Erwachsenendinge tun
Sonntag, 25. September 2011Die kurzen Momente des Atemholens: bevor der Kleine Hunger hat oder die Große vom Mittagsschlaf erwacht, am Fenster sitzen, das schräg auf die Straße geht, Zeitung lesen, Deutschlandfunk hören und der Herbstsonne auf der Fassade zuschauen. Erwachsenendinge tun.
In der ganzen Straße sind zwar die historischen Fassaden wiederhergestellt worden, allerdings hat man alles mit einem plumpen Rauhputz überzogen — diesen hätten sich die Putti zur Bauzeit wohl nicht träumen lassen.
Der außer der Reihe am Freitagabend ausgestrahlte „Polizeiruf 110: Denn sie wissen nicht, was sie tun“ ist ein sehr gutes Stück deutsches Fernsehen: packend, rhythmisch, mit anrührender Kamera und einem großartigen Matthias Brandt. Sehr ärgerlich ist die Begründung für die Verschiebung auf den späten Abend aus Jugendschutzgründen: brutalere Bilder gab es schon in einigen anderen Sonntagabendfilmen. Der andere angegebene Grund, daß der Staat komplett versagt und es keine klare Unterscheidung zwischen Gut und Böse gibt, spielt deutlich in die Hände derer, die bei Jugendschutz immer gleich Zensur schreien: Im Film gibt es Kompetenzstreitigkeiten zwischen Münchner Polizei, LKA und Verfassungsschutz. Ein paar Dinge werden unter den Teppich gekehrt und der Anschlag, der hätte verhindert werden können, am Ende Al-Kaida in die Schuhe geschoben. Es gibt einen Innenminister und seinen Staatssekretär, denen die öffentliche Meinung wichtiger als die Kriminalitätsverhinderung ist.
Es sieht so aus, als hätten sich SPD und Grüne auf eine stille Beerdigung der A100 geeinigt. Schön! Liquid Democracy hin oder her, aber etwas Haltung in dieser Frage hätte der Piratenpartei gutgetan. So kann man nur froh sein, daß es am Ende doch noch für Rot-Grün gereicht hat.