Tatort: Die Falle (MDR)

Dienstag, 20. November 2007

Ehrlichers (Peter Sodann) und Kains (Bernd Michael Lade) letzter Fall. Endlich! möchte man ihnen zurufen, denn auch dieser Fall hat die übliche Leipziger Betulichkeit, in der die Bösen grundsätzlich seltsam neureich sind und die so wenig mit der tatsächlichen Stadt zu tun haben, obwohl ständig Highlights sächsischen Standortmarketings gezeigt werden (in dieser Folge wurde Leipzig zum Beispiel als Stadt am Wasser dargestellt – Wasser gibt es zwar auch in Leipzig, aber auch wenn die wegen Gestankes zu DDR-Zeiten versiegelten Flüsse an einigen Stellen wieder geöffnet wurden, ist das Wasser mitnichten so präsent wie dargestellt).

Die Moral der MDR-Tatorte war: Die Stadt ist schön und Verbrechen kommen nur in ihrer obersten Schicht vor. Nebenher werden Ehrlichers beschauliche Kapitalismuskritik und seine verschmitzt-altbackenen Ansichten zur deutschen Einheit verhandelt. Aber auch wenn genau diese Themen die Schweriner Polizeirufe viel weniger selbstgefällig, dafür gewitzter und mit besseren Büchern prägen, ist das Leipziger Stammpersonal im Auftreten sehr glaubwürdig.

Aber ach. Auch wenn, wie gesagt, die Story (ein Bauunternehmer erpreßt überschuldete Kreditnehmer und zwingt sie zu sexuellen Dienstleistungen) sich in das übliche Leipziger Allerlei einreiht, zeigt die letzte Folge an einigen Stellen Möglichkeiten, von denen man sich wünschte, daß sie schon eher genutzt worden wären.

So bekommt Kain, dessen Figur von Mal zu Mal immer blasser wurde, wieder viel mehr Raum, was ihm guttut. Gut tut dieser Folge auch der dadurch entstehende Widerspruch zwischen dem etwas behäbigen Ehrlicher und dem unsicheren Kain. Der Nebenstrang, daß Kain a) eine Freundin bekommt, die b) auch noch in den Fall verwickelt ist, was ihn c) in Gewissensnöte bringt, hätte auch schiefgehen können, läßt aber in diesem Fall die Kain-Figur wieder so farbig wirken wie in den MDR-Tatorten der frühen Neunziger, als Sender und Tatort noch in Dresden residierten. Überhaupt scheint es mir, als hätten die frühen Dresdner Folgen mehr Biß, Relevanz und Erzählsicherheit gehabt als die späteren, immer etwas lustlos wirkenden. Sehr gern würde ich z.B. „Jetzt und alles“ von 1994 noch einmal sehen, ein Film über Crashkids mit melancholischer Landschaftskamera, hungrigen Bildern, leidenschaftlichem Schauspiel und sehr passender Musik. Der hätte auch im Kino laufen können.

Zurück zu „Die Falle“: Erwähnenswert sind noch die wirklich guten (Thomas Rühmann, Alexander Hörbe) und schlechten (Nina Gnädig) Nebenrollen. Es ist schade, daß mit Kain und Ehrlicher auch Walter gehen muß. Im nächsten Jahr geht es in Leipzig mit Simone Thomalla und Martin Wuttke weiter.

[Erstsendung: 11. November 2007]

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