Archiv für die Kategorie „Immer wieder sonntags“

Polizeiruf 110: Geliebter Mörder (RBB)

Mittwoch, 6. Februar 2008

Parallelen zum Tatort „Verdammt“ von voriger Woche gibt es einige: hier wie dort geht es um Pädophilie, darum, ob sie heilbar ist, ob man Pädophile freilassen oder für immer wegsperren sollte und wie BallaufSchenk in „Verdammt“ Opa, wird die Kommissarin Herz Großmutter.

Das wars dann aber auch. Denn in der Umsetzung ist „Geliebter Mörder“ um Klassen besser als „Verdammt“. Das liegt zunächst an den Dialogen, der ruhigen, genauen Inszenierung und vor allem den Schauspielern. Man möchte sie alle umarmen: Jens Schrader, Gabriele Maria Schmeide, Dirk Borchardt, Naomi Krauss, Anja Franke, Imogen Kogge und natürlich Horst Krause.

Aber auch die unspektakuläre Story (Achtung, Auflösung: die Geliebte des Pädophilen auf Freigang tauschte die Tabletten aus, die seine Lust unterdrücken. Das führte zum Rückfall.), die sich jedes Zeigefingers enthält, ist sicher und gut erzählt.

Der Pfleger, der Medikamente aus dem Krankenhaus auf dem Sportplatz an Jugendliche vertickt, heißt Frank Tornow, so wie der Nachbar in dem Haus, in dem ich einst lebte.

[Erstsendung: 3. Februar 2008]

Tatort: Verdammt (WDR)

Sonntag, 3. Februar 2008

Verdammt, könnte ich jetzt auch sagen, hier ist soviel los im Moment, daß ich zu nichts komme, auch nicht zum Schreiben. Deswegen nur eine kurze Zusammenfassung heute.

„Verdammt“ beginnt spannend und stimmig. Der Pädophile Paul Keller (wunderbar gespielt von Thomas Arnold) wird erfolgreich therapiert aus der Haft entlassen. Kurz darauf liegt er tot in der Mülltonne. Motive haben verschiedene Familienmitglieder, vor allem aber der Vorsitzende des Vereins „Child Protection“, der mit zweifelhaften Mitteln versucht, die Kinderpornoszene zu durchleuchten. All das könnte auch noch gut zu einem spannenden Krimi zusammengehen, auch die Nebenfiguren (der Gefängnispsychologe, der mißbrauchte Junge (Martin Kiefer), der jetzt als Lockvogel zu den Pornoverkäufern geschickt wird, die schüchterne Liebe im Schwimmbad, Kellers Familie) werden gut dargestellt.

Gut auch, daß das Thema in vielen Schattierungen angegangen wird. Schlecht allerdings, daß es dazu führt, daß „Verdammt“ zum Ende hin sich immer mehr erklärend an den Zuschauer wendet, anstatt der Handlung zu folgen.

[Erstsendung: 27. Januar 2008]

Tatort: Wem Ehre gebührt (NDR)

Donnerstag, 24. Januar 2008

Etwas außer der Reihe, aber damit sind wir wieder auf dem aktuellen Stand.

Die Aufregung um „Wem Ehre gebührt“ haben sicher auch die mitbekommen, die den Film nicht gesehen haben: Die Alewiten in Deutschland fühlen sich verunglimpft: Der Tatort wiederholt ein altes Klischee, daß unter Alewiten Inzest üblich sei.

Nun kann man das damit abtun, daß auch Alewiten die Freiheit der Kunst respektieren müßten. Allerdings mag ich zum einen gerade bei dieser klischeebeladenen und schrecklich langweiligen Folge wirklich nicht von Kunst reden, zum andern wirkt gerade der Inzest so an den Haaren herbeigezogen und nicht zum Rest der Geschichte passend, daß es schwerfällt, hier gutwillig gegenüber der Autorin (Angelina Maccarone) zu bleiben.

Zur Geschichte: Charlotte Lindholm ist immer noch schwanger. Die deutsche Türkin Afife wird tot gefunden — auf den ersten Blick ein Suizid, der auf den zweiten Blick natürlich keiner war. Ihr Mann Erdal (Hakan Can) steht unter Verdacht und der Ehrenmordverdacht kommt auf, der von Charlottes neuem Kollegen Cem (Mehmet Kurtulus — der spielt übrigens demnächst den neuen Tatort-Kommissar in Hamburg) als rassistisch gebrandmarkt wird. Überhaupt — Charlotte Lindholm erwehrt sich der Vereinnahmung ihrer Schwangerschaft und der Schonung von seiten ihrer Mutter, ihres Mitbewohners Martin sowie sämtlicher Kollegen. Das ist natürlich alles gut und richtig, hat aber dennoch so etwas biederes Ursula-von-der-Leyen-haftes. Vielleicht ist das aber auch nur meine ostdeutsche Minderheitensicht auf die Frauenrollen im Westen.

Richtig Schwung und Spannung kommt an keiner Stelle auf: Selda (sehr gut: Aylin Tezel), die Schwester der Ermordeten, quartiert sich bei Charlotte ein — und sie ist auch schwanger. Zu lange wird auf der ähnlichen und doch völlig anderen Situation der beiden Frauen herumgeritten. Und so schleppt sich der Film hin, Selda stirbt leider auch noch und am Ende eben die ziemlich konstruierte Inzest-Geschichte.

Naja.

[Erstsendung: 23. Dezember 2007]

Polizeiruf 110: Kellers Kind (HR)

Sonnabend, 19. Januar 2008

Was bedeutet es, ein Kind zu haben? Was bedeutet es, kein Kind zu bekommen? Was bedeutet es, ein Kind zu wollen, aber keines zu bekommen?

Diese Fragen werden auf wundersam ernste und unironische Weise dem Personal dieses Filmes gestellt. Wie in den anderen drei Folgen, ist auch diesesmal die Welt in Bad Homburg abgeschlossen: die Personen des Kammerspiels bleiben unter sich und die einzige Aufregung, die von außen eindringt, ist Kommissar Kellers Ex. Diese düster-melancholische Ruhe aber kam den vier Homburg-Polizeirufen von Titus Selge sehr zugute. Die Chance, die Figuren auszuspielen und mit Tiefe zu versehen, wurde wunderbar umgesetzt. Und so leben die Filme natürlich zuallererst von dem sehr präsenten Jan-Gregor Kremp und seiner großartigen Partnerin Inga Busch.

