartet — jeder hat seine Leich’ im Keller. Die Suche nach dem Leichnam hat dabei dann schon viel von Delicatessen.
Mit der Plausibilität der Handlung hat es der Münchner Tatort noch nie so genau genommen, und so wird dann eben auch mal das Müllauto mit dem verdächtigen Hackfleisch mit dem Fahrrad verfolgt. Plausibilität der Handlung ist aber auch nicht das, was man vom Münchner Tatort erwartet — da wird dann auch mal eine Folge komplett im Drogenrausch gefeiert. Ähnlich wie beim Brenner geht es wohl eher darum, immer noch ein Stück mehr auszuprobieren, wieviel Unwahrscheinlichkeit der Zuschauer glaubt. Was jedoch plausibel bleibt, das sind die Motive der Figuren — man nimmt ihnen (im Unterschied zu Münster zum Beispiel) ihre Handlungen ab. Dahinter steckt viel Sorgfalt. Die Inszenierung wirkt sehr sicher — die Handlung muß nicht durch Musiksauce oder einen Dreh in letzter Minute überdramatisiert werden. Einzig die Dialoge zwischen den Polizisten sind an einigen Stellen ein bißchen altbacken. Insgesamt aber mit viel Lust gemacht.
[Erstsendung: 29. April 2007]
[…] Koch mit prima Partnerin (Nikola Kastner), auch wenn es einen ähnlichen Einfall vor kurzem im Münchner Tatort gab. Auch Musik (A-Capella-Stücke passend zur Situation, Ulrich Sinn) und Kamera sind […]