Archiv für die Kategorie „Unfrei“

Zu Ihrer Sicherheit

Dienstag, 7. März 2006

Vorige wurde in den USA der Patriot Act um unbefristete Zeit verlängert.

Der Kryptologe und Sicherheitsfachmann Bruce Schneier stellt in einem hervorragenden Text zusammen, welchen Überwachungsmechanismen der durchschnittliche Amerikaner heute ausgesetzt ist, und schildert an plastischen Beispielen, daß es eine qualitativen Unterschied zwischen klassischer Polizeiüberwachung und Massendatensammlung mit Data Mining gibt.

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Wholesale surveillance is a whole new world. It’s not “follow that car,” it’s “follow every car.” The National Security Agency can eavesdrop on every phone call, looking for patterns of communication or keywords that might indicate a conversation between terrorists. Many airports collect the license plates of every car in their parking lots, and can use that database to locate suspicious or abandoned cars. Several cities have stationary or car-mounted license-plate scanners that keep records of every car that passes, and save that data for later analysis.

More and more, we leave a trail of electronic footprints as we go through our daily lives. We used to walk into a bookstore, browse, and buy a book with cash. Now we visit Amazon, and all of our browsing and purchases are recorded. We used to throw a quarter in a toll booth; now EZ Pass records the date and time our car passed through the booth. Data about us are collected when we make a phone call, send an e-mail message, make a purchase with our credit card, or visit a website.

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Die Tatsache, daß wir mehr und mehr Datenspuren hinterlassen und daß Speicher praktisch nichts mehr kostet, führt dazu, daß Dinge möglich werden, die man sich früher nicht vorstellen konnte:

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The typical person uses 500 cell phone minutes a month; that translates to 5 gigabytes a year to save it all. My iPod can store 12 times that data. A “life recorder” you can wear on your lapel that constantly records is still a few generations off: 200 gigabytes/year for audio and 700 gigabytes/year for video. It’ll be sold as a security device, so that no one can attack you without being recorded. When that happens, will not wearing a life recorder be used as evidence that someone is up to no good, just as prosecutors today use the fact that someone left his cell phone at home as evidence that he didn’t want to be tracked?

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Als Ausweg dieser Bedrohung der informationellen Selbstbestimmung fordert er strengere Gesetze, ähnlich denen, die es in Europa gibt. Leider sind die Gesetze hier tatsächlich strenger, aber Datenschutz ist nicht gerade ein Modethema. Hoffen wir, daß nicht allzuviel davon abgebaut wird, bis die Hysteriewelle vorüber ist.

Amor

Montag, 6. März 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (10): Amor
Max Klinger: Ein Handschuh (10): Amor
(Aufs Bild klicken macht groß)

ENDE.

[Alle Bilder]
[s.a. Art-Bin]

Flucht

Sonntag, 5. März 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (9): Flucht
Max Klinger: Ein Handschuh (9): Flucht
(Aufs Bild klicken macht groß)

Da isser!

[Alle Bilder]
[s.a. Art-Bin]
[andere Handschuhe]

Ruhe

Sonnabend, 4. März 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (8): Ruhe
Max Klinger: Ein Handschuh (8): Ruhe
(Aufs Bild klicken macht groß)

Liegt der Handschuh auf der Bühne? Dem geschlossenen, wunderschönen, aus Handschuhen bestehenden Vorhang nach zu schließen, wäre das vor der Vorstellung.

Da baut sich was auf: Das seltsame Tier, das unter dem Vorhang durchschaut, war schon auf dem letzten Bild zu sehen.

[Alle Bilder]
[s.a. Art-Bin]

Ängste

Freitag, 3. März 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (7): Ängste
Max Klinger: Ein Handschuh (7): Ängste
(Aufs Bild klicken macht groß)

[Alle Bilder hier]
[s.a. Art-Bin]

Huldigung

Donnerstag, 2. März 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (5): Triumph
Max Klinger: Ein Handschuh (6): Huldigung
(Aufs Bild klicken macht groß — das ist diesmal auch nötig, sonst erkennt man den Handschuh gar nicht)

Nachdem klar ist, wer der wahre Herrscher der Gedankenszene ist, kann ihm hemmungslos gehuldigt werden. Auch hier wieder ungewöhnliche Bildkomposition: nicht die Bühne nimmt den größten Raum ein, sondern das Publikum.

[Alle Bilder hier]
[s.a. Art-Bin]

Triumph

Mittwoch, 1. März 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (5): Triumph
Max Klinger: Ein Handschuh (5): Triumph
(Aufs Bild klicken macht groß)

Ha!

[Alle Bilder hier]
[s.a. Art-Bin]

Rettung

Dienstag, 28. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (4): Rettung
Max Klinger: Ein Handschuh (4): Rettung
(Aufs Bild klicken macht groß)

[Alle Abbildungen hier]

Auf diesem Bild, welches auch „Die Gefahr“ hieß, wird der Handschuh ein zweites Mal gerettet. Ungewöhnlich: Die Draufsicht auf das Boot, durch die es zum zentralen Bildelement wird, und die Schatten, welche das Echo eines Blitzes zeigen, der als selbst nicht sichtbar ist.