Kremps düstere Art selbst wurde im ersten Film „Der Prinz von Homburg“ durch den brutalen Mord an seinem Vater begründet. Die Verwurzelung Kellers als verlorener Sohn, der in die Stadt seiner Kindheit zurückgekehrt ist — bei gleichzeitiger Entfremdung, weil nichts mehr so ist, wie es war — wird wunderbarerweise in allen vier Folgen durchgehalten.

Aber auch das Nebenpersonal agiert immer glaubwürdig: Polizist Norbert (Felix Vörtler) ist zwar bei den Ermittlungen meist der Dumme, ist aber Keller menschlich oft voraus. Und der Bestatter wird als skurrile Figur nur hauchzart angedeutet. Diese Konstellation ist ein sehr angenehmer Kontrast gegenüber dem Hau-Drauf-Kollegen-Humor von Münster oder Köln.

Das Spiel des nicht-permanenten Personals fügt sich wunderbar ein. Man hat den Eindruck, bei den Dreharbeiten wurde sich viel Zeit genommen, um die Stimmung zu treffen. Das gilt sowohl für die geschiedenen Eltern des entführten Jungen, die sich erst gegenseitig verdächtigen, dann zusammenhalten, als auch für das bizarre Geschwisterpaar im Wald, wo der Bruder die Schwester zur Strafe zum hungrigen Hund sperrt. Am Ende stirbt dann entgegen der Schmidt-Regel doch jemand in den letzten fünf Minuten, aber das Kind wird gerettet.

Ein Wort noch zur Provinz: in den deutschen Krimis wird sie manchmal übertrieben provinziell dargestellt (Polizeiruf Potsdam, Tatort Hannover) oder aber durch Standortmarketing kaputtgemacht (Konstanz). Die Keller-Polizeirufe sind auch da sehr angenehm in ihrer Ruhe: die Zahl der Orte ist gering und das Buch ganz auf die Handlung konzentriert.

Durch diesen Text weht der Abschied: „Kellers Kind“ war der letzte Polizeiruf aus Bad Homburg. Schön, daß es keine großen Abschiedsszenen gab. Andeutungen aber schon: Im Film wurden mehrfach Ausschnitte aus dem Frankfurt/Main-Tatort gezeigt, von dem der HR ab jetzt stattdessen eine Folge mehr pro Jahr senden will.

[Erstsendung: 13. Januar 2008]

[*1000*]

Tatort: Der Kormorankrieg (SWR)

Sonnabend, 19. Januar 2008

Etwas konstruierter Konflikt zwischen Umweltschützern und Bodenseefischern, welche sich von den Kormoranen um ihren Fisch bestohlen fühlen. Aber es ist dann alles doch viel schlimmer — der See wurde gezielt gedüngt und am Ende gibt es ein fulminantes Ehedrama.

Wie oft in Konstanz ist die Geschichte eher bieder. Die Standortwerbung, die beim Bodenseetatort immer viel zu sehr im Zentrum stand, ist noch einmal verstärkt worden und auch die Kamerafahrten um die Autos wirken wie bestellt. Einem solchen Werbefilm geschieht es dann nur recht, wenn es hinterher Beschwerden beleidigter Fischer gibt.

Auch dieser Film wird stark von Eva Mattes dominiert, was aber im Prinzip nur mein Problem ist — ich werde mit ihr einfach nicht warm. Dahinter gehen die anderen Schauspieler leider etwas unter, die teilweise gar nicht so schlecht sind, allen voran Beckchen (Justine Hauer).

[Erstsendung: 6. Januar 2008]

Tatort: Fettkiller (SWR)

Freitag, 18. Januar 2008

Ausnahmsweise muß einmal von der Reihenfolge der Tatort-Besprechungen abgewichen werden: „Wem Ehre gebührt“ folgt. Für „Fettkiller“ gilt mein Dank einmal mehr Thomas, der ihn sich freundlicherweise für mich angesehen hat (Vorsicht: Lösung wird verraten).

~

Der Journalist Harald Strauss kommt von einer Straße ab und wird getötet. Die Obduktion ergibt Herzinfarkt infolge des Konsums von Drogen, die in dem am Unfallort gefundenen Nasenspray waren. Lena Odenthal und Mario Kopper finden in seiner Wohnung Hinweise darauf, daß der Tote die Formel und einige Pillen eines Medikaments zur Fettreduktion seinem letzten Rechercheobjekt, dem Pharmakonzern Aurena, entwendet hat. Strauss’ ehemalige Freundin Kristina Pavlak ist Model und hat an der Studie zu dem Medikament teilgenommen. Sie konsumiert die Pillen weiterhin, wird von Verfolgungswahn und Persönlichkeitsstörungen geplagt und leugnet jede tiefere Verbindung zu Strauss. Aurena hatte Ergebnisse der Studie manipuliert, eben auch die von Kristina — sie erhielt die zehnfache Dosis. Strauss wollte die Story veröffentlichen und hatte sogar ein finanzielles Angebot von dem verantwortlichen Pharmakologen abgelehnt. Sterben mußte er, weil Kristina ihm aus Angst vor der Nichteinführung des Medikaments das tödliche Nasenspray untergeschoben hatte. Eine fulminante Selbstmordverhinderung der Hauptrolle im Rheinhafen durch die Kommissare beendet das Trauerspiel.

Frau Folkerts trägt Wuschelkopf und fastet, ermittelt bis zuletzt nur gegen die anderen Verdächtigen. Die Täterin wird eher bemuttert. Agata Buzek spielt das Model gut, ihr Auftreten wird nur leider meist von düster dräuender Musik begleitet und die Darstellung der inneren Pein bleibt plakativ. Penetrant wirkt auch der Einsatz des Verschlussgeräuschs einer Kamera zur Unzeit zwecks Vergegenwärtigung, dass wir es mit Modefotografen
zu tun haben.

Ute Wielands erster Tatort ist nicht spannend, schablonenhaft und eigentlich ein Modefilm mit den Nebenthemen Ernährung und Pharmazie.

