Archiv für November 2006

O.T.

Donnerstag, 30. November 2006

Überschriften zu finden ist oft schwierig, ich weiß. Man will eine möglichst gute Zusammenfassung des Textes finden, andererseits den Leser dazu bringen, selbigen auch noch zu lesen. Manche umgehen das, indem sie ganz auf Überschriften verzichten.

Andere überschreiben wichtige Post lieber so, daß man sie beim flüchtigen Lesen sofort als Spam klassifiziert:

Post von Alice! Bitte gleich lesen!

[Ja, die DSL-Gerüchteküche überschlägt sich mal wieder. Ich trau dem aber noch nicht so richtig.]

Finde sieben Unterschiede

Mittwoch, 29. November 2006

Aber interessant: Wenn die Bahn jetzt das Dach vom von Gerkan nachbauen muß (was ja so noch nicht raus ist: die Bahn will in Berufung gehen), ist das einer der seltenen Fälle, in denen zwei Entwürfe auch richtig ausführt werden und man in einer Art Vorher-Nachher den Geschmack von Mehdorn einerseits und von von Gerkan andererseits vergleichen kann.

[Jetzt schon sehen kann man die Unterschiede zum Beispiel in diesem Artikel unten.]

Dachschaden am Bahnhof

Dienstag, 28. November 2006
TSFKALB unten
TSFKALB unten
Foto: ntropie

Schadenfreude wäre unfein. Und daß ein Architekt das Urheberrecht dazu verwenden kann, Änderungen des Bauherren rückgängig zu machen, deckt sich nicht so ganz mit meinem Rechtsempfinden. Aber wer die häßliche abgehängte Decke im Untergeschoß von TSFKALB (The station formerly known as Lehrter Bahnhof) schonmal ertragen mußte, wird sich freuen: Bahn verliert gegen von Gerkan.

Hinweis

Montag, 27. November 2006

Der hier schon erwähnte Film „Die nationale Front — Neonazis in der DDR“ läuft heute um 22.15 Uhr im RBB-Fernsehen.

Tatort: Liebe macht Blind (RBB)

Mittwoch, 22. November 2006

Nja, Berlin eben. Ein Anwalt wurde umgebracht und alle Kanzleimitarbeiter haben ein Motiv. Zwischendurch spielt noch der neue Berliner Trend Speeddating eine wichtige Rolle. Die etwas langweilige Story wird auch dann nicht besser, wenn die Ermittler abends in der Kneipe Einsame-Wolf-Kommentare zu dem ganzen Beziehungskram abgeben. Zwischendurch Berlin-Klischees am laufenden Band (im Lokal „Zur Molle“ lesen sie eine Zeitung namens „Kiez und Kneipe“, also bitte!).

Einzig Ernst-Georg Schwill (Weber) („Spittetting“) und Veit Stübner (Wiegand) spielen die Berliner glaubwürdig und mit Witz. Sie sind aber auch welche.

[Erstsendung: 19. November 2006]

Tatort: Das zweite Gesicht (WDR)

Mittwoch, 22. November 2006

Im Moment komme ich nicht so ganz hinterher mit den Tatorten und die Aufnahme zum Nachgucken habe ich auch nicht mehr. Daher ist das hier jetzt etwas kürzer.

Aber schön wars. Diese Folge versöhnt wieder etwas mit den Münsteranern: Liefers spielt nicht mehr ganz so affektiert. Die Witze werden etwas besser in die Handlung eingebaut und insgesamt ist alles angenehm im Fluß. Großartig: Alexander Hörbe als paranoider Nachbar mit Strahlenschutzhelm („Ich mußte nochmal in die Wohnung, sie wissen ja gar nicht wie das wehtut, diese Alpha-Strahlen“).

[Erstsendung: 12. November 2006]

Kein Parkhaus, aus!

Dienstag, 21. November 2006

Jawoll:

Aufgrund des hohen Anteils ortsfremder Parker während des Tages wird vom Gutachter das Erfordernis einer Quartiersgarage nicht gesehen. Außerdem ist davon auszugehen, daß im Zuge weiterer Wohnungsbauprojekte der Stellplatzbedarf in erster Linie auf den eigenen Grundstücken realisiert wird.

Mit diesem Fazit werden unsere Zweifel an der Notwendigkeit eines Parkhauses in Alt-Stralau vom Verkerserhebungsgutachten bestätigt. Das Gutachten wurde im Auftrag des Baustadtrates Dr. Franz Schulz erstellt, nachdem sich der Entwicklungsträger Wasserstadt GmbH und die Betroffenenvertretung Rummelsburger Bucht schon fast bockig weigerten, auf unsere Argumente einzugehen.

