Archiv für Februar 2006

Warum ich (erstmal) nicht (mehr) auf Bloglesungen gehe

Dienstag, 28. Februar 2006

Zunächst: ich war nicht in Düsseldorf. Vielleicht wars ja super. Das Folgende bezieht sich auf Bloglesungen im Allgemeinen, unfair extrapoliert aus den beiden, die ich gehört habe, und ist eine Antwort auf diesen Text. Wobei ich mich gar nicht angesprochen fühlen müßte, ich bin ja kein Feind der Literatur, nicht mal von Lesungen, nur gut müssen sie sein.

Ja, ich habe mir die Artikel, auf die Don Alphonso sich bezieht angesehen, und die sind wirklich teilweise dumm, aber ich verstehe nicht, warum das gleich so einen Aufschrei verursacht. Und es stört mich. Weil es eine Haltung von “Wer nicht für uns ist, ist gegen uns” aufbaut.

beim wichsen im elfenbeinturm passiert einem nichts, da wird einem nicht der spiralblock weggenommen, da passiert einem nichts überraschendes, da wird man einfach und sicher alt und klug.

[wirres]

Das ist klug beobachtet und aufgeschrieben. Ansonsten finde ich den Streit, der da momentan stattfindet, äußerst lächerlich. Denn es geht ja wohl nicht darum, ob man Lesungen an sich gut oder schlecht findet. Klar, wer mit Lesungen nichts anfangen kann, bleibt zu hause. Für alle anderen gibt es gute und schlechte Lesungen.

Und die beiden Bloglesungen, die ich in Berlin erlebt habe, waren schlecht. Auch das wäre nicht der Rede wert, würde es nicht jedesmal diese gleichzeitig vereinnahmende und ausschließende “Wir finden uns gegenseitig so gut”-Kuschelatmosphäre geben, die im Nachhinein furchtbar empört auf Kritik reagiert.

Um die Punkte festzumachen:

Viele haben nicht gut gelesen. MC Winkel fand ich ganz gut. Parka Lewis habe ich leider noch nicht gehört.

Die meisten gelesenen Texte waren ungeeignet für Lesungen. Viele deutsche Blogtexte entstammen den Kategorien “subtile Alltagsbeobachtung” und “Gefühlsschau”. Das funktioniert in Blogs selbst recht gut, weil da der Aktualitätsbezug klar ist. Auf Lesungen fehlt dieser Rahmen aber. Und das beschwört Vergleiche mit den Meistern dieses Genres: die Sprachmächtigkeit eines Max Goldt (der i.ü. auch sehr gut lesen kann) aber selbst die scheinbar hingerotzten Lesebühnentexte von Jochen Schmidt und anderen Enthusiasten haben mehr Mitreißendes.

Diese Vergleiche würden vielleicht etwas gnädiger ausfallen, wäre mehr Bescheidenheit im Spiel: sowohl im Auftritt der Lesenden als auch in den Ankündigungen.

Alltagstexte sind leicht zu konsumieren. Das macht sie sehr geeignet für schnelles Bildschirmlesen. Auf einer Lesung ist mir das aber wie zu viele Pralinen und zu wenig Ballaststoffe. Gebt mir was zum Kauen!

Wortspiele: Bitte weniger und bessere.

Das sind meine sehr subjektiven Eindrücke. Aber damit müssen die Lesenden leben: auf die Bühne zu gehen bedeutet nicht automatisch Applaus, sondern erstmal Beurteilung durch das Publikum. Und die kann so oder so ausfallen. Deswegen macht das auch nicht jeder. Deswegen gibt es sowas wie Lampenfieber.

Dummerweise ist es im Zeitalter von Blogs jedem möglich, seine Meinung aufzuschreiben. Aber das haben wir ja immer gewollt, oder?

Um ein paar Diskussionen gleich abzukürzen: Ja, ich habe auch schon auf ein paar Bühnen gestanden. Das ist aber nicht der Punkt. Kritik ist möglich, auch wenn man nicht selbst Schaffender ist. Ich gehe auch sehr gern zu Lesungen. Nur müssen sie mir was geben.

So. Macht mich fertig.

Rettung

Dienstag, 28. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (4): Rettung
Max Klinger: Ein Handschuh (4): Rettung
(Aufs Bild klicken macht groß)

[Alle Abbildungen hier]

Auf diesem Bild, welches auch „Die Gefahr“ hieß, wird der Handschuh ein zweites Mal gerettet. Ungewöhnlich: Die Draufsicht auf das Boot, durch die es zum zentralen Bildelement wird, und die Schatten, welche das Echo eines Blitzes zeigen, der als selbst nicht sichtbar ist.

[s.a. Art-Bin]

Wünsche

Montag, 27. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (3): Wünsche
Max Klinger: Ein Handschuh (3): Wünsche

[Die anderen Abbildungen der Serie sind hier.]

Der Protagonist sitzt im Bette, neben ihm eine ausgeblasenen Kerze und ein Glas auf einem kleinen Schranke. Auf seinen Beinen liegt der erbeutete Handschuh, hinter ihm eine Landschaft mit einer Frau. Er hält den Kopf in den Händen.

Eindrucksvoll: die Bildkomposition, die die Projektion seiner Wünsche mit dem Subjekt selbst vereint. Die Größenverhältnisse, in denen der Fetisch viel bedeutender wird, als die Frau, für die er steht. Der riesige Baum mit vier langen aufsteigenden Stämmen und einem fünften, abzweigenden für den Daumen.

Und auch hier wieder: Strenger Rhythmus, Bewegung der Formen.