[Erstsendung: 30. Dezember 2007, Autor: Thomas]

Immer wieder mittwochs

Mittwoch, 16. Januar 2008

Tatort jetzt auch im Radio:

Heute 20.05 bis 22.00 Uhr auf zehn Sendern der ARD, danach eine Woche lang zum Download und neue Folgen monatlich.

[via: Anruf von Muttern]

Wo sind die Tatorte?

Montag, 14. Januar 2008

Wer das ruft, ruft zu recht. Drei Tatorte und ein Polizeiruf sind ungenannt gesendet worden. Diese Woche wird alles nachgereicht.

Tatort: Kleine Herzen (BR)

Sonnabend, 22. Dezember 2007

Kein Schlußgag, kein versöhnlicher Übergang zu Anne Will, keine Sonntagabendunterhaltung: „Kleine Herzen“ hat zwar eine sozialkritische Botschaft, bleibt aber ganz bei seiner sehr sicher erzählten Geschichte und bis zum Schluß unversöhnlich.

Wir nehmen teil am Leben von Anne Kempf (Janina Stopper) und dem ihres Sohnes, den sie bereits mit 14 bekam. Sie hat mehrere schlecht bezahlte Jobs, um ihren und den Unterhalt ihres Kindes zu finanzieren und kämpft ständig gegen die Uhr. Betreuung für ihr Kind muß gesichert werden, die Bekannten und Verwandten sind langsam genervt und so verkommt der Junge (Felix von Opel) zum bloßen Anhängsel.

Zwar belügt sie ihre ganze Umgebung, wenn es ihr weiterhilft, die Perspektive des Filmes liegt jedoch so stark bei ihr, daß sie dem Zuschauer dadurch nicht unsympathisch wird. Nein, wir befinden uns so sehr auf ihrer Seite, daß es einem ganz übel wird, als der Druck auf sie immer größer wird. Und als sie dann irgendwann auch einmal an ihr eigenes Vergnügen denkt, da verschwindet das Kind hinter der Tür in der fremden Wohnung, sie schließt ab — und ist frei.

Was nun folgt, ist klar — Perspektivwechsel zwischen Mutter, der die Kommissare immer mehr auf den Leib rücken (sie hat ihre Freundin im Streit den Abhang hinabgestürzt — tot) und dem Kinde, das allein im fremden Zimmer ist, und wild auf den Telefontasten herumdrückt und tatsächlich jemanden erreicht. Es versteht jedoch nur gerade so viel vom Telefonieren, daß danach im Radio nach Tim gesucht wird, in dessen Umgebung es regnet. Ja, natürlich wird das Kind am Ende gerettet, die Story selbst ist also nicht besonders verzwickt, aber dieser Film ist so bei sich und seinen Figuren, so sicher und ohne Zeigefinger inszeniert, daß es einen freut.

Seltsam nur die völlig kontrastarmen und zu hellen Bilder und der schlechte Ton. Man hat den Eindruck die Filmrolle sei bei der Entwicklung beschädigt worden.

[Erstsendung: 16. Dezember 2007]

Tatort: Schleichendes Gift (RBB)

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Ein Fahrradkurier wird umgefahren. Ein Beamter im Gesundheitsministerium wurde vergiftet. Der Berliner Tatort wird langsam immer besser. Die Geschichte um Pharma-Lobbyismus und Korruption ist zwar nicht besonders verwickelt, aber schön schnell inszeniert und in gute Bilder von der Stadt gegossen. Berlin ist einmal nicht das Fernseh-Berlin, sondern vor allem in kühle Farben getauchte Moderne. Toll die vielen Außenaufnahmen.

Die Personen bekommen Platz, sich zu entwickeln und all die Klischees, die um die Kommissare aufgebaut wurden, werden inzwischen stark zurückgenommen. Atemberaubend das neue Büro mit modernem Scheiß, schön, wie die Story als Timeline auf die Glaswand skizziert wird und gut choreographiert die beiden Nicht-Berliner Kommissare zwischen ihrem berlinernden Chef (Veit Stübner) und dem berlinernden Untergebenen (Ernst-Georg Schwill).

Seltsam nur die Fahrradkuriere, die brummeln, als einer der ihren im Krankenhaus liegt und Rache wollen, aber erstmal vor dem Krankenhaus für den dritten Außenspiegel an LKWs und neue Fahrradwege (!) demonstrieren. Oder auch, daß Fahrradkuriere nach der Maueröffnung Konjunktur hatten, weil sie besser durch die Mauerlücken kamen.

Ach ja: Jürgen Tarrach, wie immer grandios.

[Erstsendung: 9. Dezember 2007]

Tatort: Spätschicht (WDR)

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Mord im Bordell, eine Spedition, Korruption bei der Autobahnpolizei.

Abt. „Interne Ermittlungen“ schaltet sich ein, Ballauf war mit dem Toten befreundet. In der Folge werden auch Schenk und Ballauf verdächtigt. Ganz nett, aber zu kompliziert, was auch an meiner Erschöpfung gelegen haben mag. Schenk spielt den Rambo dem Vater seines Enkels gegenüber.

[Erstsendung: 2. Dezember 2007]

Brauche Hilfe

Montag, 3. Dezember 2007

Möchte sich vielleicht jemand den Tatort am 23. Dezember („Wem Ehre gebührt“, Hannover) oder den am 30. Dezember („Fettkiller“, Ludwigshafen) ansehen und dann hier etwas drüber schreiben?

Würde mich urst freuen.

Tatort: Bevor es dunkel wird (HR)

Sonntag, 2. Dezember 2007

Ich weiß nicht, wie Regisseure arbeiten. Wie sie recherchieren. Ob sie dorthingehen, wo ihr Film spielt und sich die Leute ansehen, mit ihnen sprechen. Aber als Zuschauer merkt man doch, ob ein Stück dicht ist, ob der Regisseur weiß, wovon er spricht, oder ob er Klischees aneinanderreiht.

Ein Krimi muß ja gar nicht unbedingt realistisch sein. Die Gesellschaft muß ja nicht immer eine so große Rolle spielen, wie es in den ARD-Produktionen manchmal der Fall ist. Wenn sie es aber tut, merkt man den Unterschied zwischen Produktionen, die mit Liebe zum Detail entstehen und Fließbandware.