Damit dürfte jetzt eine Änderung des Bebauungsplanes vom Tisch sein. Danke allen Unterstützern! Die hohe Zahl von Unterschriften, die in sehr kurzer Zeit zusammenkam, hat es erst ermöglicht, daß unsere Meinung überhaupt gehört wurde.

Wohin soll denn die Reise gehn

Montag, 20. November 2006

Als der Hochmütige, für den sie ihn immer gehalten hatten, wirft er ihnen einen letzten Blick zu und den langen schwarzen Umhang sich über die Schulter, steigt in den alten Opel, fährt auf der alten Landstraße Richtung Berlin.

~

Im Tal bei den Tieren liegen. Die Mädchen ziehen vorüber. Manchmal setzen sich welche zu dir, ihr redet, hin und wieder wird geraucht. „Und so vergeht die Zeit“.

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Mit den anderen im Hof der verfallenen Werkstatt Sachen suchen. Das Haus einrichten.

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Leichte schwere Zeiten, in denen sich der schlimmste Zwist im Rausch beilegen ließ. [Und hinter dem dunklen Bahnhof gab es Kaschemmen, in denen konntest Du Dich für 20 Mark totsaufen oder in den Kellner verlieben. Oder beides.]

~

Carve your name into my arms.

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Leichte schwere Zeiten, in denen es immer einen Anlaß gab, sich hinter dem Bahnhof in dunklen Kaschemmen rumzudrücken.

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Auf der Straße stehen, weinen.

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Vier Wochen bei Kälte, etwas Brot und einer Flasche Schnaps aushalten und dann die Einladung zum Essen verschlafen.

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Auf der Veranda bei den drei Schwestern: die Kerzen biegen sich im Sonnenschein. Mondschein auf der Haut. Immer kommt einer und geht wieder.

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Die aufgehende Sonne schüttelt gemeinsam mit dem Beat der letzten Nacht Dein Hirn. Noch wach? Es könnte Dein Tag werden. Nur manchmal geht im Leben …

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Und Musik.

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[Ich kann niemandem etwas vorwerfen als mir selbst.]

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[Ich weiß es nicht, und ich wills nicht wissen.]

Dit nenn’ick ma ’ne Ansare!

Sonnabend, 18. November 2006

Ostkreuz1, Bahnsteig F:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes: Bernau, Zurückbleiben bitte.

1Schön beobachtet: Wenn sowas passiert, dann Ostkreuz. Bahnsteig A wäre allerdings die Krönung gewesen.

Become a Free Porn Viagra Popstar Instantly!

Freitag, 17. November 2006

Der Spamfilter bewahrt zwar vor so einigem Übel, ist jedoch manchmal etwas übereifrig. Daher: Wessen Kommentare wie von Geisterhand verschwinden, der möge sich doch bitte unter blog@stralau.in-berlin.de beschweren.

Danke.

[Wenn dann aber der Mail-Spamfilter auch zuschlägt, kann man nicht viel machen.]

Bahnhöfe der Moderne

Mittwoch, 15. November 2006
U-Bahnhof Hermannplatz
Grenander-Bahnhof: Hermannplatz. Der Kasten der heutigen U8 (rechts oben im Bild) hängt unter der Decke des gewaltigen Raumes für die U7, so daß beide das gleiche Deckenniveau haben.
Foto: stomen

Der Schwede Alfred Grenander war der wichtigste Architekt der Berliner Hoch- und Untergrundbahn. Er entwarf unter anderem 70 Bahnhöfe im unverkennbaren Stil. Von ihm stammt das System der Kennfarben, das auf den Bahnhöfen der heutigen Linie 8 noch gut zu sehen ist (auf der Linie 5 wurden die Kacheln leider vor Kurzem durch zwar gefärbte, aber ziemlich häßliche Metallplatten ersetzt, die leichter zu reinigen sind).

Im Technikmuseum eröffnet heute die Ausstellung Berlin über und unter der Erde — das Werk von Alfred Grenander. Anläßlich dessen gibt es im aktuellen Tagesspiegel 12 Seiten Sonderbeilage sowie einen äußerst hübschen virtuellen Rundgang und aufregende Photos.

