Stralauer Kettensägenmassaker

Montag, 16. März 2009

Der Frühling kehrt wieder und mit ihm lauter Vogelgesang. Das Rauschen der alten Pappeln im lauen Wind, der von der Spree zum See weht, können wir uns diesen Sommer aber knicken:

Stralauer Kettensägenmassaker
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Das verwunschene Grundstück Krachtstraße/Ecke Alt-Stralau ist nun endgültig seiner Bäume verlustig gegangen. Dahin kommen Eigentumswohnungen. Wetten, daß die Häuser kürzer hier stehen werden als einst die Bäume?

Würdeloses Bauen ist in Stralau seit den Neunziger Jahren üblich. Die Phantasielosigkeit dieser Architekten ist ein neuer Tiefpunkt: die Bäume standen alle am äußersten Rand des ziemlich großen Grundstückes — es wäre vermutlich kein Problem gewesen, die Häuser dahinterzusetzen und die Bäume stehenzulassen.

23 Responses to “Stralauer Kettensägenmassaker”

  1. magenschmerzen says:

    Die Bebauung der Insel wird tatsächlich immer langweiliger und monotoner.

  2. Lenbachplatz says:

    Und jetzt kommt die Artist Village Invasion der Architekten Beyer&Schubert auch nach Stralau.

    Natürlich sehen diese schwarz weißen Dinger am Rummelsburger Ufer ganz gut aus – nur sollte man nicht alles, was Erfolg hat(te), totreiten.

    • Schnatz says:

      Leider erst jetzt Ihren Beitrag gelesen: Da kann ich nur zustimmen! Ein oder Zwei Gruppen der schwarz/weißen Türme wären wirklich schön gewesen. Jetzt werden die Artists Village Häuser gebaut, wo man nur hinschaut in der Gegend…

  3. Moe says:

    Geschmäcker sind zum Glück verschieden. Ich persönlich find diese schwarz-weißen Gebilde eher potthäßlich.

    Schade, dass man manche Dinge einfach nicht aufhalten kann.

  4. Andi says:

    Dieses Scheiß-Berlin, in das ich vor knapp 10 Jahren begeistert gezogen bin, kotzt mich immer mehr an.
    Mein tief empfundenes Beileid für Stralau und insbesondere die Bewohner/innen des schönen alten Hauses im Hintergrund.

  5. Lutz says:

    Wir haben scheinbar immer noch zuwenig:

    – Finzanzkrisen
    – Spekulationsblasen
    – ruinierte Bauunternehmer
    – insolvente Immobilienfonds

    und dafür zu viel Nachfrage von Geschmacksbürgern nach Imagehaftem Wohnraum!

    Zum Kotzen! I agree.

  6. Lenbachplatz says:

    Erstaunlich. Diese Aggression ist dann doch heftig.

    Gut, in Sachen Stralau bin auch ich der Meinung, daß hier vieles hätte besser laufen können. Da ist viel Murks.

    Aber auf der anderen Seite der Bucht war nix – da, wo jetzt die neuen Reihen- und Wohnhäuser sind, war nix, das alte Gefängnis ist nach jahrelangem Dornröschenschlaf vor dem Verfall bewahrt. Gut, die Neubauten dazwischen sind nicht so toll, aber die alten Gebäude sind gesichert und schön wiederhergestellt.

    Die Gestaltung um den Medaillonplatz ist gelungen, architektonisch interessante Häuser mit Grün und Stadtnähe. Gebaut: Von den Bewohnern in Baugruppen, soweit ich weiß.

    Warum also so aggressiv??

    Daß Bauträger wie Borger und Nodes in Friedrichshain ständig Wohnhäuser sanieren und dann für über 7 Euro nettokalt im Hinterhaus vermieten, ist eher ein Problem!

    • Andi says:

      Vielleicht hast du recht, dass die Wortwahl etwas heftig war. Mich schmerzt es nur sehr, dass das Berlin, das ich so sehr gemocht habe: mit seinen vielen verwunschenen, geheimnisvollen, offenbar vergessenenen Ecken immer mehr verschwindet und mit Fantasie-losen Gebäuden zugeplastert wird. Stralau ist da für mich ein besonderes Beispiel. Es war doch sozusagen eine kleine Naherholungs-Halbinsel – wovon nicht mehr viel übrig zu bleiben scheint.
      Über die andere Seite der Bucht kann ich persönlich nicht viel sagen.