Bis auf wenige Ausnahmen gehören die Frankfurter Tatorte zu denen, über die man sich freuen kann. Es ist vor allem die Ernsthaftigkeit, das Erzählenwollen, das hier auf Sorgfalt und handwerkliches Geschick stößt. Markenzeichen sind die vielen Außenaufnahmen, der ungeschönte Blick auf die Stadt, die in den Tatorten eher als hart gezeichnet wird, die allem zugrundeliegende Unruhe und Hektik, die dafür sorgt, daß es nie nur die Sonntagabendunterhaltung bleibt und der vergleichsweise sparsame Einsatz von Eigenheiten und Witzeleien der Ermittler. Die Dunkelheit, das Harte, das Unversöhnliche erinnern an frühe Schimanski-Folgen und die Geschichten sind immer unglaublich dicht erzählt. Zwischendurch aufs Klo gehen ist nicht drin.

In „Bevor es dunkel wird“ (Regie: Martin Enlen) stirbt eine Frau, die ehrenamtlich bei der Essensausgabe für Bedürftige arbeitet. Während es zunächst nach einem Anschlag auf die Armen aussieht und die Kommissare das ausgegebene Essen wieder einsammeln müssen, stellt die Gerichtsmedizinerin (sehr schön: Iris Böhm) fest, daß die Frau gezielt getötet wurde. Und das ist dann doch mal eine hübsche neue Idee: Vergiftung mit Zyankali durch einen Tampon. Dadurch ergibt sich dann ein bunter Strauß von Verdächtigen: der einst brutale Ex-Mann (Oliver Breite), die Sponsorin der Mittagstafel, deren Geschäfte nicht gutgehen, ihre Schwester, die gerade gekündigt wurde, der Liebhaber.

Thema des Filmes ist auch die Bewältigung des schwierigen Lebens durch Menschen, die in Vereinzelung gefangen sind, und für die es aus unterschiedlichen Gründen immer ein Kampf bleibt: die Betreiberin des Sanitätshauses und ihre Schwester. Diese wird entlassen, weil sie als Bandagistin nicht mehr benötigt wird. Die drei Kinder des alleinerziehenden Opfers, die danach tapfer versuchen allein klarzukommen und sich zu trösten (herausragend: Karoline Schuch). Und schließlich die alleinlebende Frau (Ina Weisse), die an Retinitis pigmentosa, einer langsamen Netzhautablösung leidet, deren Welt also langsam immer dunkler wird und die durch ihre herzlosen Arbeitgeber ihr Kind verloren hat.

Thema sind auch die verschiedenen Formen von Armut. Und das ist dann vielleicht ein bißchen zu viel des Guten: daß die Ermittlungshelfer Gröner (Sascha Göpel) und Springstub (Chrissy Schulz) zeigen müssen, daß es auch jeden von uns treffen kann.

Der Titel ist auch der Titel eines Buches des schwedischen Journalisten Täppas Fogelberg über seine eigene Erkrankung an Retinitis pigmentosa. Er erinnert auch an den Film „Warte, bis es dunkel ist“, in dem, ähnlich wie in der Schlußszene dieses Tatorts, die Blinde in einem dunklen Raum im Vorteil ist.

Am Ende eines Tatorts wird die Spannung häufig noch durch einen kurzen Witz gelöst, damit wir ruhig schlafen können. Herzlos war diesesmal der viel zu kurze Schnitt zwischen der hochdramatischen und sehr emotionalen Schlußszene und dem Abschlußgag.

[Erstsendung: 25. November 2007]

Tatort: Die Falle (MDR)

Dienstag, 20. November 2007

Ehrlichers (Peter Sodann) und Kains (Bernd Michael Lade) letzter Fall. Endlich! möchte man ihnen zurufen, denn auch dieser Fall hat die übliche Leipziger Betulichkeit, in der die Bösen grundsätzlich seltsam neureich sind und die so wenig mit der tatsächlichen Stadt zu tun haben, obwohl ständig Highlights sächsischen Standortmarketings gezeigt werden (in dieser Folge wurde Leipzig zum Beispiel als Stadt am Wasser dargestellt – Wasser gibt es zwar auch in Leipzig, aber auch wenn die wegen Gestankes zu DDR-Zeiten versiegelten Flüsse an einigen Stellen wieder geöffnet wurden, ist das Wasser mitnichten so präsent wie dargestellt).

Die Moral der MDR-Tatorte war: Die Stadt ist schön und Verbrechen kommen nur in ihrer obersten Schicht vor. Nebenher werden Ehrlichers beschauliche Kapitalismuskritik und seine verschmitzt-altbackenen Ansichten zur deutschen Einheit verhandelt. Aber auch wenn genau diese Themen die Schweriner Polizeirufe viel weniger selbstgefällig, dafür gewitzter und mit besseren Büchern prägen, ist das Leipziger Stammpersonal im Auftreten sehr glaubwürdig.

Aber ach. Auch wenn, wie gesagt, die Story (ein Bauunternehmer erpreßt überschuldete Kreditnehmer und zwingt sie zu sexuellen Dienstleistungen) sich in das übliche Leipziger Allerlei einreiht, zeigt die letzte Folge an einigen Stellen Möglichkeiten, von denen man sich wünschte, daß sie schon eher genutzt worden wären.

So bekommt Kain, dessen Figur von Mal zu Mal immer blasser wurde, wieder viel mehr Raum, was ihm guttut. Gut tut dieser Folge auch der dadurch entstehende Widerspruch zwischen dem etwas behäbigen Ehrlicher und dem unsicheren Kain. Der Nebenstrang, daß Kain a) eine Freundin bekommt, die b) auch noch in den Fall verwickelt ist, was ihn c) in Gewissensnöte bringt, hätte auch schiefgehen können, läßt aber in diesem Fall die Kain-Figur wieder so farbig wirken wie in den MDR-Tatorten der frühen Neunziger, als Sender und Tatort noch in Dresden residierten. Überhaupt scheint es mir, als hätten die frühen Dresdner Folgen mehr Biß, Relevanz und Erzählsicherheit gehabt als die späteren, immer etwas lustlos wirkenden. Sehr gern würde ich z.B. „Jetzt und alles“ von 1994 noch einmal sehen, ein Film über Crashkids mit melancholischer Landschaftskamera, hungrigen Bildern, leidenschaftlichem Schauspiel und sehr passender Musik. Der hätte auch im Kino laufen können.