[s.a. Art-Bin]

Wünsche

Montag, 27. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (3): Wünsche
Max Klinger: Ein Handschuh (3): Wünsche

[Die anderen Abbildungen der Serie sind hier.]

Der Protagonist sitzt im Bette, neben ihm eine ausgeblasenen Kerze und ein Glas auf einem kleinen Schranke. Auf seinen Beinen liegt der erbeutete Handschuh, hinter ihm eine Landschaft mit einer Frau. Er hält den Kopf in den Händen.

Eindrucksvoll: die Bildkomposition, die die Projektion seiner Wünsche mit dem Subjekt selbst vereint. Die Größenverhältnisse, in denen der Fetisch viel bedeutender wird, als die Frau, für die er steht. Der riesige Baum mit vier langen aufsteigenden Stämmen und einem fünften, abzweigenden für den Daumen.

Und auch hier wieder: Strenger Rhythmus, Bewegung der Formen.

[s.a. Art-Bin]

Handlung

Sonntag, 26. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (2): Handlung
Max Klinger: Ein Handschuh (2): Handlung
(Aufs Bild klicken macht groß)

Klinger war 22 Jahre alt, als er die Arbeiten am Handschuh begann. Auf der Rollschuhbahn in der Hasenheide fand er einen Handschuh, den eine elegante Brasilianerin verloren hatte. Dieser tatsächliche Fund war die Inspiration für die Traumgeschichte vom Handschuh.

Aufregend auf diesem Bild ist die Pendelbewegung, deren Schwingen Klinger auf dem Papier festhält.

[s.a. Art-Bin]

Ort

Sonnabend, 25. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (1): Ort
Max Klinger: Ein Handschuh (1): Ort
(Aufs Bild klicken macht groß)

Dieses Bild, das den äußeren Rahmen der Handlung festmacht, zeigt eine Gesellschaft in einer Rollschuhbahn. Zur Linken (mit dunklem Bart) steht der Künstler, zusammen mit seinem Freund, dem Maler Hermann Prell.

Der Rollschuhsport wurde in den 1870er Jahren bedingt durch die technische Revolution populär. Die Rollschuhbahn in der Berliner Hasenheide (welche auf dem Bild dargestellt ist) war die erste deutsche Bahn, 1876 von einer englischen Firma erbaut.

Eine andere Kreuzberger Rollschuhbahn in der Bernburger Straße wurde ab 1882 vom Philharmonischen Orchester genutzt und 1888 von Franz Schwechten umgebaut. Diese Alte Philharmonie wurde 1944 zerstört.

[Interpretation bei Art-Bin]

Ganz Gallien?

Dienstag, 21. Februar 2006

Ende Dezember fand im französischen Parlament eine Debatte zum Thema Urheberrechte und P2P statt. Anstatt den Gesetzesentwurf von Kulturministerium und Industrie, der starke Einschränkungen zur Folge gehabt hätte, einfach durchzuwinken, zeigten die wenigen anwesenden Abgeordneten gesunden Menschenverstand. Eine gute Zusammenfassung der unglaublichen Vorgänge hat Alexander Noe geschrieben:

Vielleicht sollte ich dir mal erklären, was sich am 20. – 22. Dezember (eigentlich 23. Dezember ca. 0:30) abgespielt hat. Dann wirst Du sehen, daß diese Industrie alles schlechte der Welt verdient:

Sie wollten ein Überwachungssystem einrichtigen (das lag als Gesetzesentwurf vor, ich glaube §7 dieses Gesetzes), um folgendes zu erreichen: Es sollte überwacht werden, wer illegalerweise einen Open-Source-Player wie VLC benutzt, um eine DVD unter Linux abzuspielen, um auch tatsächlich durchsetzen zu können, daß auf das Abspielen von DVDs unter Linux 3 Jahre haft stehen. ISPs sollten gezwungen werden, jede E-Mail zu prüfen, und die zu löschen, die möglicherweise geschütztes Material enthält (also z.B. eine aus Spaß in .mp3 umbenannte Textdatei). Die Frage, wie man urheberrechtlich geschütztes Material erkennen sollte bzw. Material, zu dessen Verbreitung der Absender keine Erlaubnis hat, wollte der Minister nicht beantworten.

Natürlich ist es nicht ganz einfach, so etwas durchzusetzen, also muß man das vorher planen. Dazu wurde:

  • der Minister davon überzeugt, daß das Gesetz Dringlichkeit haben muß (sehr leicht, da de Vabres unglaublich dumm ist)
  • Änderungsanträge einreichen lassen, mit dem Ziel, daß die Gegenseite den Überblick verliert (Antrag Nr. 227, 7 Seiten lang, kam 10 Stunden vor Beginn der Debatte, und die Abgeordneten der Nichtregierungsparteien erfuhren von der Existenz des Antrags erst im Radio, erhielten aber weder selbst eine Mitteilung noch eine schriftliche Kopie des Antrages)
  • verlangt, daß die Debatte am 20. bis 22. oder 23. Dezember stattfindet. Dadurch waren weniger als 60 Abgeordnete anwesend (von 533), von denen man also nur 30 kaufen muß.
  • den Abgeordneten wurden direkt vor der Debatte Musikdownloadgutscheine überreicht

