Archiv für die Kategorie „Am Bahndamm“

Am Bahndamm, Teil 6 und Schluß

Freitag, 15. September 2006

[Einleitung]
[Teil 1]
[Teil 2]
[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]

Schöneberger Südgelände: Birken auf dem Gleis

Wir müssen nun das Monster Papestraße Südkreuz und die Stadtautobahn überqueren und gelangen, östlich der Anhalter und südlich der Ringbahn auf das Schöneberger Südgelände. In Teil 2 ist die Geschichte des Geländes beschrieben.

Schöneberger Südgelände: Weiche

Nach all den Planungswirrungen kann man hier sehen, was behutsame bürgernahe Planung bewirken kann. Der Park, nachdem er der Verwaltung in jahrelangem Kampf abgerungen wurde, war eines der wichtigsten Expo-Projekte von Berlin. Auf Stegen, die wunderbarerweise den alten Gleispfaden folgen, wird man durch ein ansonsten nicht zu betrendes Naturschutzgebiet geleitet.

Schöneberger Südgelände: Gleise

Für Botaniker interessant ist, wie sich hier die Natur einen Lebensraum zurückerobert und gleichzeitig verschiedenste Arten aus ganz Europa um einen Lebensraum ringen. (Habe ich gerade wirklich Lebensraum ringen geschrieben? Diese alten Dokumente machen mich ganz wuschig!).

Schöneberger Südgelände: Das Monster

Und dazwischen! Mehr als 20 parallel verlaufende Gleise, Weichen, alte Gebäude, Fahrzeuge, eine Drehscheibe. Das ist alles so groß!

Die Wanderung endet am S-Bahnhof Priesterweg, von wo die Heimreise angetreten werden kann.

Schöneberger Südgelände: Brücken
Und am Ende geht es wieder mit Brücken weiter

Am Bahndamm, Teil 5

Donnerstag, 14. September 2006

[Einleitung]
[Teil 1]
[Teil 2]
[Teil 3]
[Teil 4]

Die Kutscher haben an den Endstellen darauf zu achten, daß die Pferde nicht die Perons der vor ihnen stehenden Wagen benagen
Nagen nicht erlaubt!

Der südliche Teil verbreitert sich zum Ende hin, verliert an Niveau und wird zu einem Birkenhain. Am Rande das Anschlußgleis des Technikmuseums. Nachdem wir die Monumentenbrücke unterquert haben, findet sich linkerhand die Monumentenhalle, in der das Technikmuseum alte S-, U- und Straßenbahnwagen sowie Busse lagert. Wie es der Zufall will, ist gerade Tag der offenen Tür (auch noch an den Sonntagen 17. und 24. September).

U- und S-Bahn
Links U, rechts S

Von der Halle aus gehen wir durch die Eylauer Straße und überqueren die Anhalter Bahn über die Kolonnenbrücke (Dudenstraße). Von der Brücke aus hat man nach Norden hin einen schönen Blick über das eben durchwanderte Bahngelände bis zum Potsdamer Platz.

Auf der anderen Seite erreichen wir die sogenannte Rote Insel, auch Sedanviertel oder Schöneberger Insel genannt. Dieser Teil Schönebergs ist zu allen Seiten durch Bahnlinien begrenzt. Wunderbar verschlafen fühlt man sich hier ganz weit entfernt von den Aufgeregtheiten, die in Mitte oder Kreuzberg herrschen mögen. Es ist wieder Zeit, in ein kleines Café einzukehren.

Straßenbahn
Straßenbahn
Bahnsteig Kolonnenstraße
Bahnsteig Kolonnenstraße

Wir folgen der Dudenstraße bis zur Julius-Leber-Brücke. Von dieser kann man in Richtung Süden an der Wannseebahn ein weiteres Stück Bahngeschichte sehen: den Bahnsteig Kolonnenstraße.

Spitzkehre mit Kolonnenstraße
Spitzkehre mit Kolonnenstraße

Bis zur Zerstörung 1944 fuhr die Ringbahn nicht wie heute im Vollring, sondern eine Spitzkehre vom Bahnhof Schöneberg zum Potsdamer Ringbahnhof am Potsdamer Platz und zurück nach Papestraße (neuerdings Südkreuz). Der Bahnhof Kolonnenstraße in der Spitzkehre wurde im Kriege zerstört und danach bis auf den Bahnsteig abgetragen. Demnächst soll der Bahnhof, jetzt an der Wannseebahn, neugebaut werden.