Zurück zu „Die Falle“: Erwähnenswert sind noch die wirklich guten (Thomas Rühmann, Alexander Hörbe) und schlechten (Nina Gnädig) Nebenrollen. Es ist schade, daß mit Kain und Ehrlicher auch Walter gehen muß. Im nächsten Jahr geht es in Leipzig mit Simone Thomalla und Martin Wuttke weiter.

[Erstsendung: 11. November 2007]

Polizeiruf 110: Jenseits (BR)

Sonntag, 11. November 2007

Ein totes Kind wird gefunden, überfahren wohl. Natürlich war es kein Verkehrsunfall — am Ende entfaltet sich eine Familientragödie. Ulrike Krumbiegel als Hauptdarstellerin spielt grandios die verzweifelte Mutter, der die Welt die kalte Schulter zeigt. Und so sind die eigentlichen Themen dieses Films Trauer und Empathie: Wie eine Mutter mit dem Verlust des Kindes klarkommen muß. Wie alle anderen in ihren Prozessen gefangen sind und diese auch im Ausnahmefall nicht verlassen können. Wie Tauber Grenzen überschreitet, Einfühlung zeigt, aber weiterhin allen klar zeigt, wo seine eigenen Grenzen sind (Überhaupt ist das Ausloten von Grenzen, Nähe und Distanz das Thema, das die Tauber-Figur in allen Münchner Polizeirufen variiert.). Die Szenen in der Gerichtsmedizin sind zwar hart an der Grenze zur Klamotte, doch hält dieser Film (Regie: Eoin Moore, Buch: Markus Thebe, Boris Golutta) die Waage und rutscht nicht auf Münstersches Komödiantenspiel ab.

Tauber ist nicht ganz so düster wie sonst — die helle Seite seiner schwarzen Seele bekommt mehr Raum, er wirkt fast heiter und gelöst. Dennoch hat er einige sehr starke Auftritte. Auch sonst ist dieser Polizeiruf sehr gut besetzt (Andreas Schmidt vom Balkon, Katharina Schubert, Stefan Merki). Die Story ist nicht besonders komplex, was aber durch gute Dialoge und vor allem die Dramatik wettgemacht wird. Außerdem gute passende Musik von Kai-Uwe Kohlschmidt (Sandow), Wolfgang Glum, Warner Poland.

[Erstsendung: 4. November 2007]

[Update: Und dann war da noch das Arztbook]

Tatort: Satisfaktion (WDR)

Sonntag, 28. Oktober 2007

KCorpsgequatsche.

Das Problem beim Tatort aus Münster ist der starke Fokus auf Kommissar Thiel (Axel Prahl) und den Gerichtsmediziner Börne (Jan Josef Liefers), die skurrilen Randfiguren Klemm (Mechthild Großmann) und Silke Haller (Christine Urspruch) sowie Thiels Vater (Claus Clausnitzer). Obwohl der Fokus auch an den anderen Tatorten immer stark auf den Ermittlern liegt (weswegen mal wohl leider auch nie einen sorgfältig geplanten und mit Spannung inszenierten Bruch — sowas wie eine eine Mischung aus Ocean’s Eleven und Olsenbande — sehen werden wird), obwohl also auch anderswo die Ermittler im Mittelpunkt stehen, ist das ständige Personal in Münster so damit beschäftigt, seine Marotten zu pflegen, daß das ganze dann oft doch eher zur Klamotte verkommt.

Es gibt Ausnahmen (z.B. „Das zweite Gesicht“), dieser hier ist aber bei aller Sympathie für Prahl und Friederike Kempter (Nadeshda), ganz schönes Rumgemünster.

Sehr hübsch allerdings:
„Seit wann?“
„Seit dem Vormärz.“
„Also Februar?“

[Erstsendung: 28. Oktober 2007]

Tatort: Der Traum von der Au (BR)

Freitag, 26. Oktober 2007

Sehr schön. Klassisches Täterraten, amüsant und rhythmisch.

Der Film beginnt mit dem Suizid des alten Herrn Strobl, der von seinem Sohn Konrad (Fritz Karl) blutend in der Badewanne gefunden wird. Ein halbes Jahr später wird der Hausmeister Grassl tot im Keller eines noblen Hauses (in dem Kommissar Batic sich gerade eine Wohnung kaufen wollte) gefunden. Und nun beginnt die Suche, bei der zunächst jeder verdächtig ist und die Metzgerin Gerti (Johanna Bittenbinder) die meisten Informationen aus der Nachbarschaft und den besten Leberkäs hat. Der Grassl selbst scheint seine aus Thailand stammende Frau mißhandelt zu haben. Der Hausbesitzer Bachinger tyrannisiert die Bewohner (und hat wohl den alten Strobl in den Tod getrieben). Der junge Strobl ist menschenscheu und cholerisch. Zwischendurch (und das ist ganz tatortuntypisch und überraschend inszeniert) fliegt der Bachinger mit seinem Auto in die Luft.

Am Ende wars Gift und vergiften tun Frauen. Man könnte sich jetzt über dieses Klischee ärgern, jedoch paßt es zu diesem Film, dessen Story sehr klassisch daherkommt (Buch: Peter Probst) und der dennoch sehr frisch gefilmt (Regie: Tim Trageser) ist.

Ach ja: Menzinger geht ab. Diese Geschichte (er hat einen Häuserblock geerbt) ist dann doch ein wenig hausbacken. Schade um den Menzinger (Michael Fitz) ist es dennoch.

[Erstsendung: 21. Oktober 2007]

Tatort: Unter uns (HR)

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Meinen ersten Film von Margarethe von Trotta habe ich in den Achtzigern im Osten im Kino gesehen: „Rosa Luxemburg“. Ich war damals ziemlich beeindruckt: Anstatt die Ikone des Sozialismus wie üblich auf ihr politisches Engagement zu reduzieren, wurde hier das Bild eines Menschen mit starken Gefühlen gezeigt, aus denen heraus sich Haltungen und Wirkungen entwickeln. Eine Heldin wird verständlich in ihrem Handeln. Bevor ich Heinrich Böll las, hatte ich im Fernsehen „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ gesehen, zu dem von Trotta gemeinsam mit Volker Schlöndorf das Drehbuch geschrieben hat.