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Da zeigt sich, wozu ein Parlament gut sein kann. In Deutschland sieht das leider vergleichsweise traurig aus, wie Telepolis anhand der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung erläutert:

Nichtsdestotrotz verfolgen Otto Schily und Brigitte Zypries weiterhin unbeirrt ihren Kurs Richtung VDS. Da auf nationaler Ebene keine “mandatory data retention” festgelegt worden war, war eine Änderung dieses Zustandes also notwendig. Auch führte man schon prophylaktisch die ersten Gespräche mit den Telekommunikationsunternehmen und impfte die EU-Abgeordneten entsprechend.

Und im Dezember 2005 war es dann soweit: das EU-Parlament gab seine Zustimmung zu einer Maßnahme, die Ende der 90er Jahre in der Enfopol-Arbeitsgruppe die ersten entscheidenden Fortschritte verbuchen konnte. Diese Tatsache entkräftet auch das Argument, daß eine Vorratsdatenspeicherung erst nach den Anschlägen des 11. September 2001 als Mittel gegen den internationalen Terrorismus in Erwägung gezogen wurde.

[…]

Hier wird Rückgratlosigkeit durch eine kokett zur Schau getragene Machtlosigkeit übertüncht. So wie das EU-Parlament hätte auch ein Jörg Tauss, genauso wie jeder andere an der VDS zweifelnde Abgeordnete, die Möglichkeit gehabt, eindeutig Stellung zu beziehen. Kauder hat dies getan – nicht aus den Gründen, die die Datenschützer und Bürgerrechtler vertreten – und zeigte, daß es geht. Daß es anderen nicht möglich war, auch wenn sie gegen die VDS waren, dürfte wenig schwer zu interpretieren sein.

Die VDS ist in Deutschland abgesegnet und hierbei haben sowohl der EU-Rat, das EU-Parlament als auch Tauss’ Parteimitglieder Otto Schily und Brigitte Zypriess und auch Jörg Tauss eine Rolle gespielt; die Unterschiede liegen lediglich in der Passivität oder Aktivität des Einzelnen. Wirklich machtlos aber war niemand, auch wenn es momentan chic erscheint.

52 Wochenenden

Mittwoch, 15. Februar 2006

Schnee ist gefallen. Weiß ist nun die Erde, als wäre sie eine riesige, vereiterte Eichel, und überall stirbt die primitive alte Sau von Natur. Doch warte nur, schon bald wird sie erwachen und in ihrem neuen Kleid, grün wie Pennerkotze, angeschissen kommen.

[…]

Zum Glück fahre ich heute mit dem Universalgelehrten Dietmar Dath nach Hamburg. Der wird mir schon alles beantworten können.

Mit im Auto sitzen meine Schwester, ihre beste Freundin und Julian. Auch sie wollen sich an das Urteilskraftwerk Dath anschließen und haben sich knifflige Fragen aufgeschrieben. “Wie sollen wir Leben?” fragt Julian, “Was können wir wissen?” fragt meine Schwester, und zuletzt ihre Freundin “Was dürfen wir hoffen?”. Dath fallen die Antworten nicht schwer, er muß aber doch etwas ausholen, und so entfaltet sich vor uns bereits die Pracht der Reeperbahn, ohne daß ich Gelegenheit hatte, mein kleines Problem anzusprechen.

[…]

Nach dem Auftritt spricht mich ein kleines lallendes Mädchen mit Brille an. Wir machen kurz Small Talk, dann sagt sie: “Ich bin Übrigens auch Künstlerin. Ich mache Fotos. Ich fotografiere alles, was ich trinke. Das zum Beispiel habe ich vorhin geschossen.” Sie tippt auf ihrem Handy herum, bis das gewünschte Bild auf dem Display erscheint, dann hält sie es mir hin: Ein Schnapsglas, über dessen Rand jemand aus Versehen einen Fisch gehängt hat. “Das ist ein Bommerlunder mit einer milden Sardelle drin. Man nennt es ‘Schlappschwanz'”. Tief schaue ich der Fotografin in die Augen und frage: “Haben sie 2007 schon was vor?”

Jens Friebe schreibt auch hier.

[via]

Von wegen Meinungsfreiheit (ii)

Freitag, 10. Februar 2006

Einen Film sehen, bevor er verboten wird:

In einem sehr lesenswerten Text schreibt der Regisseur Jan Henrik Stahlberg (Muxmäuschenstill) über die Schwierigkeiten, einen Spielfilm über eine hypothetische Entführung von Silvio Berlusconi zu drehen (FAZ v. heute, Seite 46):

Zunächst raten ihm seine Anwälte dringend ab. Die dann geplante Persiflage im Mickymaus-Stil wird wegen erwarteter Schwierigkeiten mit Disney umgeschrieben, der Anwalt springt ab, weil er einen Auftrag für Berlusconi übernommen hat und am Ende wird er in Italien nicht aufgeführt, weil alle italienischen Festivals, Verleiher und Sender wegen erwarteter Schwierigkeiten ablehnen.

