Dok-Leipzig (xv): Kamienna Cisza
Sonnabend, 10. November 2007Ahem: Aufmerksamen Nasen wird aufgefallen sein, daß die Nummer xv fehlte. Nun soll es kein Geheimnis sein, daß ich die Texte immer abends im geschrieben habe und über den Tag verteilt automatisch posten ließ. Da ist wohl was schiefgelaufen. Deswegen hier noch ein Nachzügler, der Preisträger der ökumenischen Jury:
Kamienna Cisza (Krzysztof Kopczynski, PL 2007, 52 min.)
Amina ist 2005 in einem afghanischen Dorf umgekommen. Es gibt deutliche Hinweise auf eine Steinigung wegen Ehebruchs. Krzysztof Kopczynski ist hingefahren und hat sich umgehört. Was ist passiert?
Amina wurde von ihrer Familie mit Muhammad verheiratet. Dieser ging jedoch kurz nach der Hochzeit zum Arbeiten in den Iran und ward nicht mehr gesehen. Später wurde sie am späten Abend bei Karim erwischt, und zwar von dessen Vater. Er übergab sie an ihre Familie – und von da an gehen die Geschichten auseinander. Die Dorfbewohner wollen nichts von der Steinigung wissen („Was habe ich davon, wenn ich es Dir erzähle?“), der Richter trauert, daß der Staat die Tat nicht sühnt, Karim ist in die Berge geflüchtet und Aminas Mutter sagt, es geschehe ihr recht. Die Männer, die für kurze Zeit im Gefängnis sitzen, streiten es ab und jemand erläutert, daß eine Steinigung wegen Ehebruchs nur dann in Frage kommt, wenn es vier Zeugen gibt. Der Menschenrechtsrat interessiert sich nicht für diesen Fall.
Später wird die Steinigung allerdings eingestanden, da zeigt die Kamera aber, wie so oft in diesem Film, nicht die sprechende Person. Überhaupt ist die Kamera bemerkenswert: mit einem wachen Blick werden die Menschen und die Landschaft gezeichnet — einerseits. Andererseits muß sich die Kamera immer wieder zurückziehen. Wichtig für diesen Film ist auch die Dramaturgie: ausgehend vom Dorf, bewegen wir uns zunächst in die Stadt (Richter, Gefängnis, Menschenrechtsrat), dann wieder ins Dorf und zuletzt in die Berge. Das macht aus diesem Film, der kommentarlos die Menschen abbildet, eine Geschichte. Nebenbei werden kleine Geschichten erzählt: von den Kindern, dem Vieh, der Landschaft.
Ich habe diesen Film ein bisschen anders gesehen: Gerade weil die Steinigung selbst nicht gezeigt wird, ist sie als Ereignis umso spürbarer im gesamten Film. Alles scheint von ihr zu zeugen, zu reden oder eben auch zu schweigen. Es bedarf keines erklärenden Kommentars, um dem Zuschauer zu zeigen, wie die Kommunikation funktioniert, wie zum Beispiel mit einer Geste oder einem Blick eine Information am Aussprechen gehindert wird. Dazu passt auch der Titel – “Kamienna Cisza”, im Englischen: “Stone Silence”.