Nun also Regie in einem Tatort. Der arbeitslose Wolfgang Kunert (Michael Brandner) nimmt in einer frustrierten Kurzschlußhandlung eine Arbeitsbeamte als Geisel und flüchtet mit dieser. In solchen Fällen muß Polizei schnell und dennoch kühl und überlegt reagieren. Das ist eine Konstellation (Buch: Katrin Bühlig) wie geschaffen für das unstete, konzentrierte und in der Kommunikation stets etwas neben der Spur liegende Frankfurter Team. Allerdings ist der Film gar nicht so temporeich inszeniert, wie zum Beispiel Das letzte Rennen oder Der Tag des Jägers. Von Trotta nimmt die Geschwindigkeit heraus, und so überträgt sich das scheinbare Desinteresse am Fall ein wenig auf den Zuschauer. Dies jedoch nur solange bis tatsächlich schneller Einsatz gefragt ist: Showdown im Palmengarten.

Das verminderte Tempo hat einen Grund. Neben dem Fall wird eine zweite Geschichte erzählt: Das im Wohngebiet der beiden Polizisten neueingezogene Mädchen Ronja (Charlotte Lüder) sieht, was niemand sonst wahrnimmt. Ein anderes Mädchen, das niemand zu kennen scheint, wirft einen Ball aus dem Fenster. Nachdem Ronja insistiert, das Mädchen kennenzulernen, wird das Fenster mit schwarzer Folie verklebt. Diese Nebenhandlung steigert immer mehr — man lernt die gleichgültige Verwandtschaft kennen und am Ende es ist tatsächlich ein unerträglicher Fall von Mißhandlung durch Vernachlässigung mit unversöhnlichem Ausgang.

Der Film ist sicher inszeniert mit hervorragenden Schauspielern (toll auch: die völlig neben sich stehende Frau des Geiselnehmers, gespielt von Franziska Walser), ruhigen Bildern und großartiger Musik (Chris Heyne). Auch die Animositäten zwischen den Polizisten (immer wieder schön: Peter Lerchbaumer und Thomas Balou Martin) werden angenehm nebensächlich abgehandelt. Einzig beim Flachbildfernseher in der Wohnung der Familie, die ihre Tochter fast verhungern läßt, habe ich mich gefragt, ob das nicht doch ein wenig zu diffamierend ist. Auch bleibt am Ende die Frage offen, was denn nun die beiden Fälle miteinander zu tun haben — einfach nur zwei verschiedene Formen sozialen Elends zu zeigen kann man vielleicht ein bißchen dünn finden. Aber: da ich mich sonst immer aus dem Fenster lehne, wenns im Tatort zu pädagogisch wird, muß ich mich hier, wo eben keine Moral gelehrt und kein Zeigefinger erhoben wird, zurückhalten.

Und Bov Bjerg hat nach der Interpretin von „Sometimes I feel like a motherless child“ gesucht: hier und hier.

[Erstsendung: 14. Oktober 2007]

Tatort: Nachtgeflüster (WDR)

Freitag, 12. Oktober 2007

Sonntags nach der Tagesschau liest Heiko Werning in der Reformbühne. Wiewohl ich gern zu Lesungen gehe und gerade die Reformbühnen-Autoren sehr schätze, war ich leider noch nie dort: sonntags kommen die Leute nämlich nach Stralau, um Tatort zu sehen.

Da aber auch das nicht immer klappt, weil ich hin und wieder zur Rumtreiberei neige, bin ich dann sehr froh, wenn sich jemand den Tatort ansieht: Danke, Heiko! Nüscht muß man mehr selbermachen! Spoilerwarnung: Auflösung wird verraten.

~

Wer Köln kennt, den wundert es nicht, daß dies nun schon der zweite Psychopathen-Tatort in diesem Jahr von dort ist. Da ist er, der Lokalkolorit-Anspruch des Tatorts.

Obwohl zunächst gar nichts danach aussieht. Ein erschossener Streifenpolizist im Auto, die Spuren führen ins Kleinkriminellenmilieu. Daß es damit aber nicht getan sein würde, ist von Beginn an klar, dafür ist der Film ganz offensichtlich zu ambitioniert. Was man, wenn die Handlung das nicht direkt erahnen läßt, am besten erst mal filmisch klarmacht: Nach einigen atmosphärischen, farbintensiven Nachtbildern der Stadt (schließlich heißt der Streifen „Nachtgeflüster“), geht die Sonne über dem Auto mit dem toten Polizisten auf, und der Film wird so gelb, daß man nach einigen Minuten beunruhigt kurz mal umschaltet, um sicherzugehen, daß nichts mit dem Fernseher ist. Mit dem ist aber alles in Ordnung, also wissen wir: Filmkunst! Und natürlich auch, daß es sich nicht einfach um Gezänk unter Zockern und korrupten Kiezpolizisten handeln kann. Später wird der Film mal grün, mal blau, und bald ist man mehr davon gefangen, dahinter so etwas wie Sinn zu entdecken, als den Täter zu erraten.

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Tatort: A g’mahde Wies’n (BR)

Freitag, 28. September 2007

Bin immer noch weit weg. Sehr weit.

Aber zum Glück gibt es liebe Menschen, die sich darum kümmern, daß kein Tatort oder Polizeiruf ungesehen bleibt. Großer Dank gebührt mal wieder Thomas, der sich den letzten Tatort angesehen hat. Seine Beschreibung (Achtung! Auflösung wird verraten!) nach dem Klick.

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Tatort: Macht der Angst (NDR)

Freitag, 21. September 2007

Wie weit bist Du bereit zu gehen?

Einen aufregenden harten Tatort über die Macht der Angst gab es am letzten Sonntag. Schabia hat ihn sich mal wieder angesehen. Ihre Beschreibung (mit Auflösung) nach dem Klick.

(Und ich bin Ihr mal wieder äußerst dankbar.

Und damit auch wieder weg.

Bis dann — fallt nicht hin.)

