Der Film, der eigentlich kein Dokumentarfilm ist, erzählt vom Leben der Viehzüchter in den armenischen Bergen. Obwohl einige spektakuläre Bilder zu sehen sind, fehlt es ihm an Rhythmus und einer Erzählung, so daß es an einigen Stellen ziemlich lang wird.
Kaukasische Lektionen heißt das Sonderprogramm, das sich in diesem Jahr mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien befaßt. Tender Transitory Transport besteht aus Filmschnipseln aus Georgien, unterlegt mit gesprochenen assoziativen Sätzen auf Englisch, Russisch, Georgisch, Deutsch und Französisch. Der Film strahlt eine eigene Atmosphäre aus, aber umgehauen hat er mich nicht.
Nostalgia de la luz (Nostalghia for the light) (Chile 2010, 90 min.) — Internationales Programm Dokumentarfilm
Die chilenische Atacama-Wüste wurde durch die kürzliche Bergmänner-Rettung bekannt. Sie ist jedoch aufgrund ihrer außerordentlichen Trockenheit beliebt sowohl bei Astronomen, die hier den Beginn der Zeit erforschen, als auch bei Archäologen, die die gut erhaltenen Zeichen in den Felsen deuten, die Nomaden vor tausenden Jahren hinterließen.
Der Film besucht beide Forschergruppen und zeigt in spektakulären Bildern die Schönheit und Unvergänglichkeit der Wüste, der Spuren aus der Vergangenheit und der graziösen langsamen Teleskoptechnik. Schön ist es, die Forscher dabei in ihrem Antrieb und ihrer Leidenschaft zu sehen, den Astronomen, dessen Suche nach dem Urknall letztlich von den religiösen Fragen getrieben wird und den Archäologen, der mit viel Witz und Wärme zwischen seinen Kisten sitzt und die Vergangenheit erklärt.
Eine dritte Gruppe von Menschen sucht in der Wüste: das sind die Ehefrauen, Mütter und Töchter von Männern, die in der Pinochet-Diktatur in der Wüste in Konzentrationslagern gefangen wurden, die ohne Spur verschwanden und deren Leichenteile in der Wüste auftauchen. Diese Suche dieser Frauen, denen man bis heute die Wahrheit vorenthält, ist auch hartnäckig, aber verzweifelt, schmerzhaft, krank.
Seine ganz besondere Stärke hat der Film an den Stellen, wo er die drei Gruppen zusammenbringt, wo der Archäologe beim Identifizieren der Leichen hilft und der Astronom sich die Frage stellt, warum die Gesellschaft großes Verständnis für seine Suche nach der ganz entfernten Vergangenheit hat, den Frauen aber, die nach der jüngsten Vergangenheit suchen, sagt, daß doch irgendwann einmal Schluß sein müsse.
Big Bang Big Boom (Blu, Italien 2010, 9.55 min.) — Internationaler Wettbewerb Animationsfilm
Blus Trickfilme, die er in die Stadt zeichnet, verleiten dazu, sie nur wegen ihrer Technik anzusehen. Die Geschichte dahinter wird dann zweitrangig und wenn man mehr als einen dieser Filme gesehen hat, werden sie ein bißchen austauschbar. Dennoch haben mir viele kleine Ideen in Big Bang Big Boom sehr gut gefallen, besonders der Raketenstart gegen Ende ist ganz großartig.
Zur Eröffnung im Cinestar die üblichen Politikerreden, Knut Elstermanns charmante Moderation und eine weitere bewegende Rede von Claas Danielsen — an diesem Mann ist ein guter Pfarrer verlorengegangen: Pathos schwingt immer in seinen Reden, aber es ist Pathos im besten Sinne — Leidenschaft für die Dinge, die geschehen und von denen die Filme erzählen, Leidenschaft für die Menschen, deren Schicksal wir erleben und Leidenschaft für eine Welt, die veränderbar ist durch die Liebe, mit der wir ihr begegnen.
Die Sonne scheint über Leipzig als wir ankommen, aber das Highlight wird das Verschwinden im Dunkeln sein: heute abend beginnt DOK Leipzig, das 53. Internationale Festival für Dokumentar- und Animationsfilm und wer in dieser Woche Zeit hat, sollte herkommen: eine Woche Filme mir Liebe zum Gegenstand, Filme mit Herzblut, Filme, die die Welt zeigen und ganz anders sind, als das, was man an Dokumentarfilmen normalerweise im Fernsehen zu sehen bekommt.
Das dritte Buch von Max Goldt und Martin Z. Schröder mit dem schönen Titel Nackt in einem Märchenschloß voll wirklich schlechter Menschen hat, wie seine beiden Vorgänger, 32 Seiten, enthält nun noch mehr Buchstaben (Druck komplett vom Bleisatz) und schimmert von außen weder silbrig noch dunkelgrün sondern bordeauxrot, und es ist mit dunkelgrünem Garn in einer Fadenknotenheftung gebunden. Die kurzen luxuriösen Texte, die darin stehen, sind Erstveröffentlichungen.
