Während sich am vergangenen Sonntag die KanzlerInnen duellierten, spielten auf der Museumsinsel die Pet Shop Boys. Ja, genau die Pet Shop Boys, die wir damals fast so scheiße wie Modern Talking fanden. Und wattsollicksaren: Ick war da. Bevor jetzt neben meinem Musikerbruder andere nicht mehr mit mir sprechen, söllte ich noch erwähnen, daß sie erstens nicht allein waren, zweitens kaum zu sehen und vor allem, daß sie kaum gesungen haben.
Auf der Museumsinsel gab es den Eisenstein-Film „Panzerkreuzer Potёmkin“, musikalisch begleitet von den Pet Shop Boys und den Dresdner Sinfonikern (bekannt unter anderem durch ihren Rammstein-Liederzyklus). Einflußreich wie kaum ein anderer Film, umjubelt und umstritten, reicht die Wirkung von Panzerkreuzer Potemkin bis in die heutige Zeit.
Rumms! Die Explosion der Revolution, die freudige Wut ihrer Protagonisten, die brutale Niederschlagung des Aufstandes auf der Hafentreppe von Odessa sind auch heute noch eindrucksvolle Zeugnisse des sowjetischen Propagandafilms. Sein Autor Sergej Eisenstein wünschte sich aller zehn Jahre eine neue Filmmusik.
„Rhythmus, Rhythmus, Rhythmus“ hatte Eisenstein von Edmund Meisel verlangt, der 1926 die Musik für die deutsche Erstaufführung schuf. Und tatsächlich ist der Rhythmus der Musik von Neil Tennant (Pet Shop Boys) und Torsten Rasch (Dresdner Sinfoniker) bis ins Detail auf den Schnitt des Films komponiert. Es macht einerseits Spaß, sich diesem Rhythmus hinzugeben, andererseits schaffen sie es sehr überzeugend, auf kleine Details aufmerksam zu machen. Man merkt dabei den Einfluß der Sinfoniker: sie können der Pathosfalle geschickt ausweichen. Die Musik lenkt das Auge vielmehr auf Details wie die Gesichter der Matrosen, das Kreuz des Priesters, das Klavier in der Offizierskajüte oder die Maden auf dem Fleisch.
Insgesamt: ja. Es hat gefallen. Mal davon abgesehen, daß rote Fahnen und gutaussehende Matrosen schon die Pet-Shop-Boys-Videos der achtziger Jahre prägten, ist die Bearbeitung dieses Films durch so gänzlich unironische aber gründliche Menschen wie die Pet Shop Boys durchaus förderlich. Der dünne Gesang von Neil Tennant hat zwar nichts von seiner Gruseligkeit verloren, er darf aber zum Glück nur an wenigen Stellen singen.
Auch schön: die Atmosphäre auf der Museumsinsel und die Tatsache, daß der Film im Mittelpunkt stand.
Doof: Leute im Publikum, die glaubten, sie könnten nach Beginn des Filmes ihre Vordermänner brüllend dazu überreden, sich wieder hinzusetzen. Sie hatten zwar recht, haben aber in der ersten Viertelstunde garantiert nichts mitbekommen.