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Tatort: Blutsbande (SWR)

Freitag, 14. September 2007

Das hatte Atmosphäre. Im Unterschied zu den anderen halbtoten Konstanzer Tatorten gab es hier eine Geschichte und Personen, denen man gebannt ihre Wandlungen abnahm.

Spoiler-Warnung: Nach dem Klick wird die Lösung verraten.

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Polizeiruf 110: Farbwechsel (NDR)

Mittwoch, 5. September 2007

Rolf Greulich (Drehbuch) hat eine recht ostdeutsche Geschichte angerührt: In Imbißbuden, von Ausländern geführt, gab es rätselhafte Unfälle (die natürlich keine sind), der Sohn eines Vietnamesen hatte einen Unfall (der sich später als Überfall herausstellt), ein Lagerarbeiter wurde von herabfallenden Spreewaldgurkengläsern erschlagen (das war aber inszeniert) und im Ort gibt es eine Bürgerwehr, die vom ansässigen Unternehmer aufgestellt wurde sowie einen Heimatverein. Bürgerwehr und Verein grenzen sich nicht ordentlich nach rechts ab und so haben sie denn die grölenden Rüpel am Halse. Die Kommissare Hinrichs (Jens Uwe Steimle) und Tellheim (Felix Eitner) bekommen eine neue Chefin.

Leider gerinnt das alles, wie so oft bei gesellschaftlich relevanten Themen im ARD-Krimi, zu einem Klischeebrei: die Rechten sind nur mit Mühe vom Grölen und Brüllen abzuhalten, der Unternehmer (Bernhard Schütz) ist eine Spur zu schleimig, die Kalauer der Kommissare waren auch schon besser. Allerdings streckenweise herausragendes Schauspiel: Milan Peschel (Volksbühne, Schwarze Schafe) als betrunkener Kollege des Lagerarbeiters, Hermann Beyer als leicht DDR-nostalgischer Vater von Hinrichs, Christine Schorn (Deutsches Theater) als Hinrichs und Tellheims Vorgesetzte.

Interessant ist nun aber folgendes: Die Szenen in Hinrichsens Wohnung, in denen er mit seinem Vater spricht, sind, obzwar in Schwerin spielend, in Stralau gedreht: Man sieht aus dem Fenster die Häuser in der Bootsbauerstraße. Ich vermute, die Filmwohnung war im Hause Fischzug 22.

Steimle und Beyer in Stralau
Steimle und Beyer in Stralau. Klicken macht groß.
Hermann Beyer in Stralau
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Steimle und Beyer in Stralau
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[Erstsendung: 2. September 2007]

Tatort: Strahlende Zukunft (RB)

Sonntag, 2. September 2007

Lobt und preiset Thomas!

Es folgt die Beschreibung einer weiteren Folge, die er sich angesehen hat.

Zu Sabine Postels zehnjährigem Dienstjubiläum als Bremer Hauptkommissarin Inga Lürsen hat Radio Bremen eine recht aufwendige Inszenierung in Auftrag gegeben. Die Folge wurde von einer zweistündigen Radiosendung und einem Chat begleitet.

Sandra Vegener bestellt die Kommissarin auf den Bremer Markplatz, damit sie Zeuge der Tötung eines Richters und ihres Selbstmords durch Sprung vom Dach der Bürgerschaft wird. Vegener hatte ihre Tochter durch Leukämie verloren, sie gab den Mobilfunkmasten in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung die Schuld und engagierte sich gegen die Mobilfunkbranche. Daraufhin wurde sie von dem Psychiater Humberth per Gefälligkeitsgutachten als paranoid eingestuft und von Richter Weller und Staatsanwalt Reinhardt eingewiesen.

Nach ihrem Tod will ihr endpubertärer Sohn Daniel die Wahrheit wissen, gelangt in Besitz Frau Lürsens Dienstwaffe und nimmt die Verfolgung der verbleibenden mutmaßlich Verantwortlichen auf. Als er den Psychiater stellt, der sich mit seiner Geliebten in einem Wochenendhaus aufhält, wird der Professor erschossen. Daniel flieht, wird aber bald gefaßt, das Projektil stammt allerdings nicht aus seiner Waffe. Die eifersüchtige Ehefrau hatte die günstige Gelegenheit genutzt und ihren Mann erschossen. Lürsen und Stedefreund finden Indizien, daß Sandra Vegener tatsächlich von Mitarbeitern der Mobilfunkbetreiber mittels konzentrierten Mikrowellen drangsaliert wurde. Daniels Freundin entführt die kleine Tochter von Staatsanwalt Reinhardt, die in einer dramatischen Schlußszene auf dem Dach der Bürgerschaft unbeschadet frei kommt.

Das Team um Postel und Mommsen ist routiniert und agiert selbstverständlich, Stedefreund hat die Grippe, stolpert auch mal die Treppe hoch und hat einen schönen Stunt mit einem Hecht in einen Haufen Müllsäcke, während der wortlose Gehilfe Kriminalassistent Karlsen verdattert in seine Stulle beißt.

Eine Auflösung der Geschehnisse findet aber nicht statt, der Vorwurf der Protagonistin, sie sei durch konzentrierte Mikrowellenstrahlung durch die Mobilfunkbetreiber gequält worden, wird ebensowenig geklärt, wie die Verstrickung der Behörden in den Vorgang.

Die Geschichte wirkt bemüht — non lethal weapons in der Nähe von Mobilfunkbetreibern zu sehen, erfordert doch einiges an gutem Willen. Nach dreiviertel Stunden können auch die gute Kamera und der hervorragende Ton nicht mehr ganz die Spannung halten. Der hohe Anspruch der Produktion, Macht und Ohnmacht des Einzelnen darzustellen, wurde sicher nicht erfüllt. Akzeptiert man den Film als Technikmärchen, ist es ein guter Tatort.

[Erstsendung: 26. August 2007, Autor: Thomas]

Polizeiruf 110: Tod eines Fahnders (MDR)

Freitag, 31. August 2007

Thomas hat sich mal wieder für mich zwei Krimifolgen angesehen. Dafür bin ich ihm äußerst dankbar.

Außerdem bin ich auch an zwei Sonntagen im September nicht da und freue mich sehr, wenn jemand etwas über die Tatorte schreibt:

  • 16. September, Tatort (Kiel): Borowski und der Mann am Fenster
  • 23. September, Tatort (München): A gmahde Wiesn

Einfach per E-Mail bei blog@stralau.in-berlin.de melden.