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Buchdruck vom Bleisatz, mehrfarbig,
Englische Broschur, Fadenknotenheftung mit Umschlag
Einmalige (limitierte) Originalauflage: 2010 Exemplare
32 Seiten
28 Euro
Meine Großmutter sagte mal, sie sei jetzt so alt, daß sie auf niemanden mehr Rücksicht nehmen müsse.
Nach dem Gottesdienst werde ich von einer alten Frau — es gibt da ja zwei Sorten alter Kirchenfrauen: die nüchternen, die ohne viel Aufsehen zu machen Lektoren- und andere Dienste übernehmen, wenn es niemand anderes macht, und diejenigen, die, nun ja, eher schrullig sind — nach dem Gottesdienst werde ich also von einer alten Frau tatsächlich gefragt, ob ich der Vater oder der Großvater des Kindes auf meinem Arm bin. Nach einem kurzen aber heftigen Aussetzer meinerseits frage ich erstaunt zurück, ob ich denn wirklich schon so alt aussehen würde. Sie setzt noch einen drauf: „Nein, aber so stattlich.“
Bei den Wühlarbeiten am Ostkreuz ist einmal wieder eine Bombe gefunden worden. Der Zugang auf die Halbinsel Stralau ist im Moment nur Fußgängern/Farradfahrern möglich.
Nachtrag: Die amerikanische Bombe wurde dann gestern abend vor Ort entschärft.
Aus Johns Sonderschule in Berlin hatte man nach und nach qualifiziertes Personal abgezogen und durch unqualifizierte Betreuer ersetzt, das Ergebnis war eine Katastrophe. Aber so wird das von der Berliner Bildungsverwaltung praktiziert: die Signale stehen auf Integration und Inklusion, und weil kein Geld da ist, werden dazu die Sonderschulen ausgehungert. Zusätzlich traurig nur, dass dann in der Integration noch nicht einmal genug ankommt, aber das ist ein anderes Thema.
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Wenn man die Schulen mit 55-jährigen ehemaligen Reinigungskräften bevölkert, die noch nie mit Autismus oder geistig Behinderten oder schwerstmehrfachbehinderten Kindern zu tun hatten und keine pädagogische Bildung haben, dann wird man eben immer mehr Schulhelfer brauchen, die das Kind für Kind kompensieren.
Frank Rieger hat viel recherchiert und stellt in einem spannenden Text Gedanken darüber an, ob der Trojaner stuxnet eine gezielte Waffe gegen die iranische Nuklearaufbereitung ist und was das bedeutet.
Das Lügenmuseum in Gantikow war ein aus der Zeit gefallenes Kleinod. An einem Novemberabend vor zehn Jahren entdeckten wir die traumhaft-verlorene Höhle mit aus Gerümpel gebauten Schreinen und Maschinen mitten in der unerreichbaren Provinz. Vincent van Goghs Ohr und andere Reliquien, marxistisches Kabinett, Willy Brandts Geburtsstube und am schönsten: Psychedelica Maschinka. Die mechanischen Maschinen leben und machen Geräusche. Nach der Wende entwickelte der Erfurt/Berliner Künstler Reinhard Zabka nach der Wende seine Ideen aus dem Baber Sommeratelier in Gantikow weiter.
Später haben wir — wie andere auch — schöne Seminarwochenenden in Zabkas wunderbar gastfreundlichem Haus über dem Museum mit dem großen Garten abgehalten.
Mich regt hier dieser Umgangston auf. In Amerika sind sie auch schnell, aber sie schauen nach rechts und links. Hier ist nur Geschwindigkeit. Man darf nicht sagen, dass es einem nicht gutgeht.
Dazu ein unglaubliches Bild vom 4. November mit den anderen Rauchern Gysi, Mühe und Müller.
Ein 31-jähriger Mann wurde an der Greifswalder Straße vom Zug mitgeschleift, fiel ins Gleisbett und starb. Das berührt mich, weil ich in dem Zug saß, auch wenn ich von dem Unfall selbst nichts mitbekommen habe.
Soweit ich weiß, ist Greifswalder Straße ist einer der Bahnhöfe, von denen die S-Bahn aus Geiz die Aufsicht abgezogen hat und wo die Abfertigung nun vom Fahrer selbst erledigt wird. Kann das zu diesem Unfall beigetragen haben?
Jan Faktor in der FAZ vom Freitag über seine Reise in das vergessene Konzentrationslager Christianstadt, der größten Munitionsfabrik der Nazis, in der seine Großmutter, Mutter und Tante als Sklavinnen gehalten wurden.
Inzwischen sind wir zu viele hier und brauchen ein zusätzliches Zimmer. Wer eine schöne Wohnung in Stralau mit mindestens drei Zimmern weiß, macht uns eine große Freude, wenn er uns bescheidsagt.
Tausch gegen schöne 2-Zimmer-Altbauwohnung in Stralau möglich.
Die Rohstoffe, die in Handys und Computern stecken, werden nicht selten durch Sklavenarbeit im Osten Kongos gewonnen. Dort sterben monatlich tausende Menschen. Politik und Wirtschaft kapitulieren vor dem Skandal.