Archiv für August 2007

Polizeiruf 110: Tod eines Fahnders (MDR)

Freitag, 31. August 2007

Thomas hat sich mal wieder für mich zwei Krimifolgen angesehen. Dafür bin ich ihm äußerst dankbar.

Außerdem bin ich auch an zwei Sonntagen im September nicht da und freue mich sehr, wenn jemand etwas über die Tatorte schreibt:

  • 16. September, Tatort (Kiel): Borowski und der Mann am Fenster
  • 23. September, Tatort (München): A gmahde Wiesn

Einfach per E-Mail bei blog@stralau.in-berlin.de melden.

Und jetzt Thomas zum Hallenser Polizeiruf:

Der Zivilfahnder Häfner von der Polizei Halle wird erschossen aufgefunden. Tatverdächtig ist der flüchtige Bankräuber Sakowski, mit dessen Frau Anja der verdeckte Ermittler ein Verhältnis hatte. Sakowski ist mit Hilfe seiner Schwester Karin Gödel über alle Schritte der Polizei im Bilde, er erpreßt 20000 € von seinem Schwager, fängt aber ohne Not eine Schießerei mit Streifenpolizisten an und wird gefaßt. Der Mord kann ihm jedoch nicht nachgewiesen werden. Karin Gödel offenbart ihrer Schwägerin, daß Sakowski ihr vor 15 Jahren eine Niere gespendet hat, was ihre Helferschaft erklärt. Just erscheint Kriminalobermeisterin Pia Hesse, die Verlobte des Toten, und entführt Anja Sakowski. Die Flucht endet mit einem Verkehrsunfall, beide Frauen werden in Gewahrsam genommen. Anja hat die Tatwaffe bei sich, sie hatte Häfner aus enttäuschter Liebe mit dessen Dientwaffe getötet.

Die Geschichte ist langatmig, die Dialoge sind von Wiederholungen geprägt, man wartet auch gerne mal mit den Ermittlern im Vernehmungszimmer auf den Anwalt, es ist nicht mehr als Großstadtrevier und Landarzt garniert mit Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler, die gewohnt witz- und spannungslos zufällig den Fall klären.

[Erstsendung: 19. August 2007, Autor: Thomas]

Links von Donnerstag, 30. August 2007

Freitag, 31. August 2007

Gesammelte Links von Donnerstag, 30. August 2007:

Jetzt gleich: Die Zukunft des RAW

Donnerstag, 30. August 2007

Für Kurzentschlossene: Heute 18.00 Uhr findet in der Zwinglikirche am Rudolfplatz eine Forum zur Zukunft des Reichsbahnausbesserungswerkes „Franz Stenzer“ in der Revaler Straße statt. Ab 2010 soll hier ein „familienfreundliches Wohnviertel mit Platz für Kultur“ entstehen.

[…]

Drei Mieter arbeiten auf dem Areal: ein Kiosk, der Verein RAW-Tempel, der Kulturveranstaltungen organisiert, sowie die Five-o GmbH, die dort eine Skaterhalle betreibt. Die Mieter wünschen sich, dass der Investor eine Bestandsgarantie für die Gebäude gibt. “Die alten Hallen dürfen nicht abgerissen, das Gelände muss aus dem jetzigen Bestand heraus entwickelt werden”, sagt Michael Stark von der Initiative Ideenaufruf, die das Vorhaben aus Sicht der Anwohner begleitet.

[…]


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Die Nicht-Kampagne der Taz

Mittwoch, 29. August 2007

Kampagnenjournalismus ist unangenehm, kommt aber immer wieder vor.

Wer von den Rechten redet, soll aber von den Linken nicht schweigen. Die Sache ist hier allerdings versteckter: Artikel, die hätten geschrieben werden müssen, sind nicht erschienen.

Was ist geschehen?

Sven Hüber war von 1985 bis zum Zusammenbruch zur Wende Politoffizier im Grenztruppenregiment 33 (Berlin-Treptow). Inzwischen ist er als Vorsitzender des Hauptpersonalrates der Bundespolizei für die Einstellungen zuständig. (Das ist i.ü. kein Einzelfall, hört man — die Erfahrungen der DDR-Grenzer werden wohl weiterhin gern bei der Abwehr von Flüchtlingen genutzt). Sven Hüber, der sich u.a. für Hubschraubereinsätze gegen Sprayer einsetzt und dessen Leben in der DDR durch eine Homestory des WDR-Schulfernsehens beleuchtet wurde, fühlte sich in einem anderen Werk zu unrecht benannt:

Roman Grafe, der als Autor u.a. für die Süddeutsche Zeitung arbeitet, hat 2006 das Buch „Deutsche Gerechtigkeit“ über die juristische Aufarbeitung der DDR-Regierungskriminalität in den Neunziger Jahren veröffentlicht. In diesem Buch wird Hüber als ehemaliger Politoffizier namentlich genannt. Hüber jedoch wollte, daß so nicht über ihn berichtet wird und erreichte durch eine Klage vor dem Landgericht Berlin das Verbot des Buches. Dabei blieb es jedoch nicht: auch die Berichterstattung über das Urteil wurde mehreren Zeitungen verboten und am Ende sogar eine Solidaritätserklärung von Wolfgang Thierse und anderen Persönlichkeiten. Die ARD-Sendung Kontraste hält sich nicht daran, weil sie Hüber als Person der Zeitgeschichte und die Sache als zu wichtig für die Presse betrachtet und berichtet am 8. März dieses Jahres mit Namensnennung. Kurz darauf, am 19. März 2007 werden die Urteile vom Kammergericht Berlin aufgehoben.

Darüber ist vor einem halben Jahr in diversen Zeitungen von der Berliner Zeitung bis zur SZ prominent berichtet worden. Nur in der Jungen Welt und in der Taz läßt sich in den Archiven kein Wort finden. Zu einem Thema, das immerhin die Arbeit der Presse selbst fundamental betrifft. Gut, die Junge Welt wird von einem ehemaligen Stasi-Mann geleitet, da ist eine gewisse Einseitigkeit zu vermuten. Aber die Taz? Immerhin schreibt Johannes (Jony) Eisenberg hier regelmäßig über die Auswirkungen von Gerichtsurteilen auf die Pressefreiheit.

Der Schlüssel scheint bei Eisenberg selbst zu liegen. Er war Hübers Anwalt in den Prozessen gegen Grafe. Seine Kanzlei vertritt jedoch auch die Taz und die Junge Welt.

Es scheint, als nehme die Taz, deren Autor Eisenberg an anderer Stelle die Pressefreiheit gegenüber dem Persönlichkeitsrecht sehr wichtig ist, Rücksicht an falscher Stelle. Ärgerlich das.

Warum ich jetzt darauf komme? Bei Mein Parteibuch gab es immerhin im März und im April schon Texte zu Hüber/Grafe und Eisenberg. Ich bin durch die aktuelle Ausstellung im Schlesischen Busch überhaupt erst auf das Thema aufmerksam geworden.

Playlist

Dienstag, 28. August 2007

… der Kinder aus dem Nachbarhause von heute, 28. August, nachmittags:

  1. Ihr Kinderlein kommet, Musikandenstadl-Variante (2x)
  2. Oh, Du fröhliche, Musikandenstadl-Variante
  3. Schnappi, das kleine Krokodil
  4. Schnappi, das kleine Krokodil, Ext. Club-Remix (und immer, wenn man denkt, es ist vorbei, kommt noch eine Runde „Schni-Schna-Schnappi”) 5x

Störung Ost

Montag, 27. August 2007

Ein Film von 1996: Mechthild Katzorke und Cornelia Schneider, beide 1985 in den Westen ausgewiesen, zeichnen die Geschichte ihres alten Ost-Berliner Punk-Freundeskreises nach. Eine Schiffsfahrt auf der Spree wird diesmal mit John Peel wiederholt.

Heute, 23.50 Uhr, ZDF.

Links von Sonnabend, 25. August 2007

Sonntag, 26. August 2007

Gesammelte Links von Sonnabend, 25. August 2007:

Abwehr

Sonnabend, 25. August 2007

Hach, wie schön. Abwehr-Performance-Festival rund um den Mauerwachturm im Schlesischen Busch an der Grenze zwischen Treptow und Kreuzberg. Heute und morgen 14–19 Uhr.

Schwer beeindruckend: Nezaket Ekici, Nazar, (morgen leider nicht mehr dabei), die im 40-kg-Kleid aus blauen Glas-Pfauenaugen (ein türkisches Glückssymbol, das den Bösen Blick abwehrt) durch die sonnabendliche Wrangelstraße zum Wachturm im Schlesischen Busch schritt.

Auch nur heute, auch ganz toll: Nevin Aladag, Raise the Roof, läßt vier Frauen auf dem Dach der Kunstfabrik am Flutgraben tanzen. 20 Meter über der Spree, wo früher Grenzsoldaten aufpaßten, daß keine Arbeiter der Omnibuswerkstatt ins Wasser sprangen, tanzen sie zu unterschiedlichen Stücken, die der Zuschauer nicht hören kann. Dieser hört dafür die elektronisch verstärkten Geräusche der hohen Absätze der Tänzerinnen, die das Dach durchstoßen.