Nun ist der Film rechtzeitig vor den italienischen Wahlen im Mai fertig und wird heute auf der Berlinale im Zoopalast uraufgeführt. Für die Wiederholung morgen gibt es noch Karten.

Vier Stunden später sitze ich betrunken und sehr müde in der Küche und höre meinem Anwalt zu, der mir freundlich erklärt, daß es einen Grund gibt, warum bisher weder Bush noch Putin, noch sonstwer im Film entführt wurde. Es geht ganz einfach nicht — juristisch gesehen.

Lucia ist am Boden zerstört. Ich berichte ihr wieder und wieder, daß der Film klar als Satire erkennbar sein müsse, wenn man überhaupt einen lebenden Menschen entführen wolle und der Tatbestand der Entführung — selbst einer Person der Zeitgeschichte, was ich gerade gelernt habe — gegen die Menschenwürde verstößt. Lucia fragt mich, ob es hilft, die Entführer mit Masken oder mit Schleifen im Haar auftreten zu lassen, und versteht nicht, was denn genau eine Satire sei? Ich rufe meinen Anwalt wieder an, weil auch ich es nicht verstanden habe, und der meint, das sei genau das Schwierige, weil jeder Richter anders reagiere und er uns kein Rezept anbieten könne. Sonst wäre er nicht Anwalt, sondern Drehbuchautor. Ich lege auf und trinke ein Bier. Mittlerweile haben wir bei sieben Anwälten, in Italien und Deutschland, Meinungen eingeholt, und es ist tatsächlich so: Auch jetzt, vor unserer Premiere auf der Berlinale, können wir weder wissen, wie ein deutscher Richter, noch wie sein italienischer Kollege entscheiden wird, wenn Berlusconi wirklich klagt.

[…]

Als ich meinen Anwalt kurz darauf anrufe, findet der das tatsächlich auch eine gute Idee, warnt mich aber vor Disney. Die seien noch sensibler als Berlusconi selber, und dann hätten wir, wenn wir deren Figuren in den Schmutz zögen, gleich zwei Schlachten zu schlagen. Ich sage, daß sie ganz im Gegenteil unsere Helden seien, aber mein Anwalt meint nur, das käme aufs gleiche hinaus.

[…]

Die Bänder werden sofort kopiert, nach Deutschland gebracht, die Paranoia der Figuren ist nur noch schwer von unseren echten Gefühlen zu unterscheiden. Der Film wird in Berlin geschnitten, und unser neuer Anwalt sitzt im Schneideraum mal daneben, mal bekomme ich ein Fax aus der Kanzlei, was man am besten doch rausschneiden sollte, wenn man nicht schon in erster Instanz gegen Berlusconis Anwälte untergehen will. Und dann ist der Film im Winter 2005 fertig. Rechtzeitig zu den Wahlen in Italien, die am 9. April 2006 entschieden sein werden.

Die Schatzinsel

Donnerstag, 2. Februar 2006
Alt-Stralau
Alt-Stralau, © Land Berlin/Thie

[…]

Das eigentliche Problem hat damit zu tun, daß Stralau, wie es werden soll, keine Geschichte haben darf. Oder nur dort, wo sie sich in das Konzept integrieren läßt.

[…]

Was man so findet, wenn man im Archiv der Berliner Zeitung stöbert: Die Schatzinsel. Von 2001, die Situation ist aber ziemlich gut getroffen.

Die Neubauten stehen immer noch leer, die Currywurstbude wurde von einer Bäckersimulation verdrängt, und der Garten von Michael Stalherm ist inzwischen geräumt. Eine Kaufhalle gibt es immer noch nicht. Inzwischen gab es hochtrabende Pläne von Floating Homes und Hochhausansiedlungen, aus denen bisher zum Glück nichts wurde.

Der Kapitalvernichter

Mittwoch, 1. Februar 2006

[…]

In einem atemberaubenden Tempo, das sich der Fahrgast auch wünschen würde, werden seit einigen Jahren Weichen und Gleise abgebaut. Und das keineswegs nur auf wenig befahrenen Nebenstrecken, wo den verladenden Unternehmen die Anschlüsse in Serie gekündigt werden, sondern auch auf den Hauptbahnen.

So listet die Landesregierung von Baden-Württemberg allein auf den Haupteisenbahnstrecken 10 aktuell laufende oder geplante Maßnahmen zum Gleisrückbau mit erheblichen Einschränkungen der Streckenkapazität und der Betriebsqualität auf. Selbst vor dem Abbau des zweiten Gleises auf ganzen Streckenabschnitten schreckt die DB nicht zurück. Das hat man im Südwesten seit den Demontagen durch die Franzosen nicht mehr erlebt.

