Archiv für die Kategorie „Notizen von der Halbinsel“

Die Resozialisierung im Himmel

Sonntag, 29. Januar 2006
Alt Stralau, Fischzug
Alt Stralau, Fischzug (was man mit gutem Auge sonst noch erkennen kann, steht da leider so)

Im Eis

Sonntag, 22. Januar 2006
Der Rummelsburger See, vom Paul-und-Paula-Ufer aus gesehen,  rechts der ehemalige Palmkernölspeicher von Alt-Stralau, links Rummelsburg, im Hintergrunde das Kraftwerk Klingenberg
Der Rummelsburger See, vom Paul-und-Paula-Ufer aus gesehen, rechts der ehemalige Palmkernölspeicher von Alt-Stralau, links Rummelsburg, im Hintergrunde das Kraftwerk Klingenberg

Im Radio …

Sonntag, 22. Januar 2006

… wird in den Verkehrshinweisen auch die Aufhebung von Hindernissen angesagt. Die Sperrung des Weges von Ostkreuz zum Seeufer besteht schon länger nicht mehr. Ich weise nur darauf hin, weil mein Besuch immer noch Umwege machte.

Allerdings ist es im Moment wegen Vereisung nicht ratsam, den Weg mit dem Fahrrad zu benutzen.

Grenzstreitigkeiten

Freitag, 13. Januar 2006

[Lang aber amüsant. Bezug: hier.]

From: Stralau
To: Ordnungsamt Friedrichshain
Subject: Wegsperrung unzureichend beschildert
Date: 15. Dezember 2005

Sehr geehrte Frau A,

der Weg von der Hauptstraße am Sportplatz entlang bis zum Abzweig Paul-und-Paula-Ufer (markiert hier) ist der kürzeste Weg für Stralauer, um vom Bahnhof Ostkreuz nach Hause zu kommen.

Wie ich gestern feststellen mußte, befindet sich jedoch momentan inmitten des Weges ein Hindernis in Form eines Loches und eines Sandhaufens, eingezäunt.

Mein Anliegen: Die Beschilderung ist etwas seltsam: “Betriebsgelände. Betreten Verboten” paßt nicht so recht zu einem öffentlichen Weg. Vor allem aber fehlt der wirklich wichtige Hinweis am Bahnhof Ostkreuz. Der Umweg nach Stralau über die Kynaststraße ist so schon mühsam genug (zusätzliche Treppen), da möchte man nicht noch vergeblich gehen.

Außerdem wird der Umweg für Ortsfremde, denen der Original-Weg beschrieben wurde, kaum zu finden sein.

Ich bitte Sie, durch vernünftige Beschilderung Abhilfe zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen
Stralau

From: Ordnungsamt Friedrichshain
To: Stralau
Subject: Wegsperrung – Ihre Mail vom 15.12.2005
Date: 20. Dezember 2005

Sehr geehrter Stralau,

der von Ihnen beschriebene Bereich – Hauptstraße, Sportplatz und Paul – und – Paula – Ufer gehört nicht mehr in den Verwaltungsbereich des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin, sondern schon zum Bezirk Lichtenberg.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

B

From: Stralau
To: Bezirksamt Lichtenberg, Abt. Stadtentwicklung
Subject: Wegsperrung unzureichend beschildert
Date: 20. Dezember 2005

Sehr geehrter Herr C,

[Text wie oben ans BA Fhain]

Ich bitte Sie, durch vernünftige Beschilderung Abhilfe zu schaffen sowie mir mitzuteilen, wie lange die Baustelle bestehen bleibt.

Mit freundlichen Grüßen
Stralau

From: Bezirksamt Lichtenberg, Abt. Stadtentwicklung
To: Stralau
Subject: AW: Wegsperrung unzureichend beschildert
Date: 13. Januar 2006

Sehr geehrter Stralau,

nach Prüfung der Angelegenheit, hat unser Vermessungsamt
bestätigt, dass dieser Weg im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
liegt.
Ich leite Ihr Schreiben an das Tiefbauamt per Post weiter, da
eine E-Mail Adresse mir nicht vorliegt.