[s.a. Art-Bin]

Echt jetze

Sonntag, 26. Februar 2006

„Weeßte, wenn dit wattu sachst, jetz ma anjenomm, dit würd inna ßeitung stehn …“
„Ja?“
„Denn wür’ick umblättan!“

Handlung

Sonntag, 26. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (2): Handlung
Max Klinger: Ein Handschuh (2): Handlung
(Aufs Bild klicken macht groß)

Klinger war 22 Jahre alt, als er die Arbeiten am Handschuh begann. Auf der Rollschuhbahn in der Hasenheide fand er einen Handschuh, den eine elegante Brasilianerin verloren hatte. Dieser tatsächliche Fund war die Inspiration für die Traumgeschichte vom Handschuh.

Aufregend auf diesem Bild ist die Pendelbewegung, deren Schwingen Klinger auf dem Papier festhält.

[s.a. Art-Bin]

Ort

Sonnabend, 25. Februar 2006
Max Klinger: Ein Handschuh (1): Ort
Max Klinger: Ein Handschuh (1): Ort
(Aufs Bild klicken macht groß)

Dieses Bild, das den äußeren Rahmen der Handlung festmacht, zeigt eine Gesellschaft in einer Rollschuhbahn. Zur Linken (mit dunklem Bart) steht der Künstler, zusammen mit seinem Freund, dem Maler Hermann Prell.

Der Rollschuhsport wurde in den 1870er Jahren bedingt durch die technische Revolution populär. Die Rollschuhbahn in der Berliner Hasenheide (welche auf dem Bild dargestellt ist) war die erste deutsche Bahn, 1876 von einer englischen Firma erbaut.

Eine andere Kreuzberger Rollschuhbahn in der Bernburger Straße wurde ab 1882 vom Philharmonischen Orchester genutzt und 1888 von Franz Schwechten umgebaut. Diese Alte Philharmonie wurde 1944 zerstört.

[Interpretation bei Art-Bin]

Ein Handschuh

Sonnabend, 25. Februar 2006

1881 veröffentlichte Max Klinger unter dem Titel „Ein Handschuh“, später „Paraphrase über den Fund eines Handschuhs“ einen der ersten Cartoons. In zehn Radierungen, die den Weg eines verlorenen Handschuhs zeigen, werden innere Welten auf atemberaubende Weise nach außen gestülpt.

In der Kategorie „Der Handschuh“ gibt es ab heute jeden Tag ein Bild aus dem Zyklus zu sehen. Hinzuweisen ist auch auf die hervorragenden Interpretationen im schwedischen Art-Bin-Magazin.

Im Reformhaus

Sonnabend, 25. Februar 2006

Es ist schon ziemlich traurig, wenn Leute sich Regelungskompetenz anmaßen in Bereichen, von denen sie nachweislich keine Ahnung haben. Das Gezerre um die Rechtschreibreform nimmt nach Jahren immer noch kein Ende.

Kultusminister geben inzwischen unter der Hand zu, daß die Reform gescheitert ist, wollen aber aus Gründen der Staatsraison daran festhalten. Ich hatte den Vorteil von Demokratie gegenüber anderen Staatsformen eigentlich darin gesehen, daß es leichter sei, Irrtümer zu korrigieren. Auch die Verschiebung der Verantwortung für das Scheitern auf die Zeitungen zeugt nicht gerade von Aufrichtigkeit. Dabei fragt man sich, von welcher Reform sie überhaupt sprechen, denn von der ursprünglichen Fassung von 1996 ist so gut wie nichts mehr übriggeblieben.

Theodor Ickler, Professor in Erlangen und für den PEN im Rat für Deutsche Rechtschreibung beschreibt den geballten Schwachsinn im Rat und die Gründe für seinen Austritt: Ja da kann man nur noch gehen:

[]

München, Hanns-Seidel-Stiftung, 8. April

Der Rat ist ziemlich vollzählig versammelt, ein Aufpasser der KMK sitzt immer dabei. Als erstes hat der Rat sich für alle Beschlüsse eine Zweidrittelmehrheit verordnet und auch schon von der KMK genehmigen lassen. Damit ist sichergestellt, daß keine Korrektur der neuen Regeln gegen den Willen der Reformbetreiber zustande kommt. Sehr schlau, aber nicht mehr zu ändern.

Der Altreformer Horst Sitta beantragt die Streichung des Tagesordnungspunktes „Getrennt- und Zusammenschreibung”, da zu wenig Zeit zur Vorbereitung gewesen sei. Verblüfftes Schweigen, denn nur wegen dieses Punktes ist der Rat heute zusammengekommen. Der Vorsitzende Zehetmair versucht die Lage zu retten, die durch Sittas scharfen Ton noch peinlicher geworden ist. Weitere Wortmeldungen in diesem Sinne. Ich selbst weise darauf hin, daß die Zeit zwar knapp, für Fachleute, die sich jahrzehntelang mit der Sache beschäftigt haben, aber ausreichend gewesen sei, außerdem darauf, daß ich für diejenigen, die nicht so mit der Materie vertraut sind, einen Kommentar versandt habe, der die Grundzüge und Hauptfolgen leicht erkennen läßt. Sitta stellt fest, daß bei ihm „Post vom P.E.N. ungelesen in den Papierkorb wandert”. Der Antrag wird abgewiesen, bei einer Gegenstimme.

[]

Schöner unsere Städte und Gemeinden:
Mach mit!

Sonnabend, 25. Februar 2006

Und die Landschaft blutet. Am See wurden die Bäume gefällt.

Das verträumt-stehengebliebene Stralau, von der Natur allmählich wieder in Besitz genommene Industriebrachen, müssen verschwinden, Platz machen für das neue Dorf, die neue sinnlose Straße.