Kreative Berufe: Texter bei der BZ (i)

Mittwoch, 15. November 2006

Ein paar der Überschriften vom 27. Oktober von der Internetseite der Hauptstadtzeitung BZ:

  • Kannibale mit Opfer. Er kochte ihren Kopf und briet Beine und Füße im Ofen
  • Das ist das Mädchen, das mit dem DJ von der S-Bahn überrollt wurde
  • Mädchen-Mörder aus Größenwahn
  • UNGERECHT! Diese Mutter muss 1000 Euro zahlen, weil sie den Vergewaltiger ihrer Tochter geohrfeigt hat
  • Ich habe 20 Kilo abgenommen, um Porno-Star zu werden
  • Todes-Crash aus Liebeskummer
  • Ich kann nicht mehr bauchreden, weil ich das falsche Medikament nahm
  • Warum heißen in Berlin die meisten Huren Lisa?
  • Was ist schlimmer? Polizei suchte Kinderpornos, fand Bomben-Plan
  • Hackfleisch-Ali lieferte Pansch-Döner
  • Warum arbeiten so viele süße Mädchen bei Media Markt?
  • Promis kämpfen für Lungen-Mädchen Claudia

Entschuldigung, …

Montag, 13. November 2006
Bärtige
… kann ich mal Ihren Bart benutzen?

Tatort: Liebe am Nachmittag (WDR)

Sonntag, 12. November 2006

Ooch nja. Aus Köln hat man schon besseres gesehen. Uninspirierendes Beziehungswirrwar, in dem Geschlechterverhältnisse in etwas altbackener Manier durchgekaut werden.

[Erstsendung: 5. November 2006]

Tatort: Das letzte Rennen (HR)

Sonntag, 12. November 2006

Vor dem Frankfurt-Marathon bricht ein Krimineller aus dem Gefängnis aus, der noch eine Rechnung mit Kommissar Dellwo offen hat. Als dann ein Läufer erschossen wird, ist schnell klar, daß dieser Opfer eines Fehlschusses wurde. Sowohl Dellwo als auch der Schütze müssen nun gefunden werden. Das tatsächliche Ziel ist jedoch jemand anders.

Dieser Film lebt hauptsächlich von seinem Rhythmus und dessen Umsetzung. Geprägt wird der Rhythmus durch den Lauf. Innerhalb dessen ist Zeit für hübsche Verfolgungsjagden (neuer Kollege versucht Dellwo abzufangen, verpaßt ihn aber immer wieder), Querverbindungen (Charlotte Sänger verfolgt ihre eigene Spur, dirigiert ihre Kollegen aber per Telefon) und Konflikte (Dellwo weigert sich, den neuen Kollegen auch nur wahrzunehmen, dieser wiederum versucht Charlotte beim Chef anzuschwärzen). Auch die Nebenhandlungen (Dellwo weigert sich arrogant, einen neuen Kollegen auch nur wahrzunehmen, Charlotte Sänger vertraut lieber ihrem Gefühl und weiß, daß Technik auch versagen kann, die Assistentin ist schwanger) sind gut in den Rhythmus verwoben.

Umgesetzt wird der Rhythmus durch präzises Schauspiel, spektakuläre Bilder (Kamera: Dominik Schunk) und gute Musik (Tobi Neumann und Martin Probst). Einzig die Untermalung von Laufszenen durch Lola-rennt-Beats hat man inzwischen schon zu oft gehört.

[Erstsendung: 29. Oktober 2006]

Wien (vi): Folklore und Modernisierung

Donnerstag, 9. November 2006
Wien, Kunsthistorisches Museum, Skulpturensammlung
Kunsthistorisches Museum, Skulpturensammlung

Auffallend ist allerdings, daß Wien sich zwar immer noch eine wunderbar erhaltene Struktur von inhabergeführten Geschäften in hübschen Ladenlokalen erhalten hat, jedoch im zeitlichen Vergleich doch ein paar Umstrukturierungen auffallen: Geschäftsaufgaben, Starbucks (in Wien!) und die klassischen Würstelstände werden zunehmend von Pizza-Döner-Ketten wenn auch nicht ver-, so doch bedrängt. Das ist natürlich ein von Sachkenntnis völlig ungetrübter Eindruck, wahrscheinlich schwimmen die Geschäftsinhaber nur so im Geld und die Erben freuen sich schon wie Bolle auf den Tag, an dem sie Vaters Geschäft übernehmen können.

A propos Würstelstand (und die Wiener mögen mir dieses wahrscheinlich furchtbar abgestandene Klischee verzeihen): Bestellung an ebendiesem:

„Eine Eitrige, ein 16er Blech und einen Buckel“.
Eine Käsekrainer (Grobe Wurst mit Käseeinsprengseln), eine Dose Ottakringer Bier (Ottakring ist der 16. Bezirk) und einen Kanten Brot.