Den Rückbau von Überholungsgleisen zwischen Mannheim und Frankfurt musste kürzlich das Eisenbahnbundesamt untersagen. Von selbst wollte die DB Netz AG nicht einsehen, daß damit im Verspätungsfall gravierende Verschlechterungen verbunden wären, obwohl wegen des chronischen Engpasses zwischen Mannheim und Frankfurt eine neu ICE-Strecke in Planung ist.

Die planmäßige Zerstörung der Eisenbahninfrastruktur ist die Folge eines Konstruktionsfehlers der Bahnreform. Damals wurden Netz und Transport in eine gemeinsame Gesellschaft eingebracht. Der Effizienzdruck setzt deshalb genau am falschen Punkt an: Während der Monopolist Netz AG bis heute echten Wettbewerb auf dem Schienennetz verhindern konnte, wird die Infrastruktur betriebswirtschaftlichen Zwängen unterworfen und damit weggespart. Man stelle sich den Aufstand vor, wenn das Straßennetz in Deutschland plötzlich betriebswirtschaftlich gerechnet würde: Dann würde man nur Autobahnen, Bundesstraßen und einige viel befahrene Landesstraßen retten, während die meisten Gemeindeverbindungsstraßen geschlossen würden, weil sie sich nicht rechnen.

Zur Entfaltung des zerstörerischen Potentials der Bahnreform brauchte es aber noch einen Bahnchef mit der Durchsetzungskraft und ideologischen Fixiertheit von Hartmut Mehdorn. Seit er den Bahnkonzern auf den Börsengang trimmt, schafft die DB es sogar, eine eisenbahnfreundliche Politik ins Gegenteil zu verkehren. In den letzten fünf Jahren von Rot-Grün gab die DB zum Jahresende stets einen dreistelligen Millionenbetrag an Bundesmitteln für das Netz zurück, weil sie angeblich nicht in der Lage war, das Geld zu verbauen – insgesamt mindestens 1,4 Milliarden Euro. Das Problem ist: Die Deutsche Bahn will die Bundesgelder gar nicht, weil sie einen kleinen Anteil an Eigenmitteln zur Kofinanzierung aufbieten muß. Dieses Geld investiert sie aber lieber in Lkw-Frachtzentren in Kasachstan, die schnell höhere Renditen abwerfen.

[…]

Die Bilanz der Ära Mehdorn ist verheerend. Der Verkehrsanteil der Bahn ist in den letzten zehn Jahren nicht gewachsen, im Nahverkehr betreiben die Regionalgesellschaften Selbstbedienung an den Landeshaushalten und streichen Monopolgewinne ein. Das Netz wird gestutzt, der Wettbewerb auf der Schiene verhindert, und die DB entwickelt sich dank staatlicher Garantien zum größten Straßenspediteur. Das alles geschieht im Zeichen des Fetischs Börsengang.

Die katastrophalen Ergebnisse erlauben nur eine vernünftige Konsequenz: Mehdorn entlassen und das Netz verstaatlichen. Infrastruktur bleibt eine Kernaufgabe des Staates, im Falle der Regionalnetze der Bahn am besten in der Verantwortung der Länder. Nur die ICE-Strecken sollten beim Bund bleiben. Wenn dann endlich Wettbewerb im Bahnverkehr einsetzt, können die DB-Transportgesellschaften bedenkenlos an die Börse gebracht werden, aber ohne das Netz.

[…]

[Boris Palmer in der Taz]

Tabus brechen

Dienstag, 24. Januar 2006

Hossein Derakhshan, Kanadier persischen Ursprungs und „Vater“ der sehr aktiven iranischen Bloggerszene fährt als Graswurzeljournalist nach Israel, um den Feindbildern auf beiden Seiten das Leben entgegenzusetzen.

Für ihn bedeutet das unter anderem, daß er seine Heimat nicht mehr besuchen kann, da Reisen nach Israel vom Iran als illegal angesehen werden.

As a citizen journalist, I’m going to show my 20,000 daily Iranian readers what Israel really looks like and how people live there. The Islamic Republic has long portrayed Israel as an evil state, with a consensual political agenda of killing every single man and woman who prays to Allah, including Iranians.

I’m going to challenge that image.

[…]

As a peace activist, I’m going to show the Israelis that the vast majority of Iranians do not identify with Ahmadinejad’s rhetoric, despite what it looks like from the outside.

I’m going to tell them how any kind of violent action against Iran would only harm the young people who are gradually reforming the system and how the radicals would benefit from such situation.

During my visit, I’m going to blog in both English and Persian, take a lot of pictures and record numerous video and audio reports and make a few podcasts.

[Editor:Myself]

Hossein Derakhshan ist auf Spenden angewiesen, um die Reise durchführen zu können.

Mama, da steht ein Mann.