Und die Betroffenen setzen sich stattdessen für die Verlegung der Starkstromleitung ein, damit alles ordentlich wird und die störenden Urbanitäts-Schandflecken verschwinden.

Es wird viel zu fotografieren sein in nächster Zeit, bevor hier vieles anders wird. Doch die Unruhe, die Unordnung werden sie nicht kleinkriegen. Die Wassergeister und Klabauter lassen sich ihre Geschichte nicht nehmen. Und man wird in Stralau nicht ausblenden können, daß auch das hier zur Stadt gehört, daß es auch hier Geschichte gibt.

Völker, hört die Signale

Freitag, 24. Februar 2006

Sind das jetzt schon die Rückzugsgefechte?

Interessant am Streit um Urheberrechte und sogenannte Piraterie ist ja der Ernst, mit dem versucht wird, Wörter mit eigenen Inhalten zu belegen. Es geht weniger um die Verfolgung tatsächlich stattfindender Straftaten als um die Umerziehung der Bevölkerung.

Gervase Markham von der Mozilla Foundation hat eine äußerst schräge Reaktion provoziert: Mozilla-Software (Seamonkey, Camino, Firefox, Thunderbird, Bugzilla etc.) ist zum kostenlosen Download erhältlich. Natürlich steht es aber jedem frei, die Software herunterzuladen und zu verkaufen. Es ist sogar recht praktisch, wenn man, wie ich, in einem Gebiet mit schmalbandiger Anbindung lebt, CDs bestellen zu können.

Allerdings kann das die Propagandamaschine durcheinanderbringen:

If Mozilla permit the sale of copied versions of its software, it makes it virtually impossible for us, from a practical point of view, to enforce UK anti-piracy legislation, as it is difficult for us to give general advice to businesses over what is/is not permitted.

[via Hacking for Christ]

Genuß

Donnerstag, 23. Februar 2006

Zeitunglesen: im Idealfalle klug geschriebene Texte von Leuten, die sich auf ihrem Gebiete auskennen. Jeder Text ein Schatz, den es zu heben gilt. Die Brille des Schreibers probehalber aufsetzen und seine Gedanken als Kratzbaum für das eigene Nachdenken benutzen. Im Idealfall das Große am Alltäglichen dargestellt.

Dazu starken Kaffee oder leichten Tee. Am besten in belebter aber konzentrierter Umgebung: Cafés, in denen keine Musik spielt sind rar, aber es gibt sie. Gut: eine große Auswahl von Blättern, um durch verschiedene Augenpaare zu sehen, aber auch um Blender zu entlarven.

Meine Daten könnt ihr raten

Donnerstag, 23. Februar 2006

So. Nun isses durch. Das Europaparlament hat die Vorrats-Speicherung von Verbindungsdaten bei Telefon- und Internetverbindungen beschlossen.

C’t aktuell stellt zusammen, wo wieviel Anonymität noch möglich ist.

Handy-Prepaid-Karten werden in Deutschland nur nach Vorlage des Ausweises verkauft. Jetzt heißt es, Ringe zu bilden, die diese Karten möglichst häufig tauschen.

Leider übrigens haben die Machenschaften unserer neuen und alten Justizministerin im letzten Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt. Wir sollten uns ihrer bei der nächsten Wahl erinnern.

Ich weiß nicht, was soll es …

Mittwoch, 22. Februar 2006

Soviel, was ich sah,
das sah ich zweimal.

Alles um mich so kaputt.

Meine Tränen für die Trauer der anderen. Eigene Verletzungen tapfer schlucken.

Es werde Föhlemk!

[Und keine kryptischen Tagebucheinträge mehr, seriös bleiben!]

Schneehelden

Mittwoch, 22. Februar 2006

Daß Schneeballsysteme nicht funktionieren, kann sich jedes Milchmädchen ausrechnen. Dennoch gibt es immer wieder Dumme. Daß der Heros-Gründer und Mitbeschuldigte “Branchenkennern zufolge studierter Mathematiker” ist, macht dann aber doch betroffen.

Normalerweise lohnt es sich ja schon für die Spitze des Systems, wenn sie rechtzeitig aussteigt, aber auch das scheint hier nicht der Fall gewesen zu sein.

Kabel, schwimmende Häuser und Betroffenheit

Dienstag, 21. Februar 2006

Kurzbericht von vorhin:

Die Aula der Stralauer Schule war ziemlich voll, schätzungsweise 300 Leute waren da. Auf der Bühne Vertreter der Wasserstadt GmbH, des Senats, der Bezirksämter Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg sowie der Betroffenenvertretung Rummelsburger Bucht. Für die Wasserstadt GmbH ist alles eitel Sonnenschein: das Gebiet wurde auf einen guten Weg gebracht und die Frage nach den Schulden wurde empört zurückgewiesen. Die Diskussion ging zu großen Teilen um die Zukunft der Bürgervertretung im Gebiet und um verschiedene größere und kleinere Probleme.

Ein paar Details:

  • Die DSL-Anschlüsse lassen weiter auf sich warten: die Kabelschächte in der erneuerten Modersohnbrücke sind kaputt, die Telekom klagt gegen die Baufirma. Das wird dieses Jahr wohl nichts mehr.
  • Die Floating Homes hingegen sollen in diesem Jahr tatsächlich doch gebaut werden.
  • Auf dem Parkplatz an der Kynaststraße stehen zwei Autos von DB Carsharing.
  • An der Glasbläserallee werden Parkplätze und an der Ecke Fischzug/Krachtstraße ein Parkhaus gebaut.
  • Der Uferwanderweg wird sowohl an der Nordostecke als auch an der Tunnelstraße ausgebaut: diverse Grundstücke konnten überredet oder enteignet werden, das Kracht-Grundstück wurde nicht erwähnt.