Mit freundlichen Grüßen
C

From: Stralau
To: Bezirksamt Lichtenberg, Abt. Stadtentwicklung
Subject: Re: AW: Wegsperrung unzureichend beschildert
Date: 13. Januar 2006

Sehr geehrter Herr C,

Sie schreiben:
> nach Prüfung der Angelegenheit, hat unser Vermessungsamt
> bestätigt, dass dieser Weg im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
> liegt.
> Ich leite Ihr Schreiben an das Tiefbauamt per Post weiter, da
> eine E-Mail Adresse mir nicht vorliegt.

Dies ist aus zwei Gründen nicht nötig: Erstens hatte ich ja zunächst an das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg geschrieben, die mich nach Lichtenberg weiterverwiesen und zweitens ist die Sperrung inzwischen aufgehoben.

Sicher wäre es aber sinnvoll, irgendwann einmal die Zuständigkeit für den Weg zu klären. Bitte halten Sie mich auf dem laufenden!

Die E-Mail-Adresse des Amtes für Tiefbau in Friedrichshain-Kreuzberg ist im übrigen […]@ba-fk.verwalt-berlin.de.

Mit freundlichen Grüßen
Stralau

From: Bezirksamt Lichtenberg, Abt. Stadtentwicklung
To: Stralau
Subject: AW: AW: Wegsperrung unzureichend beschildert
Date: 13. Januar 2006

Ich danke Ihnen für den Hinweis und werde das Vermessungsamt
beauftragen den Grenzverlauf mit Friedrichshain zu klären.

Mit freundlichen Grüßen
C

Fußweg vom Ostkreuz gesperrt

Donnerstag, 15. Dezember 2005

Genervt: Der Fußweg vom Bahnhof Ostkreuz zum See ist plötzlich mittendrin abgesperrt und zwar so, daß man zumindest mit dem Fahrrad auch nicht seitlich an den Sandhaufen vorbeikommt. „Das Betreten des Betriebsgeländes ist verboten“. Betriebsgelände? Auf dem Weg?

Jedenfalls söllte das jemand schon mal am Bahnhof ausschildern, damit man sich schon von dort auf den nicht ganz kurzen Umweg über die Kynaststraße (der zudem mit Treppensteigen verbunden ist) oder den noch viel längeren über den Markgrafendamm macht.

Brücken(ii): Ringbahnbrücke Oberspree

Dienstag, 29. November 2005

Klicken macht groß:

Ringbahnbrücke Oberspree
Ringbahnbrücke Oberspree, auch hier
Ringbahnbrücke Oberspree
Im Hintergrund Oberbaumbrücke, Fernsehturm und Osthafen

Und wieder einer weg

Sonntag, 27. November 2005

Lokales: Der Lidl auf der anderen Seite des Sees hat dichtgemacht. Zu wenig Kunden, also scheint es auch dort Vermietungsprobleme zu geben. Die komische Bäckerei 2000 (Alt-Stralau/Krachtstraße) wirkt auch immer verranzter und unglücklicher. Gegen eine Schließung hätte ich nichts einzuwenden, schade aber, daß sie vorher die Bäckerei in der Markgrafenstraße und den alten Imbiß gegenüber kaputtgemacht haben.

Dem benachbarten Gemüseladen, der sich sehr um seine Stammkundschaft bemüht und eine starke Bindung zur Halbinsel aufgebaut hat, scheint es immer besser zu gehen. Das Angebot wurde nach und nach erweitert und mit dem Ende von Lidl stehen solche traditionellen Läden noch besser da.

Und es wird immer klarer, daß das hier nicht die Traumlage ist, die die Wasserstadt GmbH den Bauherren verspricht. Trotzdem die Gewerbeflächen ein Jahr lang mietfrei sind, wurde kaum Gastronomie oder Einzelhandel gefunden. Man kann hier gut leben, wenn man wirklich hierher will. Wenn man im Winter am Eis und im Sommer am Wasser leben möchte. Wenn man bereit ist, weitere Wege zu gehen. Wenn man sich Zeit nimmt. Aber die Infrastruktur ist nicht vergleichbar mit anderen Gegenden.