Ona Tav, Der Körper als Quelle, hat eine weiße Ritterrüstung an einen Baum gebunden, die Rotweintränen weint. Drei ca. achtjährige Mädchen jubeln: „Kuck mal, eine Skulptur!“

Stoll & Wachall, Des-Infektion, laufen in Schutzanzügen durch den Park und desinfizieren Wiese, Bäume und Menschen. Spooky.

Anny und Sibel Öztürk, Nö-Performance, wiederholen Beuys’ Kunstaktion „Ja ja ja ja ja, nee, nee, nee, nee, nee“ (mp3, 90 MB) als türkisches Picknick. Tatsächlich fallen sie zwischen den anderen liegenden und grillenden Freizeitmenschen und Familien nicht besonders auf — ohne Programmheft nimmt man sie nicht als Kunst war.

Und dann noch Shahram Entekhabi und Becky Ofek, Boxing Box, die auf dem Dach des Wachturms einen Boxkampf aufführen.

Morgen wieder 14–19 Uhr im Schlesischen Busch. Morgen 19 Uhr dann Diskussionsrunde mit den Künstlern in der gegenüberliegenden Kunstfabrik am Flutgraben.

Außerdem kann man sich nebenher noch die laufende Ausstellung im Wachturm ansehen, die noch bis 30. September geöffnet ist: Ulrike Kuschel hat Stimmen aus der Bevölkerung einsprechen lassen, die die Berliner SED nach dem Mauerbau gesammelt hat. Diese kann man im Obergeschoß des Wachturms hören. Im Zwischengeschoß dokumentiert Kuschel das Hin und Her um das Buch „Deutsche Gerechtigkeit“ über die Mauerschützenprozesse. Sven Hüber, der als Politoffizier beim Grenztruppenabschnitt 33 (zu dem auch der Schlesische Busch gehörte) beschäftigt war und heute Vorsitzender des Hauptpersonalrats der Bundespolizei ist, hatte versucht, das Buch verbieten zu lassen. Es konnte erst nach langen Gerichtsverfahren erscheinen. Hüber erreichte auch, daß über diese Verfahren eine zeitlang nicht berichtet werden durfte. Sehr skurril: Der Bericht der Berliner Zeitung über die Aufhebung.

Außerhalb des Festivals ist der Wachturm mit der Ausstellung noch bis 30. September Do–So 14–19 Uhr geöffnet.

Update: Wunderschöne Bilder vom Ozean gibts hier.

Große und kleine Katastrophen

Sonnabend, 25. August 2007

Lange nicht mehr in Stralau gewesen?

Hier kommt das Update. Ein kleiner illustrierter Rundgang nach dem Klick.

[Hier gehts weiter: »]

Links von Freitag, 24. August 2007

Sonnabend, 25. August 2007

Gesammelte Links von Freitag, 24. August 2007:

Schwarze Schafe

Freitag, 24. August 2007

Ein Film voller Klischees über diese Stadt, wie er vielleicht von Berlin Partner hätte sein können, wenigstens werden die Werbetreibenden (Zitty, Air Berlin, Cicero u.a.) im Abspann genannt. Ein Episodenfilm, der nicht richtig funktioniert. Die Figuren werden nicht aus- und stattdessen lieber vorgeführt.

Immerhin spielen wirklich prima Schauspieler mit und die gefühlte Hälfte der Szenen ist in und um Stralau gedreht.

Aber ach.

Langmut.

Donnerstag, 23. August 2007

Links von Mittwoch, 22. August 2007

Donnerstag, 23. August 2007

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Links von Dienstag, 21. August 2007

Mittwoch, 22. August 2007

Gesammelte Links von Dienstag, 21. August 2007:

Über die eigene Feigheit

Dienstag, 21. August 2007

F. J. Raddatz schreibt über sein Versagen als DDR-Bürger. Ich habe den Text bisher nicht verlinkt, weil ich fälschlicherweise dachte, er sei nicht online. Volker Strübing wiederum nimmt den Text zum Anlaß, über sein Versagen als DDR-Bürger nachzudenken, wodurch ich zunächst auf die Onlineausgabe von Raddatz’ Text aufmerksam werde.