Standortmarketing

Dienstag, 21. Februar 2006

[Wichtiger Termin für heute abend am Ende]

Die Firma Fromlowitz und Schilling ist auf “Maßnahmen des Stadt-, Standort- und des Immobilienmarketings genauso wie vertrauensbildende Maßnahmen auf Quartiersebene” spezialisiert.

Bei dem von F+S gestalteten Newsletter der Wasserstadt GmbH, der sich in den letzten Tagen in den Stralauer Briefkästen fand, soll es sich wohl um vertrauensbildende Maßnahmen handeln. Wie sonst ist es zu erklären, daß solche städtebaulichen Verbrechen:

Trimm Dich!
Trimm dich!

beschrieben werden als:

Heute schon gelangt man über den fließend gestalteten Park — im Bereich der mediterran anmutenden Berlin Terraces — bis zur Bahrfeldtstraße.

Nuja — mediterran ist irnkwie anders.

Das Problem aber ist, daß die landeseigene Wasserstadt GmbH, die wegen Verschwendung von Steuergeldern zum Jahresende aufgelöst wird, mit ungestalteten Brachen ein Problem zu haben scheint. An Stelle des “fließend gestalteten Parks” befand sich nämlich vorher eine wunderschöne, etwas ungepflegte Wiese. Einige dieser Brachen gibt es noch, mal sehen, wieviele sie bis zum Jahresende noch verbauen können.

Von den hier erwähnten dreißig mit Reihenhäusern zu bebauenden Grundstücken sind 11 verkauft worden, die Bauarbeiten sollen in diesem Jahr beginnen. Leider trifft es auch das kleine Birkenwäldchen Krachtstraße/Bahrfeldtstraße.

Heute abend veranstaltet die Wasserstadt GmbH eine vertrauensbildende Maßnahme, auf der die Vorhaben für dieses letzte Jahr Wasserstadt erläutert werden sollen. Leider scheinen sie es nicht für nötig zu halten, auf ihren Internetseiten auf diesen Termin hinzuweisen. Absicht?

Bürgerversammlung
Heute, 21. Februar 2006, 18.00 Uhr
Thalia-Grundschule
Alt-Stralau 34

Kommt alle! Stellt Fragen!

Wir sehen uns.

Ganz Gallien?

Dienstag, 21. Februar 2006

Ende Dezember fand im französischen Parlament eine Debatte zum Thema Urheberrechte und P2P statt. Anstatt den Gesetzesentwurf von Kulturministerium und Industrie, der starke Einschränkungen zur Folge gehabt hätte, einfach durchzuwinken, zeigten die wenigen anwesenden Abgeordneten gesunden Menschenverstand. Eine gute Zusammenfassung der unglaublichen Vorgänge hat Alexander Noe geschrieben:

Vielleicht sollte ich dir mal erklären, was sich am 20. – 22. Dezember (eigentlich 23. Dezember ca. 0:30) abgespielt hat. Dann wirst Du sehen, daß diese Industrie alles schlechte der Welt verdient:

Sie wollten ein Überwachungssystem einrichtigen (das lag als Gesetzesentwurf vor, ich glaube §7 dieses Gesetzes), um folgendes zu erreichen: Es sollte überwacht werden, wer illegalerweise einen Open-Source-Player wie VLC benutzt, um eine DVD unter Linux abzuspielen, um auch tatsächlich durchsetzen zu können, daß auf das Abspielen von DVDs unter Linux 3 Jahre haft stehen. ISPs sollten gezwungen werden, jede E-Mail zu prüfen, und die zu löschen, die möglicherweise geschütztes Material enthält (also z.B. eine aus Spaß in .mp3 umbenannte Textdatei). Die Frage, wie man urheberrechtlich geschütztes Material erkennen sollte bzw. Material, zu dessen Verbreitung der Absender keine Erlaubnis hat, wollte der Minister nicht beantworten.

Natürlich ist es nicht ganz einfach, so etwas durchzusetzen, also muß man das vorher planen. Dazu wurde:

  • der Minister davon überzeugt, daß das Gesetz Dringlichkeit haben muß (sehr leicht, da de Vabres unglaublich dumm ist)
  • Änderungsanträge einreichen lassen, mit dem Ziel, daß die Gegenseite den Überblick verliert (Antrag Nr. 227, 7 Seiten lang, kam 10 Stunden vor Beginn der Debatte, und die Abgeordneten der Nichtregierungsparteien erfuhren von der Existenz des Antrags erst im Radio, erhielten aber weder selbst eine Mitteilung noch eine schriftliche Kopie des Antrages)
  • verlangt, daß die Debatte am 20. bis 22. oder 23. Dezember stattfindet. Dadurch waren weniger als 60 Abgeordnete anwesend (von 533), von denen man also nur 30 kaufen muß.
  • den Abgeordneten wurden direkt vor der Debatte Musikdownloadgutscheine überreicht

[]

Da zeigt sich, wozu ein Parlament gut sein kann. In Deutschland sieht das leider vergleichsweise traurig aus, wie Telepolis anhand der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung erläutert:

Nichtsdestotrotz verfolgen Otto Schily und Brigitte Zypries weiterhin unbeirrt ihren Kurs Richtung VDS. Da auf nationaler Ebene keine “mandatory data retention” festgelegt worden war, war eine Änderung dieses Zustandes also notwendig. Auch führte man schon prophylaktisch die ersten Gespräche mit den Telekommunikationsunternehmen und impfte die EU-Abgeordneten entsprechend.