Mittwoch, 16. November 2005

Das Kind spielte. Und sah einen Mann stehen. »Mama« sagte das Kind; die Mutter: »Ja«. – »Mama« – »Ja« – »Mama« »Ja« – »Mama, da steht ein Mann!« – »Ja« – »Mama, da steht ein Mann!« – »Ja« – »Mama, da steht ein Mann.« »Wo?« – »Mama, da steht ein Mann.« – »Wo?« – »Mama, da steht ein Mann.« – »Wo steht ein Mann?« – »Mama, da steht ein Mann!« – »Wo steht ein Mann?« – »Mama, da steht ein Mann!« – »Ach was!« – »Mama, da steht ein Mann!« – »Laß doch den Mann stehen.« – »Mama, da steht ein Mann!« Die Mutter kommt. Tatsächlich steht da ein Mann. Merkwürdig, was mag der da wohl zu stehen haben? Man sollte doch lieber den Vater mal rufen. Die Mutter: »Vater!« Der Vater: »Jawohl.« – »Vater, da steht ein Mann.« Jawohl« … »Vater, da steht ein Mann.« – »Laß ihn stehen.« – »Vater, da steht ein Mann.« – »Was will denn der Mann?« – »Das weiß ich nicht, frag ihn doch mal!« – »Laß doch den Mann stehen!« – »Vater, nun komm aber endlich, da steht jemand und steht.« – Der Vater kommt. Tatsächlich, da steht jemand und steht. »Mein Herr, warum stehen Sie da?« – Der Mann steht. »Mein Herr, aus welchem Grunde stehen Sie da?« … Der Mann steht. Das ist doch ganz außerordentlich, da steht ein Mann und antwortet nicht. »Mein Herr, ich frage Sie zum dritten Male, weshalb stehen Sie da?« – Der Mann steht.

[…]

[Kurt Schwitters: Franz Müllers Drahtfrühling, hier oder hier]

Die Initiative “Neue Soziale Marktwirtschaft” klärt auf

Dienstag, 15. November 2005

[…]

“Die INSM sucht das Gespräch direkt bei der Redaktionsleitung”, sagt Thomas Leif, Vorsitzender bei der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche und Chefreporter beim Südwestrundfunk (SWR). Mit Beschwerdebriefen an Chefredakteure oder Intendanten wolle die Initiative die Redaktion einschüchtern und sie zur Vorsicht beim nächsten Beitrag ermahnen. Langfristiges Ziel dabei sei, der Kritik an der Initiative “die Spitze zu nehmen”. Daran kann die INSM nichts Ungewöhnliches entdecken. Schließlich würde man nur die “zuständigen redaktionell Verantwortlichen” über unkorrekte Berichterstattungen informieren.

[…]

[Freitag, via Lobbycontrol]

Eine Frage des Respekts (Paris (iii))

Montag, 14. November 2005

[…]

Erst dieses Gefühl, mit alldem nichts zu tun zu haben, führt zu einer Ignoranz, die sich in der Wortwahl dekuvriert. Wie selbstverständlich führten in den vergangenen Tagen selbst linke und linksliberale Kommentatoren Begriffe wie Randalierer und sinnlose Zerstörung im Mund, Vokabeln, die sie sich beim Radau von Atomkraftgegnern und Hausbesetzern selbstverständlich verbitten würden. Zu Wohlstand gekommen, erscheint ihnen das Abfackeln von Autos, sofern es keinen höheren Zwecken dient, als barbarischer Akt. Der „nur“ Elende, der kulturell Nahe, der darf vielleicht auf Verständnis rechnen, ebenso der Idealist, dem das Herz übergeht und der zu Pflastersteinen greift — der kulturell Ferne darf das nicht. Letzterer versteht die Botschaft und hat eine Demütigungserfahrung mehr. Dafür hat er die Anerkennung, die ihm die Verhängung des Ausnahmezustands verschafft. Immerhin wird er jetzt gefürchtet, und das ist auch eine Art von Achtung.

[…]

[Robert Misik über Respekt und soziale vs. kulturelle Channcen]

Paris (ii)

Donnerstag, 10. November 2005

Aus Ps Pariser Presseschau:

So sprechen keine Underdogs, die nur um ihr nacktes Überleben kämpfen. Was Frankreich derzeit erlebt, ist nicht allein ein Aufstand der Rechtlosen und Unterdrückten, sondern auch eine Revolte gegen die Republik im Namen ihrer eigenen Ideale. Denn die Halbwüchsigen haben in der Schule gelernt, daß zu ihrem Status als Staatsbürger untrennbar die republikanischen Versprechen von Gleichheit und Brüderlichkeit gehören. Das nimmt die Vorstadtjugend ernster, als es vielen Franzosen recht ist. Fast könnte man von einem Drama der gelungenen Integration sprechen, die deswegen an ihre Grenzen stößt, weil die Nachgeborenen sich eben nicht damit begnügen wollen, in Parallelgesellschaften abzutauchen. Stattdessen fordern sie die Teilnahme an den Verheißungen Frankreichs, für die in ihren Augen nicht die Gesellschaft, sondern in erster Linie der Staat zuständig ist.

[…]

Der Kriminologe Alain Bauer hält die Immigrantenkinder denn auch zu Recht für „weit besser ins französische Wertesystem integriert, als man von außen vermutet“. Selbst ihren Protest würden sie von nationalen Vorbildern ableiten – von den militanten Streiks der Gewerkschaften bis zu den Kampfdemonstrationen der radikalen Linken.

[Michael Mönninger in der Zeit]

Pinguine eigentlich ziemlich dumm?

