Archiv für die Kategorie „Unfrei“

Hubschraubereinsatz

Donnerstag, 15. Februar 2007

Scheinasylanten! Scheinasylanten!
Überall, überall Scheinasylanten!
Da hilft nur noch Hubschraubereinsatz!

[Foyer des Arts 1982]

Berlin, die Sinfonie der Großstadt

Freitag, 12. Januar 2007

Seltsamerweise habe ich diesen Film erst jetzt gelesen. Ein Bericht aus einer aufregenden Zeit – man würde gern 1927 leben. Großartig. Und:

Ostkreuz, Bahnsgeig F
Ostkreuz Bahnsteig F sah damals auch nicht viel anders aus als heute

Geschenk für Friedrichshainer

Sonnabend, 23. Dezember 2006
Palmkernöl- und Schwefelkohlenstoffabrik Rengert & Co.
Palmkernöl- und Schwefelkohlenstoffabrik Rengert & Co. in Alt-Stralau, erbaut 1881.
Foto aus dem besprochenen Bande.

Wer noch schnell schenken möchte, kauft den sehr schönen Band „Berlin-Friedrichshain“ von Rald Schmiedecke aus der Reihe Archivbilder, erschienen im Sutton-Verlag. Gute Fotos aus den letzten 150 Jahren mit lehrreichen Texten zur Geschichte des Bezirks für 17,90 €.

Gibts zum Beispiel bei Lesen und Lesen lassen in der Wühlischstraße 30, heute noch bis 18.00 Uhr geöffnet.

Die Herbert-Leichtfuß-Situation

Montag, 18. Dezember 2006

Eigentlich bewundere ich sie, die coolen Säue, die durchs Leben gehen und ihre Entscheidungen treffen. Bei denen geht das so: Situation — Zack — Entscheidung — weiter. Mein Leben besteht leider aus zu vielen Herbert-Leichtfuß-Situationen.

Ernie und Herbert Leichtfuß

Die Herbert-Leichtfuß-Situation entstammt der Sesamstraße* und ist im folgenden aus der Erinnerung wiedergegeben:

Ernie will sein Zimmer saubermachen. Im Zuge der Aufräumarbeiten fällt ihm auf, daß er keinen Staubsauger besitzt. Also geht er zu Herbert Leichtfuß, um sich dessen Staubsauger zu leihen. Er klopft an die Tür, und während er auf Herbert wartet, macht er sich so seine Gedanken:

„Da bekomme ich also gleich Herberts Staubsauger. Und dann werde ich damit mein Zimmer saubermachen, das wird schön. Und das Quietscheentchen wird sich freuen. Und Bert auch. Vielleicht will Bert dann auch sein Zimmer säubern. Dann nimmt er sich den Staubsauger. Aber Bert ist manchmal ein bißchen ungeschickt. Vielleicht macht er den Staubsauger kaputt.

Und dann muß ich zu Herbert gehen und ihm sagen, daß der Staubsauger kaputt ist. Und Herbert wird wütend sein und gar nicht hören wollen, daß nicht ich es war, der den Staubsauger kaputtgemacht hat. In seinem Zorn wird er in der ganzen Sesamstraße herumerzählen, daß ich seinen Staubsauger zerstört habe. Und die Leute werden auf mich sauer sein und keiner wird mehr mit mir spielen.“

Herbert Leichtfuß öffnet die Tür: „Hallo Ernie!“

Ernie: „Wenn Du hinterher so über mich redest, will ich Deinen blöden Staubsauger gar nicht erst haben!“

*Lustigerweise durfte ich als Ost-Kind nur Westfernsehen kucken — hauptsächlich aber, weil meine beim Fernsehen anwesende Mutter sich das Ostfernsehen nicht antun wollte.

Nun, Volk, steh auf und, Sturm, brich los!

Montag, 30. Oktober 2006

[…]

Noch duftet die Rechte zehn Meilen gegen den Wind nach Geschichtsrevision, Heß-Umzug und Auschwitzlüge. Und wenn sie Hitler verschrottet? Wenn sie, frei von unleugbaren Geschichtsverbrechen, einen modernen National-Sozialismus designt? Es genügt nicht, dass »die Demokratie« festtäglich ihre immergrünen Werte zitiert.