Dann wäre da übrinx noch die Stelle des lokalen Internet-Ausrufers frei. Das mit den Trommeln hat sich nicht so bewährt und die Breitbandanbindung läßt wohl immer noch auf sich warten.

Sur-Real

Sonnabend, 19. November 2005

Tata! Es gibt mal wieder einen Gastautoren: Felix war einkaufen. Danke für den Text!

Sur-Real

Real: Die Kassiererin zieht die Waren des Kunden vor mir über den Scanner, stoppt und hält einen Artikel in die Höhe. Der fragende Ruf ist an die Verkäuferin in der Nachbarkabine gerichtet. Vertraute Supermarkt-Dramaturgie. Eine dritte Kassiererin schaltet sich ein, noch bevor die Angerufene zu Wort kommt: „Den gibt’s umsonst.“ Für knappe zwei Sekunden ist der Fluß gestoppt, hängt die Ware in der Luft. Dann hat die Kassiererin den Witz begriffen, auch der wartende Kunde beginnt zu grinsen. Für einen kurzen Moment die Gesetze des Marktes außer Kraft setzen und einen Artikel zu verschenken anstatt ihn zu verkaufen — welche Möglichkeit.

Es muß der belastenden Tätigkeit geschuldet sein, dem Zustand eintöniger, ohne Zeitverlust auszuführender Handlungen im Bewusstsein direkter und permanenter Beobachtung durch die Schlange der wartenden Kunden hinter der Kasse, der bei den Kassiererinnen zu diesem seltsamen Blick führt. Achten Sie mal drauf! Da werden die Waren im Takt über den Scanner geschleift, auch Unregelmäßigkeiten wie vergessene Etiketten auf Gemüsetüten werden in Blitzeseile bearbeitet, und dann hält man als konditionierter Kunde den Geldschein hin — und er wird nicht entgegengenommen. Er wird nicht bemerkt. Den Kopf in den Verkaufsraum gewendet, der Blick blicklos. Erschöpfung, Melancholie, Leere. Drei Sekunden Pause pro Kunde. Drei Sekunden Gleichgültigkeit gegenüber dem Geld.

Real, vor einem Jahr: Mal wieder wartend an der Kasse. Das akustische Werbeprogramm wird von ein paar Takten klassischer Musik unterbrochen. Die darauffolgende Ansage verpasse ich und registriere erst danach, daß alle Kassen stehen. Jetzt bin ich gespannt. Der Grund ist meistens ein Kassierfehler und die betroffene Kassiererin ist gezwungen, auf die Vorgesetzte mit dem Kassenschlüssel zu warten. Wie wird sie reagieren, wenn nun alle Kassen gleichzeitig auf sie warten — und mit ihnen die Kunden? Aber niemand kommt. Der Kunde vor mir hält seinen Geldschein der Kassiererin hin, aber sie nimmt ihn nicht entgegen und so schwebt er eine Weile lang fragend in der Luft. Mein Gehirn rekonstruiert währenddessen die Lautsprecheransage. Tsunamiopfer, Gedenken. Ich ahne, was hier los ist und im ersten Moment bin ich etwas entsetzt. Eine Gedenkminute bei Real? Ich will hier nur einkaufen und danach nichts wie raus. Aber dann genieße ich diesen langen seltsamen Moment. Alle stehen da und wissen nicht, was mit sich anfangen in dieser aufgezwungenen Pause. Nur die Kassiererinnen halten sich ganz meisterhaft und blicken geradeaus — konzentriert und freundlich. Als hätten sie vorher eine Schulung erhalten. Sur-Real.

(© Felix)

Evangelischerseits …

Sonnabend, 12. November 2005

… gehört Alt-Stralau zur Fusionsgemeinde Boxhagen-Stralau. Diese entstand 1998 aus den Gemeinden

  • Offenbarung (kleine Kirche in der Simplonstraße aus Holz und Trümmersteinen, 1949 geweiht, heute Hauptpredigtstätte der Fusionsgemeinde),
  • Verheißung (nach dem Krieg entstanden, mit wechselnden provisorischen Kirchenräumen) und
  • Zwingli-Stralau (Zwinglikirche am Rudolfplatz — prachtvoller Gründerzeitbau, geweiht 1908, nicht mehr in Benutzung und Dorfkirche Alt-Stralau, Gottesdienst einmal im Monat).