Wien (v): Menschen im Verkehr

Mittwoch, 8. November 2006
Naschmarkt
Naschmarkt

Zwei Phänomene, die manche als typisch für Berlin ansehen:

  • Busfahrer, die an der Haltestelle warten, bis man rennend den Bus fast erreicht hat und dann lachend losfahren.
  • Leute, die sich vor dem Einsteigen so dicht vor die U-Bahn-Tür stellen, daß die, die drinnen sind, nicht rauskönnen.

Stimmt gar nicht. Gibts auch in Wien.

Wien (iv): Ansehen

Mittwoch, 8. November 2006
Kirche am Steinhof
Kirche am Steinhof
  • Sehr zu empfehlen: der Ausflug zur Jugendstil-Kirche am Steinhof, 1907 von Otto Wagner erbaut, jetzt nach langer, sehr aufwendiger und guter Restaurierung wiedereröffnet. Bevor man sich umsonst auf den Weg macht (liegt etwas außerhalbt, Bus 48A): Sonnabends 15.00 Uhr öffentliche Führung, 4 € Eintritt, 16.00–17.00 Uhr freier Eintritt, sonntags 9.00 Uhr Messe.
  • Das Theater in der Josefstadt zeigt eine sehr frische Aufführung der Möwe mit guten Schauspielern.
  • Im Kunsthistorischen Museum gibt es eine kleine feine Sonderausstellung zur venezianischen Renaissance
  • Erwin Wurm, zu sehen im MUMOK ist äußerst lustig und hat dazu auch noch richtig was zu sagen. Wer Musikfernsehen sieht, kennt ihn vielleicht aus diesem Video der Chilli Peppers. Die neueren Sachen fand ich aber ein bißchen einfallslos und zu dick aufgetragen. Viele Kinder, die auch wirklich Spaß an der Ausstellung hatten. Im Keller des MUMOK Retrospektive Nouveau Réalisme.
  • Im Hauptsaal der Secession sozial engagierte Kunst. Im Grafischen Kabinett die hübsche kleine Gemeinschaftsausstellung I — Performative Ontology, in der ein Bild fehlte. Das Personal reagierte auf den Hinweis ein wenig ruppig — der Fehler gehört dazu.
  • Paßt nicht so ganz hierher, weil nicht in Wien: Regine Müller-Waldecks Arbeit „Emotionale Sicherheit“, die man momentan neben den Werken Anna Meyers in der GFZK Leipzig etwas hinten in der Ecke sehen kann, ist unglaublich anrührend.

Wien (iii): Beschriftung nach Wunsch

Mittwoch, 8. November 2006
Beschriftung nach Wunsch
Modellbahnladen, 6., Fillgrader Gasse

Wien (ii)

Mittwoch, 8. November 2006
Kein Café: Kunsthistorisches Museum

Das Wiener Kaffeehaus kommt meiner Art zu leben so viel mehr entgegen als alles, was es in Berlin gibt, daß ich mich fragen muß, warum ich nicht schon längst weg bin. Ein paar sehr bemerkenswerte Orte:

  • Café Prückel, 1., Stubenring/Karl-Lueger-Pl.
  • Café Sperl, 6., Gumpendorfer Str./Lehárgasse
  • Rüdigerhof, 5., Hamburger Str. 20
  • Bräunerhof, 1., Stallburggasse 2
  • Havelka, 1., Dorotheergasse
  • Jelinek, 6., Otto-Bauer-Gasse/Königseggasse

Wien (i)

Dienstag, 7. November 2006

Kurz vor Abfahrt des Zuges bei Stackenblochen vom Moleskine-City-Notebook gelesen und noch schnell gekauft.

15 € ausgegeben, über Geldverschwendung geärgert.

Bahn für alle

Donnerstag, 2. November 2006

[Das Wichtige zuerst: Bahn für alle ruft zum Mitmachen auf.]

Wenn man das private Leid der Enteigneten ausklammert, kann man die Privatisierungswelle in Deutschland seit 1990 als ähnlich ideologischen Irrweg wie die Verstaatlichungswelle in der DDR sehen. Wurde damals die Wirtschaft durch die Enteignung von nicht nur Groß- sondern auch traditionsreichen Familienunternehmen handlungsunfähig gemacht, geschieht dies heute dem Staat und damit der ganzen Gesellschaft.

Was hat man uns versprochen: mehr Service, mehr Leistungsbereitschaft, mehr Auswahl.