Sonntag, 16. Oktober 2005
Drei Gestalten
© Jérôme Maison/Bonne Pioche

Mp. Ich war ja vorgewarnt. Aber daß Pinguine den ganzen Tag nur kitschigen Müll denken — ich weiß nicht. So doof sehen die einklich gar nicht aus.

Pinguine

Donnerstag, 6. Oktober 2005
Vater und Sohn
© Jérôme Maison/Bonne Pioche

Nächste Woche im Kino!

[Ich weiß, manche Leute mögen keine Niedlichkeiten, aber pfff. Bei Pinguinen pfeifen wir einfach drauf.]

Asoziale Elemente

Dienstag, 27. September 2005

Nanu. Gestern fehlte „Freibank. Kultur minderer Güte“, das monatliche Taz-Highlight von Gabriele Goettle. Für Leute wie mich, die die Taz nur zu besonderen Anlässen kaufen, dafür der Hinweis auf ein bemerkenswertes Interview in der Ausgabe von gestern:

Anfang der achtziger Jahre schnitt ich mir einen Punk-Haarschnitt, färbte mir die Haare grün, rot oder schwarz und trank mit anderen Jugendlichen Bier auf dem Alexanderplatz. Zur selben Zeit trat ich aus der FDJ aus. Und ich bekam Kontakt zu einer evangelischen Jungen Gemeinde in Friedrichshain.

[…]

Stundenlang stand ich vollkommen ahnungslos auf einem schmalen Flur. Niemand sprach mit mir. Als ich schließlich fragte, wo ich hier sei, schlug mir ein Wärter seinen Schlüsselbund ins Gesicht. Danach wurde ich für drei Tage in die mit Sichtblenden verdunkelte Arrestzelle gesteckt. Solch ein Schock weckt bei jedem die Bereitschaft zur “Umerziehung”. Ein Jugendlicher rollte in der Zelle seinen Pullover zu einem Strick zusammen und erhängte sich. Tage später erst kamen seine Einweisungsunterlagen, in denen sein behandelnder Arzt attestiert hatte: Der Junge hat Platzangst.

[…]

Viele schämen sich bis heute. Der Ruf der Werkhöfler ist noch immer schlecht. Auch, weil es über ihre Geschichte nur wenige Medienberichte gibt. Selbst die kleine Erinnerungsstätte auf dem ehemaligen Anstaltsgelände in Torgau ist von Schließung bedroht. Meinen Lebenslauf können Interessierte dort einsehen, als Beispiel. Ehemaligen Häftlingen sage ich immer wieder: Schämt euch nicht! Ihr könnt nichts dafür, daß ihr dorthin verfrachtet wurdet!

[Stefan Lauter über seine Zeit im Jugendwerkhof]

Der Außenminister wird patriotisch

Freitag, 23. September 2005

Die politische Hauptstadt wurde hinweggefegt. Die politische Journalisten-Hauptstadt. Die Hauptstadt der Meinungsforschung und Politikwissenschaft. Alle diese selbst ernannten Experten lagen falsch. Für sie gab es einen Satz rote Ohren. Wumm! Diese konservativen Jungchefs in den Chefredaktionen von Spiegel, Zeit und sonst woher, die Journalismus mit Politik verwechseln, müßten sich nach ihrem eigenen konservativen Ehrenkodex eigentlich in das Schwert stürzen – politisch, natürlich. Und, hat es einer getan? Nichts da, kein einziges Wort der Selbstkritik. Stattdessen entschuldigt sich Springer-Chef Matthias Döpfner im Wall Street Journal für dieses angeblich komische Wahlverhalten der Deutschen. Das ist empörend! Da können Sie mal sehen, wie dieses Land sich verändert hat. Da muß unsereiner doch geradezu die schwarz-rot-goldene Patriotismusfahne hochhalten.

[J. Fischer in der Taz]

Der Mann mit der Kamera

Montag, 12. September 2005
Der Mann mit der Kamera. Still.
Schleichwerbung 1929?

Im letzten Beitrag hatte ich nach der Elektronik-Begleitung zu dem ukrainischen Film „Der Mann mit der Kamera“ gefragt. Es gibt zwei Möglichkeiten: Der Pionier der Elektronischen Musik Pierre Henry hat den Film begleitet und das englische Duo „In the Nursery“.

Habenwollen.

LeiderkeineDVDnichgefundenleider.

Notizen von der Küste

Mittwoch, 31. August 2005

[…]

An der Küste zerstörten die Arbeiter das Klischee vom primitiven Arbeiter, das in den offiziellen Kabinetten und elitären Salons grassierte. Der Malocher diskutiert nicht — er erfüllt den Plan. Wenn der Malocher den Mund aufmacht, soll er dies nur tun, um zuzustimmen und etwas zu bestätigen. Den Malocher interessiert nur eines: wieviel er verdient. Wenn er den Betrieb verläßt, trägt er in seinen Taschen Schrauben, Kabel und Werkzeug hinaus. Wenn nicht die Direktion wäre, würden die Malocher den ganzen Betrieb ausräumen. Dann lungern sie vor dem Kiosk mit Bier herum. Dann legen sie sich schlafen. Wenn sie am Morgen mit dem Zug zur Arbeit fahren, spielen sie Karten. Gleich nachdem sie den Betrieb betreten, stellen sie sich in der Schlange zum Betriebsarzt an und lassen sich krankschreiben. Auf allen wichtigen Beratungen wird viel gestöhnt, wenn dieses Thema zur Sprache kommt.

