Dok-Leipzig (xlii): Kategorie C
Sonntag, 2. November 2008Kategorie C (Franziska Tenner, Deutschland 2008, 83 min.) — Fokus Sachsen
Leipzig als Stadt der Kämpfe und der Ruinen. So habe ich es anfang der Neunziger empfunden und so steht es noch viel härter bei Clemens Meyer. Daß es diese leidenschaftlichen, ernsten Kämpfe immer noch gibt (und auch schon vor der Wende gab), zeigt Franziska Tenner in ihrer beeindruckenden Studie über die Hool-Szene von Lok und Chemie Leipzig.
„Kategorie C“ bewegt sich um das Leben dreier Hooligans, die umfangreich zu Wort kommen. Dabei bezieht der Film weder gegen noch für sie Stellung, auch der Rechtsradikalismus der Leipziger Fans wird nicht angesprochen. Das tut dem Film, der sich eher den Mechanismen, Beziehungen und Männlichkeitsritualen widmet, aber sehr gut, denn so kommt es zu einem Blick auf die anderen Phänomene: die Verbundenheit, der Idealismus, die Wut auf die Polizei. Diese kommt mit zwei Beamten auch umfassend zu Wort und auch hier werden keine Verlautbarungen abgegeben, sondern der Blick von innen gezeigt.
Man merkt mehrmals, daß das Verhältnis zwischen Hools und dem Filmteam recht angespannt ist. Franziska Tenner nimmt die Protagonisten zwar sehr ernst und will sie nicht vorführen, aber bei konkreten Aktionen wird das Team dennoch mehrmals unsanft ausgeladen.
Eine wunderbare Idee war es, den Film während der Weltmeisterschaft 2008 in Leipzig zu drehen. Während die Hooligans, die mit Leidenschaft Losermannschaften unterstützen, Innenstadtverbot bekommen, trifft sich die Mittelschicht zum Kommerz und Beckenbauer äht. Eine weitere gutgemachte Collage ist die Zusammenstellung von Politikerblasen bei der aktuellen Stunde im sächsischen Landtag zur Gewalt beim Fußball.
„Kategorie C“ ist ein mutiger, ein schmerzhafter, ein guter Film. Leider hat er es etwas schwer: der MDR lehnt eine Fernsehausstrahlung ab, weil das angeblich nicht sein Thema sei.