Gretchenfrage: Bitte etwas leiser schreien

Freitag, 24. April 2009

Hier sollte eigentlich ein längerer Text stehen, warum ich persönlich es trotz Günther Jauch für eine sehr sinnvolle Option halte, am Sonntag für die Einführung eines regulären Religionsunterrichtes in Berlin zu stimmen.

Es bringt aber wohl nicht viel, jetzt noch einen abwägenden Text zu schreiben, wenn sich die Debatte schon so hochgeschaukelt hat, daß Eiferer auf beiden Seiten sich mit Schaum vor dem Mund gegenüberstehen: Es ist anmaßend, zu behaupten, die Diktaturen des 20. Jahrhunderts wären vor allem aus einem Mangel an Glauben entstanden und naiv, zu glauben, dieser Mangel ließe sich mit einem Religionsunterricht beheben. Dem sinnvollen Anliegen eines bekenntnishaften Religionsunterrichtes tut Bischof Mixa (der hier nur als willkürliches Beispiel dient) damit keinen Gefallen.

Genauso, wie es hochmütig ist, wenn angebliche Verteidiger der Aufklärung ihren eigenen Glauben (nämlich den, daß es keinen Gott gibt) über den aller anderen stellen und dabei schnell mal alle Gläubigen zu rückständigen Wissenschaftsverweigerern erklären. Ob es sich dabei gegen Kopftücher oder Kreuze richtet, ist dabei gleich. Dem sinnvollen Anliegen eines bekenntnisübergreifenden Ethikunterrichtes tut Volker Strübing (der hier nur als willkürliches Beispiel dient) damit keinen Gefallen.

Was sich zeigt, ist das Problem der in Berlin vor ein paar Jahren leichter gewordenen Volksentscheide: Kompromisse sind manchmal schwer möglich (Nachtrag: warum nicht zum Beispiel Ethik und Religion/Religionskunde zur Pflicht für alle Schüler machen?). Wie bei der Tempelhofabstimmung oder der über die Umbenennung der Kochstraße stehen sich durch die Ja/Nein-Entscheidung zwei Seiten gegenüber, die nicht mehr miteinander verhandeln können. Für die Stadt ist das keine gute Sache.

Daß es auch anders gehen kann, hat ausgerechnet das Verfahren um Mediaspree gezeigt, wo der Bürgerentscheid erst zu Verhandlungen am Runden Tisch geführt hat.

Nachtrag: Die Berliner darüber, daß die Betroffenen selbst das ziemlich nüchtern sehen, aber nicht mit abstimmen können.

2 Responses to “Gretchenfrage: Bitte etwas leiser schreien”

  1. Volker says:

    Na, hast schon recht, was das leiser Schreien angeht. Könnte mich jetzt mit einem kindischen “Die haben doch angefangen” rausreden … ich war halt beleidigt.
    Eine “entweder die oder wir”-Situation ist aber nicht erstrebenswert. Soll ein jeder nach seiner Façon glücklich werden – ich habe nur leider den Eindruck, dass von religiöser Seite (nicht nur von christlicher und vor allem nicht nur in Deutschland) dieser Grundsatz immer weniger befolgt wird.
    Der Artikel in der Berliner ist sehr schön, danke für den Link.

Leave a Reply