Auch der Wiederaufbau der Ringbahn war verbunden mit politischen Querelen und aktiver Bürgereinmischung im alten West-Berlin. Wer sich näher für die Geschichte der Ringbahn und auch des Bahngewirrs in dieser Gegend interessiert, dem sei ein Klassiker empfohlen: Strecke ohne Ende, erschienen im GVE-Verlag.

Wir wenden uns von der Brücke wieder zurück und gehen die Cheruskerstraße Richtung Süden. Nach kurzer Zeit treffen wir auf einen kleinen Park. Auch in diesem Park läßt sich der ehemalige Gleisverlauf der zur Spitzkehre gehörenden sogenannten „Cheruskerkurve“ gut erkennen: die Wege verlaufen auf dem ehemaligen Gleisbett. Daneben das Wahrzeichen der Schöneberger Insel: der Gasometer.

[Teil 6]

Am Bahndamm, Teil 4

Mittwoch, 13. September 2006

[Übersicht]
[Teil 1]
[Teil 2]
[Teil 3]

Wir befinden uns nun auf dem nördlichen Teil des ehemaligen Güterbahnhofes der Berlin-Anhalter Bahn. Viele parallel führende Gleise, Weichen, Bahnanlagen. Darüber Birken, Eschen und allerlei Kraut. Auch ein altes Stellwerk ist noch zu sehen.

Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof

Nach einer Weile erreichen wir ein Industriedenkmal besonderer Art: Der Güterbahnhof erstreckte sich zu beiden Seiten der Yorckstraße. Diese wird daher von ungefähr 30 Brücken überspannt. Die meisten der Yorckbrücken sind seit über 50 Jahren unbenutzt, stehen aber wegen des Reichsbahnstatus noch. Sie stehen unter Denkmalschutz und sollen im geplanten Gleisdreieckpark eine wichtige Rolle spielen, die Bahn würde jedoch gern abreißen.

Yorckbrücken, Detail
Yorck-Brücken, Detail

Über die Brücke erreichen wir den südlichen Teil des Anhalter Güterbahnhofes:

Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof

Die AG Gleisdreieck, ein Zusammenschluß verschiedener Bürgerinitiativen setzt sich seit Jahren für eine Parkgestaltung auf dem Gelände ein. Diese soll nun endlich Wirklichkeit werden.

[Teil 5]
[Teil 6]

Am Bahndamm, Teil 3

Dienstag, 12. September 2006

[Übersicht]
[Teil 1]
[Teil 2]

Heute gehts los: Die gesamte Wanderung dauert ungefähr fünf Stunden, darin eingeschlossen ist die Besichtigung der Monumentenhalle und ungefähr zweimal Einkehren. Wandern in der Stadt hat ja auch den großen Vorteil, daß man quasi jederzeit in ein Lokal fallen kann.

Wir beginnen am S-Bahnhof Potsdamer Platz und gehen die Stresemannstraße in Richtung Süden. Auf der Straße ist der Mauerverlauf gut erkennbar. Links Preußischer Landtag und Gropius-Bau, rechts war mal A-Z, das Elektronik-Dorado für Ossis. An der Ecke Schöneberger Straße besuchen wir das Café Stresemann, ein schönes Beispiel westberliner Café-Kultur, wo im Unterschied zu Friedrichshain, Mitte, Prenzlauer Berg eine angenehme Unaufgeregtheit herrscht. Man wird hier nicht von Studenten bedient, sondern von richtigen Kellnern.

Der Anhalter Bahnhof, 1841 eingeweiht und 1880 durch einen prachtvollen Neubau von Franz Schwechten und Heinrich Seidel ersetzt, gehörte zu der ganzen Reihe an Kopfbahnhöfen, von denen aus vor dem Kriege der Berliner Eisenbahnverkehr abgewickelt wurde: Lehrter Bahnhof, Potsdamer Bahnhof, Stettiner Bahnhof (später Nordbahnhof), Schlesischer Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Görlitzer Bahnhof. Von beiden Seiten gab es nach dem Krieg kein Interesse mehr an diesem eigentlich recht leistungsfähigen System: Die West-Berliner Seite setzte aufs Auto, die DDR hatte kein Interesse an einem freien Verkehr in ganz Berlin und wollte den Fernverkehr stattdessen im Osten bündeln.