Und im Dezember 2005 war es dann soweit: das EU-Parlament gab seine Zustimmung zu einer Maßnahme, die Ende der 90er Jahre in der Enfopol-Arbeitsgruppe die ersten entscheidenden Fortschritte verbuchen konnte. Diese Tatsache entkräftet auch das Argument, daß eine Vorratsdatenspeicherung erst nach den Anschlägen des 11. September 2001 als Mittel gegen den internationalen Terrorismus in Erwägung gezogen wurde.

[…]

Hier wird Rückgratlosigkeit durch eine kokett zur Schau getragene Machtlosigkeit übertüncht. So wie das EU-Parlament hätte auch ein Jörg Tauss, genauso wie jeder andere an der VDS zweifelnde Abgeordnete, die Möglichkeit gehabt, eindeutig Stellung zu beziehen. Kauder hat dies getan – nicht aus den Gründen, die die Datenschützer und Bürgerrechtler vertreten – und zeigte, daß es geht. Daß es anderen nicht möglich war, auch wenn sie gegen die VDS waren, dürfte wenig schwer zu interpretieren sein.

Die VDS ist in Deutschland abgesegnet und hierbei haben sowohl der EU-Rat, das EU-Parlament als auch Tauss’ Parteimitglieder Otto Schily und Brigitte Zypriess und auch Jörg Tauss eine Rolle gespielt; die Unterschiede liegen lediglich in der Passivität oder Aktivität des Einzelnen. Wirklich machtlos aber war niemand, auch wenn es momentan chic erscheint.

Kinder des Verbrechens

Montag, 20. Februar 2006

Gestern und kommenden Sonntag gibt es im Ersten wg. Olympiade nur Wiederholungen und daher fällt auch hier der Sonntag aus.

Dafür Hinweise zum Thema Verbrechensbekämpfung:

  • Heute 21.00 (also jetzt gleich) im NDR Wiederholung des sehr amüsanten Polizeirufs „Vorwärts wie rückwärts“.
  • In der Taz ein Interview mit Susanne Bauer, der Präventionsbeauftragten der Berliner Polizei:

    Waren Sie bei den Razzien dabei?

    Natürlich. Daß eine Frau die Leitung hatte, war den Zuhältern ziemlich unheimlich. Dementsprechend waren ihre Bemerkungen. Den Großzuhälter haben wir ins Gefängnis bringen können.

    Das klingt jetzt nach Tatort und Kommissarin Lena Odenthal.

    Mit dem Unterschied, daß die Tatortkommissarin Odenthal ständig mit Knall und Peng in Wohnungen einfällt. Ich habe die Waffe in meinem Leben nie benutzt. Klar habe ich sie mal gezeigt. Aber daß Frau Odenthal so oft schießt, ist unrealistisch.

  • Ebenda Jony Eisenberg über Scheinheiligkeit bei Bild und Rot-Grün sowie den wundersamen Aufstieg alter Westberliner Bekannter (Antes-Affäre: Erinnerungen an die Abendschau mit Uli Zelle auf dem Schwarz-Weiß-Fernseher) und einen furchtbar lobhudelnden Text von Katja Füchsel im Tagesspiegel.

    Diepgen wurde erst 16 Jahre später anläßlich des Bankenskandals untragbar.

Wann ist Klonen erlaubt?

Sonntag, 19. Februar 2006

„Sie müssen beglaubigen, bevor Sie klonen können.“

[Carbon Copy Cloner]

Duhuuuhuu …

Sonnabend, 18. Februar 2006

… nervst noch mehr als Yoko Ono.

Buecher.de: Kannsta knicken

Sonnabend, 18. Februar 2006

Bücher bestelle ich sowieso bei der netten Buchhändlerin von nebenan. Tonträger hingegen wie’s kommt, gerne auch übers Netz.

Daß buecher.de eine falsche Lieferung schickt, kann vorkommen, daß sie sich auch auf Reklamation hin nicht melden, nun gut. Gestern kam dann das Bestellte (das ich längst woanders her hatte) an die falsche Adresse.

Heute die Mahnung für die Rechnung, die ich nicht zu bezahlen gedenke:

Sehr geehrter Herr Stralau,

wir erinnern nicht gern. Aber inzwischen warten wir seit mehreren Wochen auf den Ausgleich der aufgeführten Rechnungen.

Sie befinden sich in Verzug. Ihre Zahlungen erwarten wir nun bis spätestens zum 24.02.2006.

Dreist. Auch wenn die Mahnung berechtigt gewesen wäre, der Tonfall ist neu. Ich mag es nicht, so von oben herab behandelt zu werden.

Dazu paßt, daß bei Bestellung auch das Geburtsdatum abgefragt wird, was darauf hindeutet, daß die Daten zur Bonitätsprüfung mit anderen Datenbanken abgeglichen werden. (Die Angabe eines falschen Geburtsdatums scheint keine Konsequenzen zu haben).

52 Wochenenden

Mittwoch, 15. Februar 2006

Schnee ist gefallen. Weiß ist nun die Erde, als wäre sie eine riesige, vereiterte Eichel, und überall stirbt die primitive alte Sau von Natur. Doch warte nur, schon bald wird sie erwachen und in ihrem neuen Kleid, grün wie Pennerkotze, angeschissen kommen.

[…]

Zum Glück fahre ich heute mit dem Universalgelehrten Dietmar Dath nach Hamburg. Der wird mir schon alles beantworten können.

Mit im Auto sitzen meine Schwester, ihre beste Freundin und Julian. Auch sie wollen sich an das Urteilskraftwerk Dath anschließen und haben sich knifflige Fragen aufgeschrieben. “Wie sollen wir Leben?” fragt Julian, “Was können wir wissen?” fragt meine Schwester, und zuletzt ihre Freundin “Was dürfen wir hoffen?”. Dath fallen die Antworten nicht schwer, er muß aber doch etwas ausholen, und so entfaltet sich vor uns bereits die Pracht der Reeperbahn, ohne daß ich Gelegenheit hatte, mein kleines Problem anzusprechen.