[…]

Christoph Dieckmann über den Film Die nationale Front — Neonazis in der DDR, der am 27. November um 22.15 Uhr im RBB-Fernsehen läuft.

Opa, erzähl von früher

Montag, 18. September 2006

Wo wir gerade beim Hinweisen sind:

Magnetbanduntergrund: Cover

Magnetbanduntergrund

Alexander Pehlemann & Ronald Galenza (Hrsg.)
Buchvorstellung und Konzert
Spannung. Leistung. Widerstand.

Mendelsson, Bolschewistische Kurkapelle, Stuhlgeist, Ornament & Verbrechen, Freunde der italienischen Oper, Conny Bauer, Flake, Aufruhr zur Liebe, Denzel & Huhn, Orlacs Hände, Herbst in Peking, Hans Schulze, Kunstkopf, Robert Linke, Ronald Galenza, Alex Pehlemann, Henryk Gericke, Dirk Teschner, Robert Linke und Thomas Werner spielen oder sprechen live auf allen Bühnen des Hauses.

Die Moderation übernehmen Peter Wawerzinek, Christoph Tannert und Bert Papenfuß.

Freitag, 20 Uhr, Volksbühne.

Zwischenland

Sonntag, 3. September 2006

[]

Ich kannte diesen horror vacui nicht. Ich war großgeworden in einer Stadt mit grauen Altbauten und Bombenlücken, in denen inzwischen Bäume wuchsen, mit „Altneubauten” aus den fünfziger Jahren und geradezu verschwenderischen Freiflächen zwischen Sechziger- und Siebziger-Jahre-Bauten; in einer Baustellenstadt. Der Beton des Plattenbauviertels war nicht romantisch, aber Heimat.

Wenn wir als Jugendliche herumhängen und einen Hauch Welt schnuppern wollten, fuhren wir zum Alex oder zum Lindencorso. Dort saßen wir am Springbrunnen und ließen die Beine baumeln. Wir träumten nicht von Westdeutschland, von Lübeck oder Düsseldorf. Wir träumten von New York und London und Indien. Hin und wieder auch mal von Buch- und Plattenläden in Westberlin, wenn wir die teuer auf dem Schwarzmarkt erworbene Nina-Hagen-Platte hörten. Westdeutschland war bloß das Ausland nebendran, das nicht weit genug weg war und vermutlich auch ziemlich spießig.

Aber Westberlin, das hörte sich bei Nina Hagen schon aufregender an. Und wenn wir an der Mauer entlanggingen, dachten wir, es müsse schon etwas ungeheuer Aufregendes, Verbotenes, Schillerndes dahinter sein, daß man gemeint hatte, eine solche Wand bauen zu müssen. Es war schließlich die Wand, hinter der die Rolling Stones spielten.

[]

Der Wahnwitz den die Planung der Neunziger Jahre über Berlin ausgeschüttet hat, wird erst jetzt, wo die Stadt mangels Geld zur Ruhe kommt, langsam sichtbar.

Stadtplanerisch ist es vielleicht ein Glück, daß das Geld jetzt weg ist. Dazu und zum verschwundenen Früher Ulrike Steglich im Scheinschlag.

Miniaturen

Donnerstag, 31. August 2006

Volker Strübing malt seit kurzem hübsche kleine Situationen:

Neulich hatte Horst gelesen, daß gepflegte, formelle Kleidung der Schlüssel zum Erfolg sei

Und bei Cato gibt es schon etwas länger Geschichten mit dem Eisbären und dem Hasen:

Tendenz: weinerlich
Tendenz: weinerlich

Kriegspropaganda

Donnerstag, 17. August 2006

Klaus-Jürgen Bremm (Historiker in Osnabrück) in einem langen Text über Propaganda im ersten Weltkrieg (FAZ S. 8).

Das Lied von der Moldau

Montag, 14. August 2006

Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.

Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
Und gehn sie einher auch wie blutige Hähne
Es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt.

Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.

[Text: Bertolt Brecht, anhören, Melodie: Hanns Eisler, nach Smetanas Moldau]

Konzessionsschulze (veraltend)

Mittwoch, 9. August 2006

Rainer Blasius über die Reaktionen in der CDU auf Brandts Ostpolitik 1970 (FAZ S. 8):

Der F.A.Z.-Mitherausgeber [Jürgen Tern], der Brandts Ostpolitik seit dessen Regierungsantritt mal mehr, mal weniger wohlwollend kommentierte, hielt den Begriff der “Vorleistungen”, den die Opposition verstärkt einsetzte, für gefährlich; da dränge sich nicht bloß wegen der Alliteration die Parallele zur “Verzichtpolitik” auf: “Der derzeitige Bundeskanzler wird dabei als geborener Konzessionsschulze hingestellt — obschon seine politische Laufbahn so ziemlich das Gegenteil erkennen läßt.”