An der Ostseeküste und dann im ganzen Land hingegen tauchte jetzt aus diesem Dunst zufriedener Selbstberuhigung das junge Gesicht einer neuen Generation von Arbeitern auf: denkend, intelligent, sich ihres Platzes in der Gesellschaft bewußt und — was am wichtigsten ist — entschlossen, alle Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, daß, gemäß der idellen Grundlage des Systems, ihrer Klasse die führende Rolle in der Gesellschaft zukommt. So weit ich zurückdenken kann, geschah es in jenen Augusttagen zum ersten Mal, daß sich diese Überzeugung, diese Selbstsicherheit und der unbeugsame Wille mit solcher Macht bemerkbar machten. Durch unser Land begann eine Kraft zu fließen, die Landschaften und Klima verändern wird.

Ich weiß nicht, ob wir alle uns überhaupt bewußt sind, daß wir seit jenem Sommer 1980, egal, was noch geschehen mag, in einem anderen Polen leben. Diese Andersartigkeit beruht meiner Ansicht nach darin, daß die Arbeiter begannen, in den wichtigsten Anliegen mit ihrer eigenen Stimme zu sprechen. Und daß sie entschlossen sind, sich auch weiterhin zu Wort zu melden. Es ist undenkbar, daß das jemand nicht begreift.

[…]

An der Ostseeküste wurde eine Schlacht um die Sprache geschlagen, um unsere polnische Sprache, um ihre Reinheit und Klarheit, darum, den Worten ihren eindeutigen Sinn wiederzugeben, unsere Sprache von Phrasen und Worthülsen zu säubern, sie von einer ihr anhaftenden Krankheit zu befreien — der Krankheit der vagen Andeutung.

[…]

„Wir ordnen unsere Angelegenheiten.“ Wichtig war auch, wie sie diese ordneten. In ihrem Handeln gab es keine Elemente der Rache, keinen Wunsch, sich zu bereichern, und keinen einzigen Versuch auf irgendeiner Ebene, persönliche Angelegenheiten auszutragen. Wenn man sie nach dieser Haltung fragte, antworteten sie: „Diese Dinge sind nicht wichtig“, und außerdem wäre das „unehrenhaft“. In diesen Augusttagen wurden viele Worte mit neuem Leben erfüllt, sie erhielten neues Gewicht, neuen Glanz. So zum Beispiel das Wort „Ehre“, das Wort „Würde“, das Wort „Gerechtigkeit“.

[…]

[aus: Ryszard Kapuścinski: „Notizen von der Küste“, in: R.K.: „Die Erde ist ein gewalttätiges Paradies“, Eichborn 2000, via FAZ]

Wir linken nicht auf allofmp3.com

Sonnabend, 9. Juli 2005

Die Content-Mafia kriegt den Hals nicht voll. Nach der unsäglichen Hart-aber-gerecht-Kampagne wird der Zuschauer inzwischen im Kino davor gewarnt, die Gewinne der Anbieter zu schmälern. Die RIAA geht gegen Anbieter vor, die Software zum unverschlüsselten Speichern von DVD-Toninhalten anbieten.

Der Verband der Phonoindustrie mahnt inzwischen Autoren ab, die einfach nur auf den russischen Dienst allofmp3.com linken. Die Gema fordert Provider auf, Webseiten zu sperren, die auf Edonkey linken. Dabei könnte alles so schön sein: Die Gema kassiert Pauschalen auf Tonträger/Speichermedien, die (nach Popularität) an die Künstler verteilt werden, dafür gibt es keine Kopierbeschränkungen.

In Stralau allerdings sorgt die Telekom durch Angebotsverknappung viel wirkungsvoller für die Bravheit der Insulaner.

[heise, Spreeblick, CCC]

Verlogenheit hat einen Namen

Donnerstag, 7. Juli 2005

Die am Patentschutz interessierten Erfinder und Unternehmen haben sich in Deutschland unter den bestehenden Rahmenbedingungen bisher ebenso gut entwickeln können wie die nach dem Open-Source-Modell arbeitenden Software-Entwickler. Ich gehe davon aus, daß dies bei unveränderter Rechtslage auch weiterhin der Fall sein wird.

[Brigitte Zypries], via heise

Monster wehren sich

Dienstag, 5. Juli 2005
Kleine Monster
Quelle: Zitty

Schönhauser Allee unter dem Hochbahnviadukt im Regen: ein Junge erschießt Passanten mit einer Spielzeugpistole. Dahinter eine Verkäuferin der aktuellen zitty mit dem anbiedernd-ironischen Titel „Kleine Monster — Hilfe! Kinder! Muß das sein?“.