Und jetzt Thomas zum Hallenser Polizeiruf:

Der Zivilfahnder Häfner von der Polizei Halle wird erschossen aufgefunden. Tatverdächtig ist der flüchtige Bankräuber Sakowski, mit dessen Frau Anja der verdeckte Ermittler ein Verhältnis hatte. Sakowski ist mit Hilfe seiner Schwester Karin Gödel über alle Schritte der Polizei im Bilde, er erpreßt 20000 € von seinem Schwager, fängt aber ohne Not eine Schießerei mit Streifenpolizisten an und wird gefaßt. Der Mord kann ihm jedoch nicht nachgewiesen werden. Karin Gödel offenbart ihrer Schwägerin, daß Sakowski ihr vor 15 Jahren eine Niere gespendet hat, was ihre Helferschaft erklärt. Just erscheint Kriminalobermeisterin Pia Hesse, die Verlobte des Toten, und entführt Anja Sakowski. Die Flucht endet mit einem Verkehrsunfall, beide Frauen werden in Gewahrsam genommen. Anja hat die Tatwaffe bei sich, sie hatte Häfner aus enttäuschter Liebe mit dessen Dientwaffe getötet.

Die Geschichte ist langatmig, die Dialoge sind von Wiederholungen geprägt, man wartet auch gerne mal mit den Ermittlern im Vernehmungszimmer auf den Anwalt, es ist nicht mehr als Großstadtrevier und Landarzt garniert mit Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler, die gewohnt witz- und spannungslos zufällig den Fall klären.

[Erstsendung: 19. August 2007, Autor: Thomas]

Helfer gesucht

Mittwoch, 15. August 2007

Ich erinnere noch einmal daran, daß ich an drei Sonntagen keine Zeit habe, mir den aktuellen ARD/ORF-Krimi anzusehen. Deswegen freue ich mich über Menschen, die mithelfen, daß das Archiv vollständig wird und einen Text, ein Musikstück oder ein Makramee-Werk machen wollen. Es handelt sich um folgende Sendungen:

  • 19. August, Polizeiruf 110 (Halle): Tod eines Fahnders
  • 16. September, Tatort (Kiel): Borowski und der Mann am Fenster
  • 23. September, Tatort (München): A gmahde Wiesn

Mitmachen: blog@stralau.in-berlin.de.

Krimi? Mußte selber kucken.

Dienstag, 7. August 2007

Hier nochmal der Hinweis, daß ich für drei Sonntage im August und September noch Leute suche, die sich die Krimis in der ARD ansehen und etwas darüber schreiben oder singen:

  • 19. August, Polizeiruf 110 (Halle): Tod eines Fahnders
  • 16. September, Tatort (Kiel): Borowski und der Mann am Fenster
  • 23. September, Tatort (München): A gmahde Wiesn

Faulheit …

Dienstag, 31. Juli 2007

… ist es nicht, die mich schon wieder einige Krimifolgen verpassen läßt. Eher berufliche und gesellschaftliche Pflichten. Daß ich trotzdem gern ein vollständiges Archiv hätte, mag man albern finden und mir Mut zur Lücke wünschen, zumal bei einem so unwichtigen Thema — und hätte recht damit.

Ich würde mich dennoch freuen, wenn sich Leute fänden, die sich einzelne Folgen von Tatort und Polizeiruf 110 ansehen wollen und hier eine kurze Zusammenfassung schreiben möchten. Es gibt keine inhaltlichen oder formalen Vorgaben — Gedichte, Bilder oder Aufnahmen von Nasenflötenorchestern sind auch gern gesehen, solange sie sich auf den Film beziehen.

Es handelt sich um folgende Termine:

  • 19. August, Polizeiruf 110 (Halle): Tod eines Fahnders
  • 26. August, Tatort (Bremen): Strahlende Zukunft — schon weg
  • 16. September, Tatort (Kiel): Borowski und der Mann am Fenster
  • 23. September, Tatort (München): A gmahde Wiesn

Mitmachen: blog@stralau.in-berlin.de

Immer wieder sonntags? Heute nich.

Sonntag, 29. Juli 2007
  • Danke der Nachfragen, die Erklärung für fehlende Krimis ist einfach: Das Erste macht Sommerpause. Am 19. August gehts weiter: mit der Polizeiruf-Folge „Tod eines Fahnders“ aus Halle.
  • Die wohl berühmteste Tatort-Folge, „Reifezeugnis“, erhält eine Fortsetzung: Neben Nastassja Kinski sind auch Christian Quadflieg und Judy Winter wieder dabei. Regisseur Wolfgang Petersen will allerdings nicht und Kommissar Finke ist schon eine Weile tot.

Tatort: Sterben für die Erben (SWR)

Montag, 9. Juli 2007

Der Hotelbesitzer und Tyrann Karl Grimm (Traugott Buhre) fällt die Treppe herab und ist tot. Seine Kinder kommen ganz nach ihm: sie treffen im Hotel ein und streiten sich um das Erbe. Obwohl diese Szenen manchmal ein klein wenig klamottenhaft übertrieben wirken, ist diese Folge doch ein gutes Kammerspiel geworden: in der verlorenen ganz wunderbar übertrieben Siebziger-Jahre-Ausstattung des heruntergekommenen Hotels treffen sich die schrägen Mitglieder der Familie und beginnen, sich zu zerfleischen.

Währenddessen bekommt Kopper (Andreas Hoppe) eine Glanzrolle als verdeckt ermittelnder Koch mit prima Partnerin (Nikola Kastner), auch wenn es einen ähnlichen Einfall vor kurzem im Münchner Tatort gab. Auch Musik (A-Capella-Stücke passend zur Situation, Ulrich Sinn) und Kamera sind herausragend. Die Auflösung war zwar schon nach ungefähr der Hälfte zu erraten — sie ist jedoch so ungewöhnlich und gleichzeitig zu den Charakteren passend, daß auch das nicht störte. Einzig die Figur der nervigen Praktikantin (Claudia Fritzsche) störte in ihrer Überzeichnung.

[Erstsendung: 1. Juli 2007]