Die Wikipedia im Artikel über Tokenismus:

So war im Deutschen Reich der erzwungenermaßen zugelassene einzige Bürgerliche in sonst adeligen studentischen Corps der “Konzessions-Schulze”.

Ein idiomatischer Begriff für Quotenfrau also, sehr schön das.

Lieber Volker Strübing,

Mittwoch, 2. August 2006

das ist nicht die feine Art. Schnell noch jemanden in die Blogroll aufnehmen, um fünf Minuten später moralischen Druck auszuüben (“freundlich wedeln”, von wegen).

[Ach was — die Einleitung ist mir leider etwas verunglückt — danke für den Stock und alles.]

Na dann:

[Hier gehts weiter: »]

Haarige Sachen

Freitag, 28. Juli 2006

Mein Leben in Überschriften:

Am Ende meines Körpers
(von den Füßen aus gesehen)
wachsen Haare.

Der Weg dorthin ist lang
und mein Geschlechtsteil versperrt meistens jede Sicht
Man braucht viel Proviant,
denn diese Reise dauert zirka sieben Jahre.
Bisher kam keiner je zurück,
denn ungefährlich ist die Gegend nicht.

An regnerischen Tagen
sind die Haare von hier unten kaum zu sehen.
Man ahnt zwar, daß sie da sind,
aber wissen kann man’s nie so ganz genau.

Erforscht wurde mein Körper
richtig gründlich bisher nur an meinen Zehen,
doch Haare, Arme, Nase Ohrn und Arsch,
die kennt bisher noch keine Sau.

Am Ende meines Körpers,
(von den Füßen aus gesehen)
wachsen Haare.

Sie sind ein bißchen unheimlich
und seltsam
Und nachts machen sie oft Krach.

Es gibt da ein Geheimnis, das ich eigentlich für mich allein bewahre:
Ich schneid sie manchmal ab,
jedoch sie wachsen von alleine wieder nach.

[Text: Farin Urlaub]

[Ich weiß, nur so mittel lustig.]

Ich schneid sie manchmal ab

Sonnabend, 22. Juli 2006

Dabei wissen wir doch:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser.

[B. Brecht, aus: An die Nachgeborenen]

Und nachts machen sie oft Krach

Mittwoch, 19. Juli 2006

Sehr lesenswerter Artikel (kostenpflichtig) von Michael Hagemeister auf S. 7 der heutigen FAZ.

Deutschland Hauptbahnhof

Sonnabend, 3. Juni 2006

Mit acht Jahren nahm mich mein Vater an der Hand, führte mich ungefähr in die Mitte des Alexanderplatzes (der damals vormittags ziemlich menschenleer war) und hieß mich warten bis wir das Vibrieren des Bodens spüren konnten. „Das ist die West-U-Bahn.“

~

Etwa zweimal im Jahr die Fahrt nach Potsdam, einen Zuckerschock in der Maison du Chocolat holen. So auch heute. Die laufende Ausstellung im Brandenburgischen Kunstverein ist nicht so spektakulär wie die letzte, auch etwas lieblos gehängt.

Auf dem Rückweg in Deutschland Hauptbahnhof ausgestiegen.

Deutschland Hbf

Nach allem dann doch positiv überrascht von der Wirkung. Der Ankunftsort ist vermutlich entscheidend. Denn eigentlich sind es zwei Bahnhöfe: Auf der Stadtbahn und im Tunnel. Den Vergleich des unteren Teils mit der Tristesse des Warschauer Zentralbahnhofes kann ich, angekommen am lichtdurchfluteten Stadtbahnteil, so nicht nachvollziehen.

Zwischen den beiden Bahnhöfen 4 Konsumetagen. Der Konsum tritt allerdings, verglichen mit Leipzig, angenehm in den Hintergrund, vor allem durch die sehr breiten Zwischengeschosse. Viele aufregende Durchblicke, und das Kreuz ist auch von innen gut erkennbar:

Deutschland Hbf

Die berühmte Decke des unteren Teils allerdings nachvollziehbar häßlich.

