Der große Raubzug
Mittwoch, 10. September 2008Zum Glück dürfen die Autoren bei der FAZ schreiben, was sie wollen. Glaube ich zumindest. Das führt dann aber leider auch zu solchen Phänomenen wie dem Medienredakteur Michael Hanfeld. Bei Hanfeld weiß man meist schon vorher, worum es in seinen Artikeln geht: Daß der Islam gefährlich ist. Daß die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender den Untergang der Zeitungen und des Abendlandes bedeuten. Daß die ARD dabei noch ein kleines bißchen schlimmer als das ZDF ist. Am schlimmsten aber ist die GEZ.
Heute nun schreibt er über ein wunderbares Projekt: Google will Zeitungsarchive digital zugänglich machen. Aber anstatt sich zu freuen, daß wichtige Zeugnisse unserer Geschichte in das neue Zeitalter gerettet werden, schreit Hanfeld Zeter und Mordio. Sein Text ist dabei noch weniger von Ahnung getrübt als die Weltuntergangsrufe, die kürzlich im Web anläßlich von Google Chrome aufbrandeten:
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Die Urheber all der Zeitungsartikel, von denen das Nachrichtenportal „Google News“ lebt, werden künftig nicht nur aktuell enteignet, alles, was sie und ihre beruflichen Vorväter jemals zu Papier gebracht haben, verschwindet unter dem Dach des „Google News Archive“. Google errichtet ein virtuelles Zeitungsmuseum, zu dem die Zeitungsleute selbst nur als Besucher Zutritt haben.
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Wer immer, wann immer nachlesen will, welche Zeitung was auch immer geschrieben hat, über Google soll er es bekommen. Dafür wird er mit Werbung beschossen, an deren Umsatz Google die Zeitungsverlage, die im Bauch des Wals verschwinden, mit einem gewissen Prozentsatz beteiligt. Wie hoch dieser ist, das behält der Konzern für sich.
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Während … [den Zeitungsforscher Martin Welke] stets erstaunte, daß die Zeitungen so wenig auf ihre Geschichte blickten – auf Zeitungsgeschichte als Zeitgeschichte, hat Google verstanden, wie man sich diese aneignet, ausbeutet und ausdeutet. Für all diejenigen, die ihr versammeltes Wissen – aktuell, im Archiv, auf Papier und online – selbst bewahren, weitergeben und darauf ihre wirtschaftliche Existenz aufbauen wollen, ist das der nächste Schlag der Raubkopierer, die mit der Digitalisierung der Bibliotheken dieser Welt schon weit fortgeschritten sind.
[…]
Was Michael Hanfeld verschweigt: Google übernimmt zwar die Digitalisierung für Zeitungen, die das nicht selbst machen wollen, andererseits werden auch kostenpflichtige Archive indiziert, so daß auch die Zeitungsverlage davon profitieren dürften. Zum Glück dürfen Autoren bei der FAZ schreiben, was sie wollen. Zum Glück läßt sich der Verlag davon wenig beeindrucken und bietet beispielsweise jetzt schon als einzige deutsche Zeitung ein Abo für Amazons Kindle an. Hoffentlich hat auch das umfangreiche und gute FAZ-Archiv weniger Feindbilder als Michael Hanfeld.
Was den Islam angeht, gehört Michael Hanfeld zu denen, die die Gefahr erkannt haben.
Ich habe keinen Fernseher und brauche auch keinen. Der Zwangsgebührenfunk und der Kommerzfunk erst recht können mir gestohlen bleiben.
Ich lese die FAZ und wenn ich kann, weitere Tageszeitungen, etwa die Welt. Es sind Autoren wie Michael Hanfeld, die dafür sorgen, dass ich die FAZ immer noch lese.
Wenn ich bedenke, wie viel historische wichtige Fotos ohne Einverständnis der Betroffenen gemacht und in den Zeitungen veröffentlicht wurden, sollten die alten Medien mal ein bisschen die Klappe halten. Informationen bekommen Journalisten bei der Recherche, aber bezahlen, das findet auch nur selten statt. Meine Meinung: Alles der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Frechheit.
Dass der überhaupt so eine Hetzte verbreiten darf.
Bleibe bei der Rundschau, wenn denn überhaupt mal.