Und Gott zürnt
Sonntag, 27. April 2008„Und als ich mich wandte und von dem Berge herabging, der im Feuer brannte, und die zwei Tafeln des Bundes in meinen beiden Händen hatte, da sah ich, und siehe, da hattet ihr euch an dem HERRN, eurem Gott, versündigt und euch ein gegossenes Kalb gemacht und wart schnell von dem Wege abgewichen, den euch der HERR geboten hatte.“ (5. Mose 9, 16)
Jean Ziegler, der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung wird im Tagesspiegel sehr deutlich (der ganze Artikel lohnt sich sehr):
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Der Zynismus der EU-Kommissare in Brüssel ist bodenlos. Sie fabrizieren den Hunger in Afrika und organisieren auf den Meeren die Jagd nach den Hungerflüchtlingen. Sie haben eine halb geheime militärische Organisation auf die Beine gestellt, die oben erwähnte Frontex. Diese Institution ist für die „Verteidigung der Außengrenzen Europas“ zuständig. Sie verfügt über schnelle und bewaffnete hochseetaugliche Abfangschiffe, über Kampfhubschrauber, eine Flotte von Überwachungsflugzeugen, die mit hochempfindlichen Nachtsichtkameras ausgestattet sind, über Radaranlagen, Satelliten sowie über hochentwickelte Mittel zur elektronischen Fernüberwachung.
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Der World Food Report der FAO […] versichert, daß die weltweite Landwirtschaft im derzeitigen Entwicklungsstand ihrer Produktivkräfte normalerweise […] 12 Milliarden Menschen ernähren könnte. Wir sind heute 6,6 Milliarden Menschen auf dieser Erde. Konklusion: Es gibt kein unabänderliches Schicksal. Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet. Die wirtschaftliche, soziale und politische Weltordnung, die vom Raubtierkapitalismus errichtet wurde, ist nicht nur mörderisch. Sie ist auch absurd. Sie tötet, aber sie tötet ohne Notwendigkeit. Sie muß radikal bekämpft werden.
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Und der Raubtierkapitalismus ist nicht einfach da. Wir sind die Nutznießer. Und wir tanzen weiter selbstverliebt um das Goldene Kalb, interessieren uns für nutzlose Gadgets, trinken Milchkaffee und fliegen um die Welt, anstatt hinzusehen.
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Wo ist Hoffnung? In der Weigerung des Menschen, eine Welt zu akzeptieren, in der das Elend, die Verzweiflung, die Ausbeutung und der Hunger einer Vielzahl den relativen Wohlstand einer gewöhnlich weißen Minderheit gewährleistet. Der moralische Imperativ lebt in jedem von uns. Es geht darum, ihn zu wecken, den Widerstand zu mobilisieren und den Kampf zu organisieren. Ich bin der andere, der andere ist ich. Die Unmenschlichkeit, die einem anderen angetan wird, zerstört die Menschlichkeit in mir. Karl Marx: „Der Revolutionär muß imstande sein, das Gras wachsen zu hören.“
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