Momentan versieht Pfarrer Schuppan den Predigtdienst in der Offenbarungskirche und in Alt-Stralau. Seit erstem November arbeitet zusätzlich Margarete Trende auf einer halben Stelle. Morgen findet der Einführungsgottesdienst statt: 10 Uhr in der Offenbarungskirche in der Simplonstraße.

Die Stralauer Dorfkirche, geweiht 1464 gehört zu den ältesten Berliner Kirchen, eine Besichtigung (verbunden mit einem Inselspaziergang) lohnt sich. Der Turm wurde regelmäßig durch Feuer, Blitzschlag, Orkane und Bombentreffer zerstört. 1932 neigte er sich um 5cm, die Neigung ist heute noch gut zu sehen.

Der Stralauer Friedhof am Fluß: Schöner Sterben am Wasser.

Der Stralauer Tunnel (i) und Empfehlung zum Wochenende

Sonnabend, 5. November 2005

Der Stralauer Tunnel wurde 1895-1899 anläßlich der Treptower Gewerbeausstellung 1896 gebaut. Er sollte die ziemlich große und bedeutende Ausstellung an das Straßenbahnnetz anbinden. Gleichzeitig diente er damit als Probe für die spätere Untergrundbahn, er führte von Treptow unter der Spree hindurch nach Alt-Stralau.

Auf diesem Plan zur Weltausstellung ist der Tunnel im Bau eingezeichnet. Des weiteren: die Abteiinsel (auch: Insel der Jugend) damals Neu-Spreeland (Rohrinsel), noch ohne Brücke. Der Plan stammt von den sehr vorzüglichen Seiten von Mirko Tamkus, der 27 Berliner Stadtpläne von 1738 bis 1989 eingescannt hat und online zur Verfügung stellt.

Polizei setzt wieder Leute aus

Sonnabend, 5. November 2005

Eben hier auf der Halbinsel von einem leicht derangierten Mann angesprochen worden, er sei von der Polizei hier ausgesetzt worden, ob ich nicht ein Auto hätte. Habe ich nicht, habe ihm den Weg zum S-Bahnhof gezeigt.

Das gab es mal in den Neunzigern, daß Obdachlose am Stadtrand ausgesetzt wurden. Nun liegt Stralau nicht am Stadtrand, aber schikanös finde ich das schon. Was ist der Zweck?

Stadtgespräche

Dienstag, 25. Oktober 2005

Blick über die Spree vom Karl-Marx-Denkmal in Alt-Stralau zum Treptower Park

Tobias, zum Studieren in die Stadt gekommen, doch ziemlich schnell von viel aufregenderen Dingen in Beschlag genommen, saß am Flußufer und beeindruckte ein paar Mädchen. Das machte er gerne. Zwar knabberte er noch am Ende seiner letzten Beziehung, doch war er schon fast nicht mehr wütend auf die blöde Schlampe, die ihn ein verantwortungsloses Weichei geschimpft hatte, das endlich sein Leben selbst in die Hand nehmen solle.

Der Rentner Horst K. ging wie jeden Morgen am Flußufer spazieren. Seit Konnis Tod war er auf seinen Spaziergängen allein. Er sah sie, bevor sie ihn sehen konnten. Sie saßen mitten auf dem Gehweg, ein Hund sprang um sie herum. Horst K., durchaus umgänglich, war nicht derjenige, der Konflikten auswich.

“Nehm die Töle da wech!”
“Nimm.”
“Hä?”
“Das heißt ‘Nimm’.”
“Ick ramm da glei’ dein Hippie-Rohr1 inne Fresse!”
“Ach leck mich doch, Alter.”

Und trotz seiner 72 Jahre machte Horst K. seine Ankündigung wahr. Zufrieden lächelnd ging er weiter, die Schmerzensschreie ignorierend.

