Hier steht jetzt wieder was in kleiner Schrift
Sonntag, 4. Dezember 2016Seit einiger Zeit ist der entspannteste und aufmerksamste Moment der Woche das sonntägliche Hemdenbügeln, eine Tätigkeit, die sich sehr gut dazu eignet, dabei konzentriert Radio zu hören. Bei „Essay und Diskurs” leitet Mathias Greffrath gerade eine sechsteilige Ringvorlesung über Marxens Kapital (Huch: Die Rechtschreibprüfung kennt den traditionellen Genitiv „Marxens”).
Das ist ja mal schön, wenn man als alter Ostler Jahrzehnte nach der Revolution den Marx vom Kopf auf die Füße gestellt bekommt. In der Schule hatte das immer etwas von wahnhafter Geheimwissenschaft, in der die Bruchstücke, die wir vorgesetzt bekamen, zum einen Teil aus Tautologien bestanden, zum anderen Teil so aus dem Zusammenhang gerissen waren, daß sie unverständlich wurden.
Die Deutschlandfunk-Stücke sind sehr verdichtet und erwarten ungeteilte Aufmerksamkeit – angenehm altmodisch.
Nachdem die ersten beiden Folgen – Greffraths Einführung, Wolfgang Streeck über das Verhältnis von Kapitalismus und Gewalt – dicht am Text bleiben, beleuchtet Michael Quante im Interview über Entfremdung im Kapitalismus auch die Wege und Irrwege der östlichen und westlichen Marxdeutung im 20. Jahrhundert und Paul Mason beschäftigt sich in „Der Niedergang des Kapitalismus” mit den heutigen Umwälzungen durch Informationstechnologie im Licht der Marxschen Theorie.
Letzteres teilweise sehr spekulativ, aber interessant über das Heute hinausdenkend. Zu Masons Thema gab es bei den Scaladays eine unterhaltsame Keynote „Postcapitalism” von Jamie Dobson, die aber inhaltlich nicht so weit geht und leider beim bedingungslosen Grundeinkommen endet, dafür aber mehr nachvollziehbare Beispiele für sinkende Produktionskosten bringt und detaillierter auf die Softwareindustrie eingeht. Die Gesichter mancher Software-Hipster im Publikum, mit ökonomischen und gesellschaftlichen Themen konfrontiert, waren unbezahlbar. (Wer jetzt an Karl Marx und Hipster denkt: der Witz hat so’n Bart!)
In den letzten Wochen andere Arbeitsstellen angesehen. Konnte mich noch nicht so recht entscheiden, habe aber das deutliche Gefühl, daß es nach einer ganzen Weile Zeit ist, weiterzuziehen. Schön.
So neblig wie in diesem November war das Wetter lange nicht. Auch schön.
Apropos Marxens: Meine Vermutung wäre, dass wir dafür der Ortschaft “Marxen” zu danken haben.
Ansonsten: wie fein, hier wieder was zu lesen!
Marxen wird nicht erkannt, Marxens aber schon. Es ist aber selektiv: Fritzens gibt es, Larsens und Heinzens nicht.
gut, dass ich Ihr blog noch im feedreader belassen habe. schön, dass Sie wieder da sind.
schön, das hier mal wieder was steht, hoffe, die Funkstille ist ein Zeichen, dass es gut geht!J
Wann folgen denn die nächsten Blogeinträge? Ist ja schon ein Weilchen her…..