~

Im Untergeschoß (N-S-Gleise) am Fahrstuhl, der an jedem Zwischengeschoß hält, während aus dem Lautsprecher eine Stimme die Features des Bahnhofes aufzählt. Vor dem Aufzug ein Mann, der den Fahrstuhl beschimpft: „Hör uff zu quatschn und komm jetzt endlich!“ Drinnen dann entschuldigend zu mir: „Ich hab kein Abitur, nur mittlere Reife.“

~

Was ist das Zentrum des Berliner Verkehrs?

Berliner S-Bahn Streckennetz 1951
Streckennetz der Berliner S-Bahn mit Amerikanischem, Britischem, Französischem und Demokratischem Sektor. Friedrichstraße im Zentrum. (1951, geborgt von www.schmalspurbahn.de)

Friedrichstraße. Das Kreuz, das Stadtbahn und Nord-Südbahn hier bilden und das sich seit 1939 einprägt, zieht als Mittelpunkt des Ringes noch auf den momentanen Streckenplänen die Blicke auf sich. Wenn man dann tatsächlich Friedrichstraße aussteigt, kommen noch U-Bahn und Straßenbahn sowie städtisches Getümmel hinzu. Und vor allem: Geschichte. Der Tränenpalast steht noch, die typischen gelben Kacheln des DDR-Untergrundes sind weg.

In Deutschland Hbf hingegen: Busse und eine Wiese.

~

Der Ring ist ein alter Hund.

~

Auf den Bahnplakaten falsche Tatsachenbehauptung: „Berlin-Leipzig in einer Stunde“ wird mit einem Foto der wunderschönen, nun aber nicht mehr benutzten Stadtbahntrasse illustriert.

~

Papestraße Südkreuz Deppenleerzeichen im Fahrstuhl: „Dieser Aufzug ist Video überwacht.“

~
Hamburger Bhf
Nur noch 10 min weg: der Hamburger Bahnhof

Anfragen (ii)

Freitag, 2. Juni 2006
woher kommt kiosk
Aus dem Persischen:

Kiosk m. ‘hausartiger Verkaufsstand, kleines Ausstellungshaus’, im 18. Jh. aus frz. kiosque ‘Gartenpavillon’ entlehnt. Der moderne Gebrauch im Sinne von ‘Verkaufsbude’ setzt im 19. Jh. ein (zuerst Zeitungskiosk). Frz. kiosque geht übet ital. chiosco auf türk. kyöšk ‘Gartenpavillon’ zurück, das auf pers. gōše ‘Winkel, Ecke’ beruht.

[Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen]

[Teil eins]

Daten auf Reisen

Donnerstag, 1. Juni 2006

Zum EuGH-Flugdatenurteil:

How would Americans react if they were forced to give their credit card numbers to the Russian (or worse, French) government just to fly there on business? And why is the U.S. singling out travelers from other countries, when every one of the 9/11 hijackers lived in the U.S. at the time of the hijackings, and got into planes in American airports?

Andrew Hammel stellt Fragen.

Was macht eigentlich Muschi?

Sonnabend, 6. Mai 2006

Der Vorsitzende der Frauenrechtspartei CSU bezieht Stellung:

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau müsse von Muslimen in Deutschland akzeptiert werden, hat der bayerische Ministerpräsident Stoiber gefordert. Wer das nicht anerkenne, habe sich das falsche Land ausgesucht.

[Netzeitung]

Putzig.

Encryption Gangstas

Freitag, 5. Mai 2006

Kryptik war gestern? Ach was, Krypto-Rap rulez: Alice and Bob von MC Plus+ (mp3).

DES is wrong if you listen to NIS
Double DES ain’t no better man, that got Dis’ed
Twofish for AES, that was Schneier’s wish
Like a shot from the key
Rijndael made the swish
But Blowfish is still the fastest in the land
And Bruce used his name to make a few grand.
Use ECB and I’ll crack your ciphertext.
Try CFB mode to keep everyone perplexed.

Yo ma’, und die Antwort ist auch schon da:

Your mom circulates like a public key,
Servicing more requests than HTTP.
She keeps all her ports open like Windows ME,
Oh, there’s so much drama in the PhD.