Was haben wir bekommen: Aus vielen kleinen Stadtwerken ist ein Kartell aus drei Stromanbietern geworden. Wo es früher an jeder Ecke ein Postamt gab, einige mit Öffnungszeiten bis nach Mitternacht, gibt es nunmehr ein paar überfüllte Filialen, die um 18.00 schließen. Aber die Post macht Gewinn, immerhin. Berlin bereut inzwischen den Verkauf von Gasag und Wasserbetrieben sehr, kann sich aber einen Rückkauf nicht leisten. Seit der Bahnreform gibt es keine Gepäckwagen und -aufbewahrungen mehr. Der Güterverkehr hat drastisch gelitten. Und viele Bahnlinien in die Fläche, die als Anschluß an die großen Linien wichtig sind, wurden aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt.

Bei der Bahn wird seit einiger Zeit gestritten, ob eine Privatisierung mit Netz oder ohne stattfinden soll. Die Begründung für die Bahnreform war mehr Wettbewerb. Davon abgesehen, ob dieser wirklich sinnvoll ist: mit einem Verkauf des Netzes wird er nicht zu haben sein.

Bei der Bahn bietet sich aber jetzt auch eine Chance zum Umdenken, denn Erfahrungen aus anderen Ländern liegen vor: in Großbritannien mußte der Staat das Schienennetz nach der komplett gescheiterten Privatisierung für umgerechnet 21 Mrd. Euro zurückkaufen. In Lettland und Estland gibt es durch die harte Konkurrenz von billigeren Buslinien inzwischen keine Eisenbahn viele Linien nicht mehr (in Hapsal haben sie gerade den alten Holzbahnhof schön restauriert und Lautsprecher mit Bahngeräuschen angebracht, damit es mehr Feeling gibt).

Dabei ließe sich bei der Deutschen Bahn durchaus einiges privatisieren: das Unternehmen betätigt sich vermehrt auf eisenbahnfremden Gebieten als Logistikdienstleister. Mit der größten europäischen LKW-Spedition, Schenker, macht sich die Bahn beim Gütertransport selbst Konkurrenz. Auch der Aufbau von Güterzentren in Kasachstan gehört nicht unbedingt zu den Kernaufgaben des Staates.

In der aktuellen Verwirrung, in der der Mehdorn-hörige Verkehrsminister mit einem Abbruch der Privatisierung droht, fordert das Bündnis Bahn für alle genau das und ruft zum Mitmachen auf. Mit dabei der äußerst kluge Hermann Scheer.

Ein ganz anderes Verhältnis herrschte noch vor 125 Jahren, als mit dem Bau der Stadt- und Ringbahn Berlin moderne Verkehrsmittel bekam, die im Prinzip heute noch das Rückgrat der Beförderung bilden:

Das Projekt der Berliner Bahn rührt von dem tüchtigen Baumeister Orth her, der vor zwölf Jahren in einer Broschüre »Berliner Centralbahn« den Bau anregte. Oberbaurath Hartwich nahm das Orth’sche Projekt auf, modificirte dasselbe und führte es in’s Leben. Es thut dem Verdienst der ersten Bauunternehmer keinen Abbruch, daß die Gesellschaft, welche den Bau begann, nicht in der Lage war, denselben bis zum Ende durchzuführen, und das der besser ausgerüstete Staat den Weiterbau übernehmen mußte. Orth, Hartwich und Dircksen verdanken wir das kolossale Werk, welches 65 Millionen Mark kostete — sechs Millionen Mark pro Kilometer, während die Londoner unterirdische Bahn 14 Millionen Mark für dieselbe Strecke verschlang –, und das am 1. Juli 1882 für den lokalen Verkehr wie externen Verkehr fertig gestellt wurde. Der Betrieb der Berliner Stadtbahn — das muß rückhaltlos anerkannt werden — wird von dem Eisenbahndirektor Wex und seinem gesammten Stabe musterhaft verwaltet. Wenngleich aber sieben- bis achtmalhunderttausend Personen im Monat die Stadtbahn benutzten, war eine einigermaßen ins Gewicht fallende Verzinsung des Anlagekapitals im ersten Jahre nicht zu erzielen. Doch ist alle Hoffnung vorhanden, daß dies in der Folge geschehen wird. „Wer’s Recht hat und Geduld“ sagt Göthe — „für den kommt auch die Zeit“, und immer wird der alte Satz sich bewahrheiten, daß jede Erleichterung des Verkehrsbedürfnisses den Verkehr selbst in ungeahnter Weise steigert.

[aus: Emil Dominik: Quer durch und ringsum Berlin. Eine Fahrt auf der Berliner Stadt- und Ringbahn. Berlin 1883.]

Gaga-Volksbegehren

Donnerstag, 2. November 2006

Danke, CDU und FDP. Jetzt weiß ich wieder, warum ich gegen die Aufweichung der Kriterien für Volksbegehren gestimmt habe:

Volksbegehren für den Flughafen Tempelhof

Ich war nämlich schon unsicher geworden.