    • Lutz says:

      Es geht hier nicht um Rummelsburg, es geht um die Geschichte von Alt-Stralau. Es geht um die alten Bäume. Die Krachtstraße mit ihrem eigenen Charakter. Dem alten Fischerdorf wo meine Omma schon auffem Rummel Lose gezogen hat und freudestrahlend in die Neue Bahnhof mit ner Tüte Bonbons zurückgebummelt ist. Die Nutzung dieses ehemals sehr öffentlichen Raums verkommt zu einem Beverly Hills für Halbreiche Isolationsaffen mit Innerdeutschen Migrationshintergrund.

      Es mangelt an Respekt und Feingefühl für die Geschichte und es wuchert Renditewahn am Zeitstrahl architektonischer Stadtentwicklung.

      Borger und Nodes sind dein Synonym für das gleiche Symptom.

      • Lenbachplatz says:

        Stralau kennengelernt habe ich in 1999, als ich (mit entsprechendem innerdeutschen Migrationshintergrund) nach Berlin gekommen bin. Gelandet bin ich in Friedrichshain, nachdem ich angekommen war, habe ich festgestellt, dass dies ein Szenebezirk war/wurde/ist.

        Stralau fand ich von Anfang an toll, gerade wegen seiner besonderen Atmosphäre (auch wenn gerade im vorderen Teil der Insel schon viel Fragwürdiges entstanden war). Der Charme geht mehr und mehr verloren. Das finde ich gleichfalls schade. Die Lage Stralaus an der Spree, an der Rummelsburger Bucht, am Treptower Park und derart nah an der Innenstadt macht die Halbinsel aber immobilienwirtschaftlich gesehen in einer Stadt wie Berlin automatisch zum Schmankerl. Daran kann man nichts ändern (es sei denn, man ändert das ganze System).

        Leider wird die Insel zum großen Teil völlig uninspiriert bebaut – das ist der Mist.

        • stralau says:

          Daran kann man nichts ändern (es sei denn, man ändert das ganze System).

          Inzwischen nicht. Aber man hätte es anders angehen können. Stralau war Entwicklungsgebiet und der Entwicklungsträger (die landeseigene Wasserstadt GmbH) hatte sehr weitreichende Gestaltungskompetenzen, die besser hätten genutzt werden können.

  7. mattess says:

    Stralauer Kettensägenmassaker trifft es ganz gut.

    Kindermund: (hier meine Tochter) “Es ist Frühling und die Bäume wollten gerade wider leben und ihre schönen Blätter zeigen und dann werden sie vor Ende des Winterschlafes getötet. Die das gemacht haben sollen sich mal vorstellen, wenn ihnen was abgeschnitten wird mitten im Schlaf….”

    Interessant ist da dieses Grundstück noch 2001 einen Spielplatz hatte, welcher dann den ersten Investoren kaum ein Jahr später weichen mußte. Das Grundstück war platt, der Investor wohl auch, jedenfalls war bis Anfang der Woche, sprich mal locker 8 Jahre der Fleck eine Hundekackwiese. Ein Ort mit seinen Bäumen den man gern sieht, aber sicher keiner gern seinen Fuß darauf gesetzt hätte, ob der “duftenden” Hintelassenschaften.

    Lustig war auch in dieser Woche anzusehen, wie so manch Häuslebauer mit Sackkarre danach gierte noch was für seinen Kamin hier einzusammeln.

    • Thomas says:

      Ach, diese Hundekacke (off-thread)! Stralau ist zwar schön grün, und oberflächlich betrachtet ein Paradies für Kinder, da ich aber drei davon habe, kann ich sagen, dass Kinder eigentlich ständig “in der Scheiße sitzen” …

  8. leon says:

    War die Fällaktion überhaupt legal? Zwischen 1. März und 30. September ist laut Berliner Vorschrift Schonzeit für Bäume – und deren Bewohner.