[…]

Nach dem Auftritt spricht mich ein kleines lallendes Mädchen mit Brille an. Wir machen kurz Small Talk, dann sagt sie: “Ich bin Übrigens auch Künstlerin. Ich mache Fotos. Ich fotografiere alles, was ich trinke. Das zum Beispiel habe ich vorhin geschossen.” Sie tippt auf ihrem Handy herum, bis das gewünschte Bild auf dem Display erscheint, dann hält sie es mir hin: Ein Schnapsglas, über dessen Rand jemand aus Versehen einen Fisch gehängt hat. “Das ist ein Bommerlunder mit einer milden Sardelle drin. Man nennt es ‘Schlappschwanz'”. Tief schaue ich der Fotografin in die Augen und frage: “Haben sie 2007 schon was vor?”

Jens Friebe schreibt auch hier.

[via]

Polizeiruf 110: Schneewittchen (MDR)

Dienstag, 14. Februar 2006

Es hätte so einfach sein können: ein abstruses Boulevard-Thema (Vergewaltigungsdrogen) und ein Polizeiruf aus Halle, Garant für Langeweile. War es aber zum Glück nicht.

Zu den KO-Tropfen: gelesen hatte ich schon davon auf Vermischtes-Seiten, das Ganze jedoch für eine Legende gehalten. Gestern gab es dann aber eine Dokumentation im Südwest-Fernsehen: das Ganze scheint ein wirkliches, ziemlich ekliges Phänomen zu sein: Frauen wachen auf, mißbraucht, ohne eine Erinnerung an das, was passiert ist. Die Drogen sind geschmacks- und geruchlos und nach wenigen Tagen nicht mehr nachweisbar (die bekannteste: GHB oder Liquid Extasy wird auch vom Körper produziert).

Die Fälle häufen sich in letzter Zeit in Deutschland, die Täter kommen oft aus dem Bekanntenkreis. Man geht von einer sehr hohen Dunkelziffer aus, da die Opfer meist auf eine Anzeige verzichten, gerade weil sie sich an nichts erinnern können. Hinzu kommt, daß viele Polizisten ahnungslos sind und den Opfern nicht glauben. Insofern ist eine solche Dokumentation keine schlechte Sache, wenn dadurch für Aufklärung gesorgt wird.

Der Polizeiruf (Buch: Rodica Döhnert, Regie Christiane Balthasar) hatte für Hallenser Verhältnisse erstaunlich viele tatsächliche Krimi-Elemente. Die Auflösung war weder völlig abstrus, noch vorher zu erraten. Ein klassischer Whodunit mit überraschenden Wendungen:

Ein Mädchen wird verwahrlost im Park aufgegriffen. Augenscheinlich ist sie vergewaltigt worden, kann sich aber an nichts erinnern. Kurze Zeit darauf wird ihre Freundin gefunden, tot. Es entwickelt sich ein bunter Reigen von Verdächtigen: der Freund der Vergewaltigten, der Vater, eine Drogen-WG (das ist der Osten: große Jugendstilvilla mit Fenstern zum Verlieben), ein Möbelhersteller, seine Angestellten. Die Ermittlungen werden erschwert, weil viele ganz unterschiedliche Dinge zu verschweigen haben und deswegen widersprüchliche Aussagen machen.

Nun gut, die Witze sind weiterhin etwas flau, die Sprache schlampig („schnellstmöglichst”), die kleinen Reibereien der Kommissare affig, das Tempo zu langsam, das Schauspiel ungenau. Aber es scheint wieder Hoffnung zu geben auf gute Filme aus Halle.

Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl: Polizeiruf und Tatort eignen sich auf Grund der hohen Einschaltquoten zur Publikumsbelehrung. Gegen gesellschaftlich relevante Drehbücher ist auch nichts einzuwenden. Man will aber nicht bemerken, daß man belehrt wird. An erster Stelle muß die Unterhaltung stehen. Das kann ernsthaft geschehen, wie in diversen Schimanski-Folgen oder auch abstrus wie im HR-Tatort Herzversagen. In “Schneewittchen” jedoch wird alles Schritt für Schritt wie im Lehrbuch vorgeführt.

[Erstsendung 12. Februar 2006]

Die Hütchenspieler

Montag, 13. Februar 2006

Wer in den achtziger Jahren in Berlin aufwuchs, kam nicht umhin, hin und wieder auch RIAS 2 zu hören. Auch wenn die aufregende Musik auf anderen Sendern lief, mußte man, schon um auf dem Schulhof mithalten zu können, wissen, was im RIAS gelaufen war.

Man kam (die anderen Sender hatten außer DT 64 kein durchgehendes Jugendprogramm) dabei hin und wieder nicht umhin, die unerträgliche Gute-Laune-Nase “dör alte Ami Rik de Lisle” über sich ergehen zu lassen. (Ich habe in meiner Jugend mit einem solchen Enthusiasmus am Radio gesessen, daß ich mir fast jeden Scheiß gemerkt habe.)

De Lisle ist inzwischen Europachef bei Alan Burns & Associates, einer Beratungsgesellschaft für Radiosender. Seit 1997 krempeln sie die unter Hörerschwund leidenden deutschen Privatsender um, mit einem Programm aus guter Laune, Gewinnspielen und vorproduzierten Sendungen. Dabei bleibt das eigentlich aufregende am Radio, live, schnell und unmittelbar zu agieren, auf der Strecke.