[Monzy: So much drama in a PhD]

[via]

Untergründig

Donnerstag, 4. Mai 2006
Ausschnitt aus dem kyrillischen Plan der Berliner U-Bahn von 1949
Ausschnitt aus dem Plan mit den Bahnhöfen Warschauer Brücke (heute Warschauer Straße), Stralauer Tor (am nördlichen Ende der Oberbaumbrücke, 1945 zerstört) und Schlesisches Tor.

Die Website www.berliner-untergrundbahn.de hält viel Material zur Geschichte der Berliner Hoch- und Untergrundbahnen bereit. Unter anderem auch historische Streckenpläne. Besonders nett ist die kyrillische Ausgabe aus dem Jahre 1949.

Zu sehen ist das damalige Berliner U-Bahn-Netz mit den Stationsnamen in kyrillischer Schrift, gedacht für die sowjetischen Truppen, Behörden und ihre Angehörigen.

[bln.verkehr]

Fischleim

Sonntag, 30. April 2006

Wenn ich mit meinem taubenblauen Sportjackett –

Durch die Straßen eile
Dann vor’m Gummiladen verweile
Zeigen die Schaufensterscheiben
Wie sich die Blicke der Mädels an meinen Muskeln reiben

da gaffen sie wieder
Die Dicken, die Dünnen,
Die Großen, die Kleinen
Doch ich hab’ kein Int’resse an Frauenbeinen
Mich int’ressiert kein Frauenbein
Bin unterwegs in Sachen Fischleim

Gott, laß sie doch vor Sehnsucht weinen
Tränen rühren mich bei keinem
Mit gelben Pantelons und Sportjackett
Finden mich die Mädels freilich nett
Mich int’ressiert kein Frauenbein
Bin unterwegs in Sachen Fischleim

Und wenn ich mich doch mal bequeme
Und eine mit auf Bude nehme
Dann steck’ ich sie zu den anderen in den Schrank

So geht bei mir die Sache lang
Mich int’ressiert kein Frauenbein
Bin unterwegs in Sachen Fischleim

[Jan Kummer/AG Geige]

Anhören.
Kaufen.

Bahn: Lobbyisten taugen nix

Donnerstag, 27. April 2006

Schwierige Zeiten prophezeit ein Strategiepapier der Deutschen Bahn für das eigene Logistikgeschäft: Das werde Marktanteile verlieren — es sei denn die Lkw-Maut würde vervierfacht, heißt es darin. Eine politische Forderung sei das aber nicht, betont das Unternehmen.

[Quelle]

Warum nicht?

Didi und Stulle bei der langen Buchnacht

Montag, 24. April 2006
Didi und Stulle

Normalerweise ist das nicht nötig. Es soll aber tatsächlich noch ein oder zwei Leute geben, die Spreeblick nicht lesen. Deswegen hier nochmal der Hinweis:

Fil live gezeichnet bei der langen Buchnacht.

Reicher Sterben im Wasser?

Sonnabend, 22. April 2006
Kurt ist furt

Finde sieben Unterschiede: Ein Ei der Werbeagentur oder ein Augenzwinkern bei der Deutschen Bank?

Des Unterhauses Unterpfand

Freitag, 21. April 2006

Die Welt der Aristokratie wird von den deutschen Blogs mit Ausnahme Don Alphonsos weitgehend ignoriert. Das muß anders werden!

Ehemalige Weltreiche wie zum Beispiel Österreich oder Großbritannien haben meist etwas Verschrobenes an sich. Die spezifisch britische Verschrobenheit äußert sich bekanntermaßen in der Nichtabschaffung alter Regeln und deren strenger Befolgung.

Ein angenehmes Schmunzeln verspürte ich daher bei einem mehrwöchigen Aufenthalt in London-Brixton, wo ich mangels Wassers im Hause regelmäßig das lokale Schwimmbad aufsuchte und alle Besucher sich streng an das große Schild “Swim clockwise” hielten.

Über andere Regeln berichtet heute ein netter Artikel von Bernhard Heimrich (FAZ, S. 7) anläßlich des 80. Geburtstages der Queen. Darin auch die Beschreibung der Tradition einer Geiselnahme.

Stadtumbau Ost

Mittwoch, 19. April 2006

[Sind solch dröge Überschriften besser?]