    Die schärsten Architekturkritiker sind übrigens auch nur Elche!

    • stralau says:

      Ich habe beim Naturschutzamt angerufen: Eine Fällgenehmigung liegt vor und auch die Ausnahmegenehmigung, daß (nach Prüfung, ob belegte Nester in den Bäumen sind), die Bäume jetzt gefällt werden dürfen.

      • leon says:

        das nächste ausnahmegenehmigte Grünland-Massaker gibt es dann wohl am Flaschenkellerturm – wenn die Artists bauen. Dann können die kleinen grünen Finken im Weidendickicht einpacken. Wenn der Flaschenkellerturm selbst saniert wird, müsste man übrigens dringend was für die Mauersegler tun, damit sie aus der Gegend nicht abwandern.

        • stralau says:

          Kannst Du wegen der Mauersegler vielleicht einfach mal beim Naturschutzamt bescheidsagen (am besten schriftlich)?

          • leon says:

            das kann ich machen. Aber jeder der in Dachnähe wohnt oder ein schickes “Townhouse” hat, kann SELBST was machen.

            Es gibt einen sehr engagierten Mauerseglerschützer in Berlin, auf seiner homepage habe ich viele Infos gefunden:

            http://www.mauersegler.klausroggel.de

            Herr Roggel ist selbst Architekt und hat schon Mauerseglerschutz an öffentlichen Gebäuden projektiert. Am besten ist es, gleich während des Baus/der Sanierung Mauerseglerkästen in die Fassade zu integrieren.

            Artist village z. B. auch für Flugartisten, das wäre doch was!

  9. superstar says:

    ihr lieben frustrierten,

    was habt ihr denn für ein problem?

    das diese brachflächen bebaut werden müssen, war doch schon immer klar.
    hättet ihr denn lieber noch mehr von diesem hässlichen massenwohnungsbau?
    seid doch froh, dass diese tollen schwarz/weißen häuser jetzt auch sogar auf der halbinsel stralau gebaut werden.
    dadurch wird die insel doch eher schöner. oder wollt ihr auf dauer eine industriebrache?

    • ae says:

      jede industriebrache ist schöner als diese beyer+schubert-architekturverbrechen. und wieso “war schon immer klar”, daß brachflächen bebaut werden müssen? was ist das denn für eine debile logik?

  10. stralau says:

    Zunächst: Bitte mäßigen Sie Ihren Tonfall.

    Dann: Wenn das die Alternative ist, dann will ich lieber Industriebrachen. Auf dem Grundstück in der Krachtstraße stand ja vor dem Krieg schon ein Haus. Die Bäume sind vor über hundert Jahren mit dem Haus zusammen gepflanzt worden (Wortspiel!).

    Und es hätte sich wohl niemand beklagt, wenn der Eigentümer die vorhandenen Strukturen zur Kenntnis genommen hätte und die Bäume stehengelassen hätte. Sie standen nämlich auf dem äußersten Grundstücksrand, eine kluge Bebauung wäre also auch mit den Bäumen möglich gewesen. Ähnliches gilt für den Speicher: Warum muß die umliegende Bebauung so hoch sein, daß man die Landmarke vom gegenüberliegenden Ufer kaum noch sehen kann?

    Stralau bietet so traumhafte Renditen, daß etwas Augenmaß beim Bauen niemanden arm machen würde. Stattdessen wird von Immobiliengesellschaften, die kein Interesse am Ort haben alles zugeschissen. Das ist es, was die Leute wütend macht.

    Man muß dazu noch anmerken, daß es in Stralau auch noch einige wenige Alteigentümer der Altbauten gibt, die sich mit rührender Verantwortung um ihren Besitz und dessen Bewohner kümmern. Und daß das alles auch ein katastrophales Versäumnis der Politik ist, die hier hätte Vorhaben machen müssen.