Das Unangenehme an der Sache ist, daß sich auch die öffentlich-rechtlichen Sender im Buhlen um die davonlaufenden Hörer mit zweifelhaftem Erfolg dieser Rezepte bedienen. Eine Ursache dafür mag in den ungenau erhobenen Zahlen der Media-Analyse fürs Radio liegen: im Unterschied zum Fernsehen werden Hörerzahlen im Radio durch Befragungen ermittelt. Diese Zahlen sind wiederum bei der Festlegung von Werbepreisen von Bedeutung. Eine (kurzfristige) Strategie ist es dabei, den Sendernamen, z.B. durch brutale Weck-Aktionen so in die Hörer einzuprügeln, daß sie sich bei der Befragung an nichts anderes mehr erinnern können.

Ein bei verschiedenen Sendern angewandter Plan von Alan Burns & Ass. ist die kalkulierte Entlassung eines Moderators, der angeblich versehentlich ein Lösungswort verraten hat, um so Schlagzeilen zu bekommen.

All das beleuchtet Horst Müller, Professor in Mittweida, in einem feinen Artikel in der heutigen FAZ (gedruckt S. 44) .

Einen langfristig hoffentlich erfolgreicheren Weg gehen Deutschlandfunk und Deutschlandradio, sie folgen ihren Hörern ins Internet: viele Sendungen sind als Podcast erhältlich, zu den meisten gibt es Manuskripte und Hintergrundinformationen zum Download.

Aufregend: die Kurzhörspiele der Wurfsendung (Podcast-RSS).

Brücken

Sonntag, 12. Februar 2006

Auf diesem Stadtplanausschnitt von 1921 sieht man die Ringbahnbrücke Oberspree, die damals neben dem Straßenbahntunnel die einzige Verbindung von Stralau nach Treptow war. Die Ringbahnbrücke wurde von 1868 bis 1870 gebaut. Ein schönes, einem Stadttorturm ähnlichen Stellwerk befindet sich auf der Friedrichshainer und ein Pylon auf der Treptower Seite (die Ringbahn war zur Bauzeit die äußere Begrenzung der Stadt). Bis 1945 gab es an der Ringbahnbrücke eine 6m breiten Fußgängerbrücke, die dann wegen Kriegsschäden abgerissen wurde und durch einen dem heutigen schmalen Steig ähnelnden ersetzt wurde.

Auf diesem Plan von 1954 (der Pharus-Leiter war im Arbeitslager, der Betrieb wurde in treuhänderischer Verwaltung geführt) sieht man östlich der Ringbahnbrücke die Stralauer Brücke, deren Verlängerung auf Treptower Seite auf die Puschkinallee stößt. Diese wurde 1951 für die Weltfestspiele gebaut und bestand aus einer Stahlbetonplatte, die auf 450 Holzpfählen ruhte, bis sie 1960 von einem Schiff gerammt wurde.

1970 wurde dann schließlich die auch noch heute benutzte Elsenbrücke eingeweiht, die sich westlich der Ringbahn befindet. Das kann man zum Beispiel auf diesem Plan von 1989 sehen.

Man kann vermuten, daß die beiden nach dem Kriege gebauten Brücken vor allem nötig waren, um Treptow und damit auch den von der Autobahn kommenden Verkehr auf östlichem Gebiet in die Innenstadt leiten zu können. Auf dem Plan von 1921 sieht man, daß die Hauptachse nicht wie heute auf der Elsenstraße, sondern orthogonal dazu auf dem Zug Am Treptower Park/Schlesische Straße verläuft.

Links:

Fahre mit dem Fahrrad in ein anderes Stadtgebiet

Sonntag, 12. Februar 2006

Sie gehen durch die Stadt und zeigen überall mit dem Finger drauf. Dieses müßte so und so sein, und jenes geht ja schon gleich gar nicht. Dieses ist anderswo anders, jenes aber so gewöhnlich. Und ihre ganze schlechte Laune und Arroganz wird auf die anderen projiziert. Die anderen, die sie vermutlich nie kennenlernen.

Darin ähneln sie jenen (vielleicht sind es sogar die gleichen), die alles über den grünen Klee loben, ohne zu wissen, warum und wofür.

Und dann gibt es noch die komischen Vögel, die überall Wichtiges entdecken wollen und sich selbst als unglaublich wichtigen Teil von irnkwas begreifen.

Dabei wäre es so einfach: die Stadt als gegeben hinzunehmen und sich als Teil von ihr zu betrachten. Ein Gespür für Geschichte zu entwickeln. Sich die Geschichten der alten Leute erzählen zu lassen. Den Grünanlagen zu mißtrauen.

Als Einstieg tut es auch der Luisenstädtische Bildungsverein.

Mix mir einen Drink,

Sonntag, 12. Februar 2006

der mich woandershin bringt.

Von wegen Meinungsfreiheit (ii)

Freitag, 10. Februar 2006

Einen Film sehen, bevor er verboten wird:

In einem sehr lesenswerten Text schreibt der Regisseur Jan Henrik Stahlberg (Muxmäuschenstill) über die Schwierigkeiten, einen Spielfilm über eine hypothetische Entführung von Silvio Berlusconi zu drehen (FAZ v. heute, Seite 46):

Zunächst raten ihm seine Anwälte dringend ab. Die dann geplante Persiflage im Mickymaus-Stil wird wegen erwarteter Schwierigkeiten mit Disney umgeschrieben, der Anwalt springt ab, weil er einen Auftrag für Berlusconi übernommen hat und am Ende wird er in Italien nicht aufgeführt, weil alle italienischen Festivals, Verleiher und Sender wegen erwarteter Schwierigkeiten ablehnen.