The day that music died.

1Hippie-Rohr: Australisches Blasinstrument mit zehn Buchstaben, © s.

Herbst

Sonntag, 23. Oktober 2005

Die Möwen sind zurück und balgen sich gemeinsam mit Schwänen, Enten und Bleßhühnern um die von Spaziergängern geworfenen Brotkrumen. Bevor ich ans Wasser zog, wußte ich das nicht: daß die Möwen nur den Winter über in der Stadt verbringen. Vermutlich ziehen sie im Sommer ans Meer. Quasi Kurzstrecken-Zugvögel. Oder Kurzzug-Vögel.

Wohnst du noch oder stirbst du schon — Schöner wohnen in Alt-Stralau mit der Wasserstadt GmbH

Montag, 17. Oktober 2005

Es wird wieder gebaut.

Das Land Berlin hatte nach der Wende hochfliegende Pläne, an den Ufern von Spree und Havel viele Wohnungen zu bauen. Zu diesem Zweck wurde die Wasserstadt GmbH gegründet, die ziemlich viel Geld in den Sand setzte und auf Grund des zusammenbrechenden Wohnungsmarktes umso weniger einnahm. Wie so häufig, verführen privatwirtschaftliche Konstruktionen in öffentlicher Hand zu Geldverschwendung.

Die Folge ist, daß Stralau und die Rummelsburger Bucht mit einer ziemlich protzigen, langweiligen und unpraktischen Architektur zugepflastert wurden. Die Vermietung ging sehr schleppend voran, viele Projekte (Ausbau des Palmölspeichers zu Lofts, Floating Homes) sind bis heute nicht verwirklicht. Und die Infrastruktur läßt zu wünschen übrig: einen Supermarkt gibt es bis heute nicht in Stralau und gastronomische Einrichtungen, naja, schweigen wir darüber.

Auf der anderen Seite muß man anerkennen, daß das viele öffentliche Geld zu, nun ja, vielleicht etwas überdimensionierten, aber ziemlich schicken Parks, Schuleinrichtung und Sportplätzen geführt hat.

Auf Grund des hohen Defizits (mindestens 680 Mio. € in den fünf Berliner Entwicklungsgebieten) steigt das Land noch in diesem Jahr aus. Die Wassserstadt GmbH wird aufgelöst. Das ist auch besser so, denn die weiterhin gigantischen Pläne hören sich etwas furchterregend an, sowohl für die öffentlichen Kassen als auch für die Uferlandschaft, die heute in vielen Teilen noch eine romantische Wildheit ausstrahlt, eine Wildheit, die aber in Planerhirne nicht so richtig hineinzupassen scheint. Zum Glück gibt es noch keine Investoren. Und nach der Auflösung der Wasserstadt GmbH Ende 2006 wird der Markt hoffentlich dafür sorgen, daß hier erstmal Ruhe ist.

Aber kurz vor Schluß wird noch einmal versucht, wenigstens einen Teil zu Geld zu machen: Bis heute gab es eine Ausstellung in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, in der verschiedene Grundstücke in Spandau und Alt-Stralau angeboten wurden (die Ausstellung zieht jetzt nach Spandau weiter). Die künftigen Eigentümer können zwischen verschiedenen Entwürfen wählen, das sind dann jeweils mehrstöckige Reihenhäuser zum Preis von 280 000 € bis 350 000 €. (Kann mir jemand sagen, ob das teuer oder billig ist? Ich habe keine Ahnung).

Die Grundstücke kann man auf dieser Karte sehen: Zwischen Kracht- und Bootsbauerstraße ist eine unbezeichnete Straße eingezeichnet (die gibt es momentan auch gar nicht). Bebaut wird die Ecke westlich dieser Straße und nördlich der Bahrfeldtstraße, das Grundstück, das sich östlich des Eckgrundstücks Bahrfeldtstr./Alt Stralau befindet sowie Friedrich-Junge-Str./Alt Stralau, Nordwestecke.

Die Grundstücke sind mit ca. 160 m2 vergleichsweise mickrig. Und der auf einigen Fotos in der Ausstellung zu sehende Wasserblick ist auf den zu bebauenden Grundstücken auch nicht vorhanden.