  11. Die kritischen Kommentare sind lobenswert. Nur weiter so! Schweigt nicht! Meldet euch zu Wort! –

    Als erster Wessi auf der Halbinsel Stralau (November 1990) habe ich seitdem die Bedrohung der Halbinsel und ihrer Geschichte durch eine verfehlte Politik zum wesentlichen Bestandteil meiner künstlerischen Arbeit vor Ort gemacht. Dazu habe ich die erste Betroffenenvertretung gegründet (1992) und u.a. eine eigene Zeitung herausgegeben, den “Stralauer Anzeiger”, der die so bombastische wie einfältige Zubetonierung (Zwang zum Mittelmaß) nachhaltig öffentlich anprangerte. Der von mir 1991 gegründete GARTEN DER KÜNSTE, inklusive Nachbargrundstück, mehr ging nicht, war mit seiner ersten zusätzlichen gastronomischen Einrichtung direkt an der Spree und auf Stralau (nach dem Fall der Mauer) von Anbeginn öffentlich zugänglich. Diese öffentliche Zugänglichkeit waren dem Bezirk und dem Senat unerträglich. Das Politbüro hatte ihn 2002 mit Macht und Gewalt geschlossen. –

    In einem Entwicklungsgebiet sind die Eigentümer gezwungen, sich an der bis auf den letzten Zentimeter vorgegebenen Baumaßnahme zu beteiligen. In meinem Fall sollte ich gezwungen werden dazu 10 (!) Bäume zu fällen. Schon meine eingereichte Klage dagegen wurde vor Gericht gefällt, damit auch die eigene, schonendere Vorstellung der Baulage. –

    Gegen den Entwicklungsbeschluß (1994) wurde 1995 zur Überprüfung seiner Notwendigkeit und zur Abwehr einer architektonischen und finanziellen Katastrophe von mir ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Nach fünfeinhalb Jahren (!) gab der Richter dem Lügengebäude der Wasserstadt: es ist genug Geld dar, wir werden rechtzeitig fertig, es werden 12 000 Arbeitsplätze eingerichtet usw. , recht: Ein politisch erwünschtes Fehlurteil. Die nachfolgenden Tatsachen wie der Bankenskandal strafen dieses Urteil lügen. Berlin ist pleite, ich bin schuld. –

    Aufgrund der Erfahrungen eines bis heute andauernden, gleichsam unendlichen Schikanenkataloges, als Rache an dem Verräter, der es gewagt hat, den ungehinderten Zugriff auf die Steuermilliarden zu verhindern, kann ich jeden nur warnen, sich irgendwelchen Illusionen hinzugeben. Es darf unter keinen Umständen irgendemandem geglaubt werden, auch nicht der Stralauer Bürgervereinigung. Dort tummeln sich die gleichen Leute, die als Komplizen der Wasserstadt GmbH vorher mitgeholfen haben, die Halbinsel und die ganze Stadt in die architektonische und finanzielle Katastrophe zu jagen. –

    Die einzige Möglichkeit ist, eine eigene, autonome Initiative zu gründen. Da die ablenkende und vernebelnde Beschäftigungsterapie zur angeblichen Mitbestimmung (April, April) des Restes einer mit Mittelmaß zerstörten Halbinsel nicht ausreichen kann, sollte man vermehrt der Forderung nachgehen: Wir wollen unser Geld zurück! Solange nerven und nicht lockerlassen, bis die hartnäckigen Forderungen nach ganz konkreten gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung und Eindämmung der Verschleudrung von Volksvermögen und bis die Verursacher zur Rechenschaft gezogen wurden, durchgestzt ist. Diese Initiative hat auch schon einen Namen: “Haften statt Schulden”. –

    Es ist für die Zukunft des Gemeinwohls, damit dieses auch nur annähernd noch seine ureigentliche Bedeutung behält, unerläßlich, mit direktem demokratischen Bestreben energisch durchzusetzen, daß bei vergleichbaren Unternehmen, die Beteilgten, zumindest mit einem beträchtlichen Anteil, persönlich haften müssen, wenn eine noch festzulegende Grenze überschritten wird. –

  12. marjellche says:

    Warten auf den Sommer – und auf die Wasserschildkröte, die Höhe Speicher am Ufer auf Baumstämmen ein Sonnenbad nimmt. Was gibt es noch an Tieren in der Bucht zu entdecken?

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