Tatort: Tödliche Habgier (ORF)
Freitag, 29. Juni 2007Diese Folge hat sich Thomas für mich angesehen. Vielen Dank dafür.
Spoiler-Warnung: Im ersten Absatz wird die Auflösung verraten.
Am Achensee in Tirol ermordeten 1991 der Banker Holzer und seine Frau Karin gemeinschaftlich den ostdeutschen Wissenschaftler Borowski per Fangschuß und entsorgten seine und die Leiche des Stasimanns Kessler, den Borowski zuvor erschossen hatte, im See. Kessler hatte Borowski aufgepürt, der nach der Wende in dem Touristenort nebst veruntreuten 30 Mio. DM aufgetaucht war, um sich niederzulassen und das Geld mit Hilfe der verschworenen Jagdgemeinschaft der heute reichen und angesehenen Bürgermeister Kofler, Autohändler Unterberger und Banker Holzer zu waschen. Borowskis damals 17-jährige Tochter Sonja kam auf der Suche nach ihrem Vater nach Achsee, fand hier Arbeit und wurde vom Bürgermeister von Herzen adoptiert aber über die Vorfälle gänzlich im Dunkeln gelassen. Als heute nun eine Leiche im See aufgefunden wird, wird der Fall aktenkundig. Special Agent from Vienna Moritz Eisner verdonnert Inspektor Pfurtscheller zu Archivarbeit und bearbeitet den Fall zusammen mit Sonja in dem Glauben, die Leiche sei Borowski. Die Leiche wird als die Kesslers identifiziert und der Bürgermeister erschießt sich aus Scham vor Sonja. Der Fall gilt als geklärt und die Schuld wird Sonjas Ziehvater zugeschrieben. Sonja bringt Eisner dazu, den See zu durchsuchen und endlich wird auch Borowskis Leiche gefunden. Sonja verabschiedet Eisner lächelnd nach Wien und nimmt Rache. Sie arrangiert den Showdown in der Villa Holzer, wo Unterberger und Karin ihrem Mann gerade Hörner aufsetzen. Holzer und Eisner sind schließlich auch zugegen. Sonja erschießt die Mörderin, der Mörder wird verletzt.
Felix Mitterer und Wolfgang Murnberger haben einen routinierten Tatort mit einem zeitgeschichtlichen Bezug hergestellt, der allerdings arg strapaziert wird. Eher neblig als düster — Fremdling wird von österreichischer Heimat geschluckt. Die ist schön pathetisch fotografiert und wird gelegentlich kritisch kommentiert (Eisner: “Ich bin hier geboren und versteh’s auch nicht”), übliche Bergdorfsentimentalität kommt nicht auf. Der Inspektor verbreitet Schmäh, daß man Lust auf Kottan bekommt. Es wird gehörig mit Jagdgewehren hantiert, verstärkt durch das ständig zitierte Musketierthema. Die Rückblenden sind schwarz-weiß, obwohl es damals sicher auch in Tirol schon Farbe gab. Laura Tonke ist klasse und sieht immer noch wie zwanzig aus. Das Konzept Harald Krassnitzer plus wechselnde Protagonistin wird nicht langweilig.
Daß aber ein Akademiker mit 30 Mio. DM im ostdeutschen Kraftfahrzeug flüchtet und die Beute einer Clique passionierter Lustmörder zur freien Verfügung überläßt, vermag man nicht ernst zu nehmen. Unnötig ist die Verbrämung der Selbstjustiz am Ende, es hätte auch eine Mordanklage genügt.
[Erstsendung: 24. Juni 2007, Autor: Thomas]