Am 9. April hat Bundesbauminister Tiefensee angekündigt, 620 Millionen Euro für die Fortsetzung des Programms Stadtumbau Ost bereitzustellen. Tiefensee hat Erfahrung mit diesem Programm — er war bis vor kurzem Oberbürgermeister von Leipzig.

In Leipzig werden seit einigen Jahren mit Steuergeldern großflächige Abrisse von Bauten des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts finanziert. Das ist besonders tragisch, weil diese einmaligen Häuser zu DDR-Zeiten zwar verfielen, nach der Wende jedoch noch fast vollständig erhalten waren. Kraß auch, daß eine der Forderungen von 1989 der Erhalt der Bausubstanz war, die jetzt von einem Bauminister, der Leipziger Freiheit beschwört, mit vernichtet wird, gründlicher als es die DDR gekonnt hätte.

Arnold Bartetzky schreibt heute anläßlich der neulich stattgefundenen Demonstration in einem ausführlichen Artikel in der FAZ (Schluß mit den Märchen, S. 37):

[…] längst pfeifen es die Spatzen von Leipzigs Dächern, daß die [städtische Wohnungsbaugesellschaft] LWB, um sich potentielle Konkurrenten auf dem heißumkämpften Wohnungsmarkt vom Hals zu halten, einen Großteil ihrer unsanierten Häuser ohne Rücksicht auf ihren Denkmalwert lieber planmäßig dem Verfall und schließlich der Abrißbirne überläßt, als sie zu einem marktüblichen Preis an sanierungswillige Investoren zu verkaufen.

[…]

Daß diese perfide, von der Stadt als dem einzigen Gesellschafter der LWB unterstützte Strategie nicht nur die beherrschende Stellung des Unternehmens auf dem Immobilienmarkt stabilisiert, sondern auch bares Geld in seine Kassen spült, ist dem milliardenschweren Abrißprogramm namens “Stadtumbau Ost” zu verdanken: Mit einer Pauschalprämie von zur Zeit sechzig Euro pro Quadratmeter Wohnfläche werden die meisten Abrisse in Ostdeutschland von der öffentlichen Hand finanziert. Gerade im Falle der freistehenden Bauten in der Zerbster Straße, die sich ohne besonderen Sicherungsaufwand großflächig einstampfen lassen, dürfte diese Summe die tatsächlichen Kosten deutlich übersteigen. Zudem wird die LWB für ihren Vandalismus vom Bund mit einem Erlaß der auf dem Grundstück lastenden Altschulden belohnt, so daß sie die Brachfläche nach der Selbstbereicherung aus Steuergeldern gewinnbringend veräußern kann.

Die geplante Vernichtung des Eutritzscher Ensembles bezeichnet den Höhepunkt einer neuen Abrißwelle, die Leipzig derzeit überrollt. Schon in den letzten Jahren hat die Stadt, vor allem durch eine verfehlte Baupolitik und Praktiken der LWB, unzählige Baudenkmäler vom Spätklassizismus bis zur Jahrhundertwende verloren. Angesichts des steigenden Widerstands in der Bevölkerung und der zunehmenden Sensibilität der Lokalpresse keimte kurz die Hoffnung auf, daß der Aderlaß eingedämmt werden könnte. Doch nach der Winterpause erlebt die Leipziger Abbruchindustrie, nicht nur dank der LWB, eine neue Blütezeit. So wurde vor einigen Tagen in der schon zuvor durch unsinnige Verbreiterungspläne verwüsteten Friedrich-Ebert-Straße zum allgemeinen Entsetzen das sogenannte Märchenhaus, einer der prachtvollsten großbürgerlichen Jahrhundertwendebauten Leipzigs mit einer in ihrer historistischen Überschwenglichkeit deutschlandweit einzigartigen Fassade, in einen Schutthaufen verwandelt. Ein weniger spektakuläres, aber für das Stadtbild noch wichtigeres Haus aus der frühen Gründerzeit wird gerade am Dittrichring, direkt gegenüber der Thomaskirche, nach einem Teileinsturz niedergelegt.

