Dok-Leipzig (ix): Jugend in der DDR

Donnerstag, 8. November 2007

Kontraste (Sieglinde Hamacher, DDR 1982, 5 min.) Eine großartige Animation des Andersen-Märchens „Der Wassertropfen“. Die Zeichnungen sind wunderbar anrührend abstrakt — und dazu gibt es großartige Neue Musik von Hans-Friedrich Ihme. Daß noch 1982 Filme wegen Formalismus verboten wurden (in diesem Fall wurde — ungewöhnlich, wie Frau Hamacher erzählte — auch das Negativ vernichtet), wußte ich nicht.

Es genügt nicht, 18 zu sein (Kurt Tetzlaff, DDR 1964, 23 min.) Oha! Das Dokumentarfilmpendant zu „Spur der Steine“: Eine junge Brigade in der DDR, hier Männer, die nach Öl bohren (ja, es gab ein bißchen Erdöl in der DDR). Der Sozialismus wird aufgebaut, aber kein Blatt vor den Mund genommen gegenüber Schlamperei und Opportunismus.

Formal sehr gelungen: Großartige Bilder vom Bohrturm (Tetzlaff erzählte, wie schwierig es war, die große Kamera dahinzukriegen — Handkameras gab es da in der DDR noch nicht), Originalton (auch neu damals) und Cinemascope — eher ungewöhnlich für Dokfilme.

Manfred Krug, der auch in „Spur der Steine“ die Hauptrolle spielt, spricht hier einen schönen Kommentar am Anfang und am Ende und wie „Spur der Steine“ wurde auch dieser Film auf dem 11. Plenum verboten.

Kurt Tetzlaff konnte hinterher wunderbar aus dem DDR-Kulturbetrieb berichten und ließ sich — unterstützt vom begeisterten Publikum — auch vom auf die Uhr schauenden Moderator nicht aus der Ruhe bringen („Eines muß ich Ihnen noch erzählen …“).

Träumt für morgen (Hugo Herrmann, DDR 1956, 20 min.) Kinder im Nachkriegsberlin, die zunächst einem Hinterhofpuppentheater zusehen, um hernach ihrem kranken Freund ein selbstgebasteltes solches vorzuspielen. Putzig, aber viel zu offensichtlich inszeniert und brav. („Wie der Stahl gehärtet wurde — das Buch hast Du Dir doch immer gewünscht!“).

Rock ’n Roll (Jörg Foth, DDR 1987, 18 min.) Ein junges Paar, das leidenschaftlich Rock ’n Roll tanzt und entsprechend nostalgisch drauf ist, wird in der Silvesternacht 86/87 bei gefühlt 20 Auftritten in Berlin gefilmt. Wirkt heute ganz nett retro, aber unspektakulär. Warum der Film verboten wurde, ist mit völlig unklar.

Martins Tagebuch (Heiner Carow, DDR 1956, 29 min.) Carows erster Film, in dem eine recht brave Geschichte langatmig erzählt wird: ein Junge verschweigt schlechte Noten zu hause, bis alles auffliegt. Der gute Lehrer setzt sich beim strengen Vater für den Jungen ein und so wird am Ende doch alles gut. Tetzlaff weist darauf hin, daß Filme, die dann am Ende ins Kino gekommen sind, die Kompromißfassung darstellen.

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