Am ärgerlichsten jedoch ist, daß fast alles, was in Stralau nach der Wende gebaut wurde so eine biedere Protzhaltung ausstrahlt. Alles ziemlich phantasielos. Und auch die jetzt vorgestellten Entwürfe unterscheiden sich kaum von dem, was schon steht. Da ist einfach zuviel sorglos ausgegebenes Geld im Spiel.

[Disclaimer: Der Autor lebt in einem Stralauer Altbau, dessen Garten an eines der Baugrundstücke grenzt und ist auch sonst heute ein wenig arrogant und misanthropisch.]

[Und, meine Damen und Herren Kulturschaffende: Es gibt großartige leerstehende Industriegebäude: z.B. das alte Glaswerk oder die Brauerei. Kann das nicht mal jemand besetzen und Kunst oder Musik drin machen? Schön ist z.B., was Unkul in der alten Teppichweberei veranstaltet.]

Und am Abend …

Sonnabend, 8. Oktober 2005

… fließt der breite Fluß an den Gräbern vorbei wie vor hundert Jahren. Karl Marx erhebt den Zeigefinger und die Fischer lauschen andächtig. Bleßhühner balgen sich (die können ziemlich brutal sein, obzwar klein und schwarz). Später dann sind die Flügelschläge der Schwäne über dem Garten zu hören, die vom Fluß zum See wechseln.

Ein Loch wird kommen

Freitag, 23. September 2005

Gestern früh1 falle ich beim Verlassen des Hauses fast in ein Loch. Mein Blick wandert vom Loch ein schwarzes Kabel entlang — es wird doch nicht, das kann doch nicht wahr sein — zu einem Kleinbus mit drei frühstückenden Arbeitern. Folgender Dialog entspinnt sich:

Arbeiter: „Jutn Morng heißtit“
Ich: „Morng, ick weeß, hab nur kurz das Kabel bewundert. Worum jehts?“
Arbeiter: „Watt denknse denn?“
Ich: „Nee, dit kannick nich glohm.“
Er: „Doch, irnkwann im nächsten Jahrtausend kriengse DSL.“

Heißa! Mal davon abgesehen, daß es völlig sinnlos ist, erst die Kupferkabel rauszureißen, dann Glasfaserkabel zu verlegen, die theoretisch wesentlich höhere Geschwindigkeiten als DSL zuließen, diese nur mit ISDN zu betreiben, um schließlich höhere Geschwindigkeiten dadurch zu erreichen, daß wieder Kupfer verlegt wird. Wir hams ja. Also davon mal abgesehen kann man mir hoffentlich demnächst 12MB-Dateien ohne Vorwarnung schicken.

Heißa! Stralau wird schnell!

Fußnoten:
1In meiner Kindheit sagte niemand „gestern morgen“, es hieß immer nur „gestern früh“, auch wenn um 11 gemeint war. Es sagte auch niemand 11 Uhr, immer nur um 11. Das kleine s sagts genau andersrum. Da ich quasi mehrsprachig aufgewachsen bin, weiß ich nicht, ob diese Zeitformen eher sächsisch, berlinerisch oder ganz allgemein ostdeutsch sind.

Ein Wind kommt auf

Montag, 19. September 2005

Kalte Luft und der Geruch von Kohleöfen in der Nase. Auch wenn keine Kohle mehr verheizt wird, diese Verbindung ist für immer gespeichert. Ostkreuz, das dunkle, leuchtende Ungetüm liegt fauchend in der Nacht und sieht genauso aus wie vor 30 Jahren. Ein Fixpunkt in einer Stadt, die nicht mehr stillsteht. Über den Häusern auf der anderen Seite des Sees der gelbe Mond.

Komm in mein Boot.

Happy House

die guruhs sind tot die guruhs sind tot
wir glauben an nichts wir glauben an nichts mehr
die zeit rennt schneller als manche es hoffen
wir freuen uns diebisch sind nur noch besoffen
wir tanzen wir tanzen

[Sandow, Der 13. Ton]