Lied durch!

Montag, 2. Juli 2007

Aaaaaaaaaaain Lied!

Schtüüüüüüüüüüüüüüümt an!

Lieeeeed durch!

Wenn alle Brünnlein fliehießen …

Ein seltsames Phänomen der späten DDR war die Militarisierung der Schulen. In der dritten Klasse verwandelten wir bei Probealarmen den Werkraum in einen atombombensicheren Bunker, was meiner kleinen Schwester heftige Alpträume bescherte. Im Sportunterricht wurde Weitwurf mit Handgranatenatrappen geübt. Das erfuhr ich allerdings erst später von einem ehemaligen Klassenkameraden, da die Dinger vom Sportlehrer nur F1 genannt wurden und ich als mit Abstand Schlechtester den Sportunterricht nahm wie er kam. War eben eine F1. Gab ja noch andere Merkwürdigkeiten, mit denen ich nicht viel anfangen konnte, Bockspringen beispielsweise.

Später dann ZV. Und das kam so:

In der neunten und zehnten Klasse gab es Wehrunterricht: NVA-Offiziere kamen in die Schule, um unsere Verteidigungsbereitschaft zu wecken. Die hatten allerdings in der zweiten Hälfte der Achtziger schon einen schweren Stand, weil sie sich nicht offen von der KPdSU distanzieren konnten, die inzwischen deutlich machte, daß Abrüstung nur mit Vertrauen in den Gegner erreicht werden kann.

Dann fuhren die Jungen für zwei Wochen ins Wehrlager, für die Mädchen gab es ZV (Zivilverteidigung) in der Schule. Man konnte allerdings auch als Junge anstatt ins Wehrlager zu fahren, an der ZV teilnehmen. In meiner Klasse waren das außer mir noch zwei. Für uns, die wir (unsportlich und Christenlehre) normalerweise mehr oder weniger Zielscheibe der anderen männlichen Schüler waren, war das eine großartige Zeit: Vierzehn Tage zu dritt mit den Mädchen.

ZV beschäftigte sich hauptsächlich mit Erster Hilfe, aber auch das Anlegen von Gasmasken und Marschieren standen auf dem Programm. Heute frage ich mich, was wohl die Anwohner der Straßen gedacht haben, durch die wir in alten grauen Uniformen eher grölend als singend gezogen sind. Vermutlich war es auch den Lehrern unserer Schule, die größtenteils ziemlich vernünftig waren, richtig peinlich, so unterwegs zu sein.

2 Responses to “Lied durch!”

  1. matthias says:

    Ich nehme mal an das das niemanden so richtig peinlich war – der Abstand mit der Du das jetzt betrachtest macht es fraglos extrem peinlich.
    Das Gerücht geht, das diese NVA Offiziere in der NVA selber “ausgemustert” worden sind und sich am “Frischfleich” abreagieren sollten.
    Erfahren mußte ich dies, als ich in der Lehre das letzte mal in solch ein Lager m ußte. Ich denke da nur an stundenlages in der Hitze stehen, um sich ein Musterbett auf dem Sportpaltz anzusehen, oder 3 km Lauf mit vollem Chemieschutzanzug oder das Robben auf Beton. S U P E R …

  2. Volker says:

    Jaja, die “gute alte” Zeit … was es mit der F1 auf sich hatte wusste ich spätestens ab dem Tag, als mich mein Sportlehrer anbrüllte: “Jetzt wärste tot!”

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