Nun ist der Film rechtzeitig vor den italienischen Wahlen im Mai fertig und wird heute auf der Berlinale im Zoopalast uraufgeführt. Für die Wiederholung morgen gibt es noch Karten.

Vier Stunden später sitze ich betrunken und sehr müde in der Küche und höre meinem Anwalt zu, der mir freundlich erklärt, daß es einen Grund gibt, warum bisher weder Bush noch Putin, noch sonstwer im Film entführt wurde. Es geht ganz einfach nicht — juristisch gesehen.

Lucia ist am Boden zerstört. Ich berichte ihr wieder und wieder, daß der Film klar als Satire erkennbar sein müsse, wenn man überhaupt einen lebenden Menschen entführen wolle und der Tatbestand der Entführung — selbst einer Person der Zeitgeschichte, was ich gerade gelernt habe — gegen die Menschenwürde verstößt. Lucia fragt mich, ob es hilft, die Entführer mit Masken oder mit Schleifen im Haar auftreten zu lassen, und versteht nicht, was denn genau eine Satire sei? Ich rufe meinen Anwalt wieder an, weil auch ich es nicht verstanden habe, und der meint, das sei genau das Schwierige, weil jeder Richter anders reagiere und er uns kein Rezept anbieten könne. Sonst wäre er nicht Anwalt, sondern Drehbuchautor. Ich lege auf und trinke ein Bier. Mittlerweile haben wir bei sieben Anwälten, in Italien und Deutschland, Meinungen eingeholt, und es ist tatsächlich so: Auch jetzt, vor unserer Premiere auf der Berlinale, können wir weder wissen, wie ein deutscher Richter, noch wie sein italienischer Kollege entscheiden wird, wenn Berlusconi wirklich klagt.

[…]

Als ich meinen Anwalt kurz darauf anrufe, findet der das tatsächlich auch eine gute Idee, warnt mich aber vor Disney. Die seien noch sensibler als Berlusconi selber, und dann hätten wir, wenn wir deren Figuren in den Schmutz zögen, gleich zwei Schlachten zu schlagen. Ich sage, daß sie ganz im Gegenteil unsere Helden seien, aber mein Anwalt meint nur, das käme aufs gleiche hinaus.

[…]

Die Bänder werden sofort kopiert, nach Deutschland gebracht, die Paranoia der Figuren ist nur noch schwer von unseren echten Gefühlen zu unterscheiden. Der Film wird in Berlin geschnitten, und unser neuer Anwalt sitzt im Schneideraum mal daneben, mal bekomme ich ein Fax aus der Kanzlei, was man am besten doch rausschneiden sollte, wenn man nicht schon in erster Instanz gegen Berlusconis Anwälte untergehen will. Und dann ist der Film im Winter 2005 fertig. Rechtzeitig zu den Wahlen in Italien, die am 9. April 2006 entschieden sein werden.

Perlen

Freitag, 10. Februar 2006

Zeitung kaufen: In der FAZ von heute folgende Perlen (die Links funktionieren leider nur für Abonnenten):

  • S. 44: Käuflichkeit. Berlin verscherbelt seine prominenteste Kreuzung: Der Platz an der Kreuzung Friedrichstraße/Unter den Linden soll bebaut werden.

    […]

    Hätte das Land Berlin den Platz erhalten wollen, hätte es die Alteigentümer, die auf Rückgabe und Verwertung ihrer Grundstücke bestanden, entschädigen müssen. Dafür jedoch, heißt es, fehle das Geld. Welch schlichte, einfältige, kurzsichtige Kalkulation. Welche Verschleuderung einer Kostbarkeit. Plätze haben immer Geld gekostet, Geld, das einige wenige hätten verdienen können, wären die Freiflächen bebaut worden. Aber seit je haben die Städter ihren Stolz darin gefunden und demonstriert, einige Areale, die wertvollsten zumeist, gerade nicht zu bebauen, sie als Plätze offenzuhalten. Als Märkte, Foren, als Stätten allemal, an denen die Städte sich ihrer erst gewahr werden können.

    […]

  • S. 44: Wer den Boten verhöhnt: Der Theologe Klaus Berger über Toleranz und Gotteslästerung in der Bibel

    […]

    Paulus mutet den “Aufgeklärten” nicht die positive aktive Übernahme für sie fremder Riten zu. Er fordert nur Unterlassung (im konkreten Fall: das Essen) in der Öffentlichkeit, er gebietet Verzicht auf den demonstrativen Gebrauch der Freiheit um des Friedens willen. Es könnte daher sein, daß verstandene Bibelexegese zum Frieden zwischen den Religionen beiträgt — als Mittel zum Begreifen und als Medikament.

Intypo-Plugin:
Typographische Anführungszeichen für WordPress

Donnerstag, 9. Februar 2006

WordPress (d.i. die Software, die ich für dieses Blog benutze) wandelt eingegebene Zollzeichen in typographische Anführungszeichen um. Leider aber nur in englische.

Wie hier beschrieben, hatte ich die Tips von Mymykry übernommen, um deutsche typographische Anführungszeichen zu bekommen. Damals war das nur möglich, indem man eine bestimmte Datei editierte. Diese ist jedoch beim letzten WordPress-Update überschrieben worden, so daß die Ersetzung nicht mehr funktionierte.

Inzwischen hat Mymykry nachgelegt: Das Intypo-Plugin ist simpel zu installieren (einfach eine Datei ins Plugin-Verzeichnis verschieben, Plugin aktivieren und die richtige Sprache auswählen), wird beim Update nicht gelöscht und bietet diverse Stile für verschiedene Sprachen an.

Sehr schön.