Während den beiden Bauten wegen ihres ruinösen Zustands und des Bankrotts beziehungsweise der Unfähigkeit ihrer Besitzer schon lange kaum Rettungschancen eingeräumt wurden, ließe sich zumindest die Fassade eines ebenso zentral gelegenen, im LWB-Besitz befindlichen Gründerzeithauses in der Käthe-Kollwitz-Straße ohne weiteres erhalten. Doch die Stadt denkt gar nicht daran, sich den Wünschen des Investors zu widersetzen, der das Gebäude vollständig für einen Erweiterungsbau der benachbarten Medica-Klinik abbrechen will. Ein weiteres schockierendes Beispiel für die Preisgabe eines Kulturdenkmals für kurzsichtige Investoreninteressen bietet der vor einigen Wochen erfolgte Abriß der 1909 errichteten Wagenhalle im ehemaligen Straßenbahnbetriebshof Reudnitz. Die älteste Stahlbetonhalle Leipzigs mußte einem Supermarkt weichen, obwohl sie mit vertretbarem finanziellem Mehraufwand in das Projekt hätte integriert werden können.

[…]

Redensarten

Montag, 3. April 2006

Der Historiker Laurenz Demps im auch sonst sehr lesenswerten Montags-Interview in der Berlin-Taz über die Herkunft von „es ist fünf vor zwölf“:

[]

Wilhelm I. trat kurz vor 12 Uhr ans Eckfenster des Kaiser-Wilhelm-Palais, um den Aufzug zu sehen und sich von der patriotischen Bevölkerung bejubeln zu lassen. Wenn ein Minister oder Botschafter kurz davor zum Gespräch einbestellt wurde, war das ein Wink, daß es um die Sache nicht gut bestellt war. Gegen 11.55 Uhr überbrachte ein Diener die Botschaft: “Majestät, es ist fünf vor zwölf.” Das war ein deutlicher, aber vornehmer Wink, daß die Audienz zu Ende war.

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Hammer ist schlecht für Daumen, aber gut für Nagel in Wand

Donnerstag, 23. März 2006

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»Welches Ziel verfolgen Sie eigentlich«, stillgestanden! Der Angeklagte gibt zu Protokoll, daß er erstens als Angestellter angewiesen ist, Artikel zu schreiben, um sein Gehalt zu rechtfertigen, und daß sein Arbeitgeber zweitens behauptet, seine Angestellten dürften jederzeit alles schreiben, was sie tatsächlich denken. Der Angeklagte versucht also, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Er rechtfertigt sein Gehalt, indem er die Welt so kommentiert, wie er sie sieht, und testet dabei gleichzeitig, ob man an so einem Ort wirklich schreiben darf, was man denkt. Wenn es schief geht, kriegt er Arbeitslosengeld — eine Situation, bei der er jedenfalls kurzfristig nur gewinnen kann.

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[Dietmar Dath im Interview mit Phase 2, via]

Baby — did you forget to take your meds

Sonnabend, 11. März 2006
Placebo

Andacht.

Da stand er nun, als wolle er uns mit seinem riesigen Mund verschlucken und hob den Zeigefinger.

Unspektakuläre Bühnenshow. Dafür handwerklich sehr sauberes Rockkonzert.

Olsdal und vor allem Brian Molko sehr präsent.

Kaum Interaktion mit dem Publikum, aber völlig ok so.

Sehr seltsam: Mitklatschen bei Placebo. Zwischenzeitlich wie bei „Ein Kessel Buntes“ gefühlt.

Publikum: mehr Frauen als Männer. Ob die etwa auch in Molko verliebt sind?

Problem: die eigene Verzweiflung und Finsterkeit, die offenen Wunden, die durch diese Musik so gut getroffen wurden, werden in der Masse plötzlich banal. Schlimm das.

Ganz großartig: Songs, die einfach so einsetzen, ohne Einzählen, Intro etc. Molko, der mit seinem unglaublichen Gesang auch live ganz nonchalant immer den richtigen Ton trifft.

Vorher: drei Stunden von der Masse vor der Tür zusammengedrückt werden. Leicht dramatische Szenen. Unangenehm: O2 öffnet hin und wieder die Tür und filmt das ganze.

Unbedacht: Die Fließgeschwindigkeit in einem Trichter scheint am Rande höher zu sein als in der Mitte. Dort wird man nur zusammengequetscht und kommt nicht vorwärts.

Sympathisch: Slut als Support-Act, auch wenn ihre Interpretation der Dreigroschenoper etwas zu gefällig ist.

War jut jewesn.

[Placebo, 10. März 2006, Columbiahalle, Tempelhof]