So wurde 1952 der Fernverkehr am Anhalter Bahnhof eingestellt. Seitdem halten nur noch S-Bahn-Züge auf den unterirdischen Bahnsteigen. Der S-Bahn-Tunnel, 1936 eröffnet, wurde in den letzten Tagen des Krieges durch Sprengung geflutet. Aber das ist eine andere Geschichte. Den oberirdischen Bahnhof hat man 1960 abgerissen, nach Bürgerprotesten blieb immerhin der Portikus stehen.

Dahinter, wo bis in die Neunziger Jahre Gleise und Bahnsteige unter wuchernder Vegetation lagen, steht jetzt der Neubau des Tempodroms. Es erübrigt sich fast, zu erwähnen, daß auch dieses Bauvorhaben skandalträchtig war.

Hinter dem Tempodrom treffen wir das erste Mal auf alte Gleisanlagen und Bahnsteige, von struppigem Bewuchs bedeckt. Zwischen den riesigen überwucherten Bahnanlagen spielen Kinder. Von hier fuhren einst Züge nach Halle, Leipzig, Frankfurt, München, ja bis Wien, Neapel und Athen.

Wir überqueren die Fußgängerbrücke über die Straße und den Landwehrkanal, die da jetzt an Stelle einer der vielen Eisenbahnbrücken steht und erreichen das Gelände des Technikmuseums. Links am Hauptgebäude vorbei kreuzen wir das Gleis der Anschlußbahn und gelangen zum zukünftigen Gleisdreieckpark. Der Wachschutz läßt uns auf freundliche Bitte hin passieren.

[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

Am Bahndamm, Teil 2

Montag, 11. September 2006

[Eine kleine Reihe, die eine Wanderung durch die Stadt beschreibt, läuft hier noch bis Freitag. Heute hier der zweite Teil der Einleitung, morgen wandern wir dann los.]

[Übersicht]
[Teil 1]

Die Teilung der Stadt wurde ergänzt durch Größenwahnpläne. Die Architekten der Reichshauptstadt Germania planten inzwischen für den West-Berliner Senat. Größenwahn bedeutete in West-Berlin vor allem autogerechte Planung. Ein Stadtring sollte entstehen mit Nord-, Süd-, Ost- und Westtangente (die eigentlich eher Sekanten gewesen wären). Daß diese Planung schon an der weltpolitischen Lage scheitern mußte, hätte den Planern klar sein müssen, störte sie aber wenig. Ihren Teil wollten sie in jedem Falle bauen. Und so entstand der westliche Autobahnstadtring parallel zur Ringbahn (die ja gleichzeitig boykottiert werden sollte).

Die Westtangente jedoch wurde zum ewigen Zankapfel. Das Planungsverfahren war jahrelang von den üblichen Berliner Skandalen begleitet. Zusätzlich jedoch sollte sie über Bahngelände führen: der Güterbahnhof der Berlin-Potsdamer Bahn mußte weichen. Des weiteren sollte auf dem Güterbahnhof der Anhalter Bahn am Gleisdreieck das Museum für Verkehr und Technik entstehen. Für beides mußten aufgrund der erwähnten Umstände Verhandlungen mit Alliierten und Reichsbahn geführt werden.

Letztere sollte als Ausgleich einen riesigen modernen Güterbahnhof auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofes Tempelhof der Anhalter Bahn gebaut bekommen. Der alte Rangierbahnhof auf dem Südgelände, 1889 eingeweiht, in den 20ern stark erweitert, war seit 1952 nicht mehr in Betrieb.

Diese Planungen scheiterten sowohl am Dilletantismus der Planer, die schon vor Ende des Verfahrens mit Bauen beginnen wollten als auch am unermüdlichen Protest von Bürgerinitiativen, die sich sowohl gegen die Westtangente als auch gegen den Bahnhof wandten. Die BI Westtangente ist mit ihrem inzwischen über dreißigjährigen Eintreten für eine bürgerfreundliche Stadtplanung legendär. Allerdings wurde im vermeintlich boomenden Berlin der 90er Jahre weniger Rücksicht auf die Bürger genommen: der Innenstadtteil der Westtangente ist in Form des Tiergartentunnels inzwischen Realität.

