Tatort: Investigativ (NDR)

Mittwoch, 13. Juni 2007

Kurze Unterbrechung meiner Abwesenheit: Frerk von Folge-Mag hat sich den letzten Tatort angesehen und einen Text dazu geschrieben. Dankeschön!

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Ein Mann geht ins Gerichtsgebäude, hustet, schleppt sich sichtlich erkrankt durchs Foyer. Parallel sieht man auf der Brüstung des Treppenhauses, wie ein schwarzgekleideter und vermummter Unbekannter ein Gewehr lädt und aufsetzt. Der erste Schuß kracht, geht fehl. Der kranke Mann schleppt sich weiter, sieht die vor ihm stehende Staatsanwältin an, dann der zweite Schuß — der Mann ist tot, die Staatsanwältin bekommt Blutspritzer ab. Das ist der Anfang des Tatorts “Investigativ”.

Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus: Es geht um Korruption, Machenschaften der Lokalpolitik und die Verstrickungen der Justiz, insbesondere der Staatsanwaltschaft, Immobilien und die Verbindungen zum Kiez. Und es geht um die Aufdeckung all dieser Machenschaften durch einen Journalisten. Willkommen in Hamburg!

Gregor Schulz war Redakteur des Fernsehmagazins “Investigativ” bis er eine Geschichte gegen den Kiezclan der Familie Radu veröffentlicht: der Bausenator war im Bordell des Familienclans, dem gleichzeitig drei nicht koschere Baugenehmigungen erteilt werden. Zwei der Quellen, die Schulz als Beweis anführt, wollen nach der Ausstrahlung der Fernsehsendung plötzlich nicht mehr aussagen, und der Redakteur verliert seinen Job. Er findet keine Arbeit mehr, hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Jahre später wird ihm mitgeteilt, daß er Krebs habe, und er bereitet seinen großen Coup vor. Alexander Radu konnte nie etwas nachgewiesen werden, obwohl es dutzende eingeleiteter Verfahren gegen ihn gab, die dann aber alle merkwürdigerweise nicht weiterverfolgt wurden. Um die Anschuldigungen überhaupt erst ins Rolllen zu bringen, läßt sich Schulz daher selbst im Foyer des Gerichtsgebäudes erschießen. Kurz vorher trifft er Radu und läßt ihre Begegnung als mögliches Indiz für dessen Täterschaft fotografieren. Der Skandal ist perfekt und gerät ins Rollen.

Am Ende sind der designierte Generalstaatsanwalt, ein unbescholtener Kriminalbeamter und die Justizsenatorin mit dem Kiezclan direkt oder indirekt verstrickt. Weil sich die ermittelnde Staatsanwältin mit Radu persönlich getroffen hat und auch dies wieder fotografiert wurde, wird am Ende alles unter den großen Teppich des Erpressens und Gegenerpressens geschoben. Die Korruption ist unter uns und solange jeder gegen den anderen etwas in der Hand hat, wird es immer so bleiben. Der Zuschauer bleibt am Ende etwas beklommen auf dem Sofa sitzen: ja, so ist die Welt oder so könnte sie sein. Wer weiß das schon so genau. Ein guter Tatort.

Am Rande: das gezeigte Büro des Bösewichts Radu liegt in einem der interessantesten Bauten Hamburgs, zumindest was man als Tourist so kennt: auf dem Weg zur Strandperle gibt es dieses schiffartige Haus auf der rechten Seite direkt am bzw. schon im Wasser, wo man bei der Hafenrundfahrt schon immer dachte: Wow, dit is aber ein fein-protziges Büro. Vielleicht weiß jemand der Leser ja, was das für ein Gebäude ist? Wollt ich schon immer mal wissen.

[Erstsendung: 10. Juni 2007, Autor: Frerk]

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