Aber nicht nur das Südgelände, auch der Rangierbahnhof der Anhalter Bahn sind noch immer in einem verwunschenen Zustand.

[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

Am Bahndamm, Teil 1

Freitag, 8. September 2006

[siehe Einleitung]

Die größenwahnsinnigen Bahnbauten der Neunziger lassen vergessen, daß die Bahnsituation in Berlin vor nicht allzu langer Zeit ziemlich absurd war.

Am bekanntesten sind noch die Geisterbahnhöfe, auf denen S- und U-Bahnlinien ohne Halt von West durch Ost nach West fuhren sowie Friedrichstraße, exterritorialer Umsteigepunkt für Westberliner, die hier auf ost-berliner Gebiet zwischen zwei (West-) S-, einer U-Bahnlinie und der Fernbahn ohne Grenzkontrolle wechseln konnten. Ein weiterer Bahnsteig wurde, durch eine Stahlwand abgetrennt, für Ost-Berliner zum Ende der Stadtbahn.

Nachkriegslogo der Deutschen Reichsbahn

Im Potsdamer Abkommen von 1945 war festgelegt, daß die Eisenbahn in ganz Berlin von der Deutschen Reichsbahn betrieben wird. Deren Verwaltung lag in Ost-Berlin. Diese Tatsache hatte unter anderem den vom DGB initiierten S-Bahn-Boykott zur Folge: “Der S-Bahn-Fahrer zahlt den Stacheldraht”. Im Zuge des Boykotts wurden Autobahnbusse eingerichtet, die parallel fuhren. Auf westberliner Gebiet wurden alle Hinweise auf die S-Bahn außerhalb der Bahnhöfe entfernt. Auch die BVG druckte die S-Bahn in ihren Plänen nicht ab. So gab es denn neben den Geisterbahnhöfen im Osten ein Geisterverkehrsmittel im Westen, das mit leeren Wagen, die in den zwanziger Jahren gebaut wurden, auf maroden Strecken fuhr. Bürgerinitiativen, die mit aufkommendem Ökologie-Bewußtsein eine Renaissance der S-Bahn einforderten, wurden unter Kommunismus-Verdacht gestellt. 1980 kam es nach Einschnitten ins Netz zum Reichsbahner-Streik in West-Berlin und in Folge zur Übertragung der Betriebsrechte von der Reichsbahn an die BVG.

Weiterhin konnten stillgelegte Bahnflächen in West-Berlin nur mit Zustimmung der Reichsbahn bzw. der Alliierten abgerissen oder bebaut werden. Und so gab es dann nach dem Mauerfall auf vielen der im Zuge des Boykotts stillgelegten Bahnlinien eine einzigartige Situation, in der großflächig alte Gleise und Bahnhofsanlagen überwuchert waren von Pflanzen, die andernorts am Aussterben waren. Seltene Pflanzen, deren Samen es vorher aus vielen Gegenden Europas mit der Bahn bis hierher geschafft hatten.

Ein großer Teil dieser Strecken ist mittlerweile wieder in Betrieb genommen worden, andere wurden verkauft und bebaut. An einigen Stellen jedoch wuchert es weiter.

[Ok, wir sind noch nicht losgewandert, aber ein bißchen Einführung hilft später.]

[Teil 2]
[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

Am Bahndamm: Übersicht

Freitag, 8. September 2006

Wandern in der Stadt: In mehreren Fortsetzungen (ist zu viel auf einmal) wird hier in den nächsten Tagen eine Wanderung durch das Dickicht der Weltgeschichte vorgestellt. Ich hoffe, Ihr könnt was damit anfangen.

Wenns hinhaut, sollte kommenden Freitag alles komplett sein. Auf dem Weg liegt unter anderem die Monumentenhalle, in der das Technikmuseum historische Fahrzeuge ausstellt. Hier ist noch an allen Septembersonntagen geöffnet. Wer deswegen schon diese Woche losziehen möchte, schickt mir bitte heute bis 16.00 Uhr eine Mail an blog@stralau.in-berlin.de und bekommt eine Vorabversion.

Hier geht es dann weiter:

Monster: Detail