Um eigene Gedanken zu beiden Texten zu formulieren, ist Nachdenken vonnöten, Kauen. Im Moment lassen die Alltagsgeschäfte sowieso keine Zeit für Längeres. Es ist aber so: Der Raddatz-Text beginnt gerade, vor allem durch die Kreidekreisanekdote (die ich hier nicht nochmal zitiere, Volker Strübing hat es ja schon getan) einiges auszulösen. Erinnerungen an eigene Feigheit, an Angst, an Bequemlichkeit, an Sich-arrangieren. Das ist unangenehm, schmerzhaft und vor allem peinlich.

Ein Erzählen über DDR-Kindheit und -Jugend kann solche Erinnerungen nicht auslassen. Ob das irgendwann hier passiert, werden wir noch sehen, zumal ich Dinge, die zum Beispiel meine Familie betreffen, hier wirklich nicht ausbreiten will.

Warum erwähne ich das alles dann überhaupt jetzt? Ich möchte euch Raddatz’ Text und Strübings Erwiderung ans Herz legen.

Links von Montag, 20. August 2007

Dienstag, 21. August 2007

Gesammelte Links von Montag, 20. August 2007:

Links von Sonntag, 19. August 2007

Montag, 20. August 2007

Gesammelte Links von Sonntag, 19. August 2007:

Schlangen

Sonnabend, 18. August 2007

Dreieck Neukölln

Links von Freitag, 17. August 2007

Sonnabend, 18. August 2007

Gesammelte Links von Freitag, 17. August 2007:

Links von Donnerstag, 16. August 2007

Freitag, 17. August 2007

Gesammelte Links von Donnerstag, 16. August 2007:

Die neuen Tempel haben schon Risse

Donnerstag, 16. August 2007

Als wir im Westen ankamen, habe ich die vergleichsweise Gelassenheit bewundert, mit der man auch mit für die Gesellschaft Unangenehmem zum Beispiel in Museen oder auch im Schulunterricht umgehen konnte. Jedoch: Agitation, der Kampf um die Auslegung der Geschichte (in geringerem Maße) auch hier.

Bei Spalanzani gibt es den Hinweis auf einen äußerst lesenswerten Zeit-Text über die Innenstadtlücke und was daraus vielleicht mal werden soll. Oder nicht. Keine Bibliothek, keine Ethnologie, stattdessen vor allem Repräsentation.

In Ägypten hat man den Statuen der alten Herrscher die Gesichter zerkratzt. Das Verdrängen deutscher Geschichte, das aus dem Abriß des Palastes spricht, ist jedoch vermutlich nur ein Teil der Motive der Schloßbefürworter. Der Wiederaufbau des Schlosses ohne Ausschreibung und Wettbewerb ist antimodern und piefig. Es hätte ja auch etwas neues werden können. Auf dem Schloßplatz wird nicht nur versucht, die gute alte Zeit wiederaufleben zu lassen, auch die Planung für das Denkmal für Einheit und Freiheit auf dem Sockel des Kaiser-Wilhelm-Denkmals für 2015 sind einfallslos und riechen nach Vereinnahmung. Konsequent wäre es aber vielleicht, Kohl im Mantel der Geschichte auf diesen Sockel zu stellen. Wurschtig erscheint auch der Vorschlag, statt der Ethnologischen Museen die Gemäldegalerie ins Schloß ziehen zu lassen: tut der das denn gut?

Auf die andere Seite dessen, was vom Palast noch übrig ist, wird im Moment nicht so gern geschaut — bei der Neugestaltung ist meist nur vom Schloßplatz die Rede. Auf dieser anderen Seite jedenfalls steht das Marx-Engels-Forum, ein eher untypisches DDR-Denkmal, geradezu klein und unheroisch, in einem Park, der an dieser Stelle überraschend wirkt und von Anwohnern und Touristen gern genutzt wird. Die Ostfassade des Schlosses war die schmucklose Seite, die in Richtung der Arbeiterviertel am Alexanderplatz zeigte. In den Konzepten zum Stadtschloß kommt diese Seite bisher nicht vor.

Aus der Bauzeit des Marx-Engels-Forums gibt es schöne Bilder der Ostkreuz-Fotografin Sibylle Bergemann. Der einschwebende Engels war ganz bestimmt Inspiration für Good Bye Lenin.

Brüllende Landschaften.

Donnerstag, 16. August 2007

Links von Mittwoch, 15. August 2007

Donnerstag, 16. August 2007

Gesammelte Links von Mittwoch, 15. August 2007:

Helfer gesucht

Mittwoch, 15. August 2007

Ich erinnere noch einmal daran, daß ich an drei Sonntagen keine Zeit habe, mir den aktuellen ARD/ORF-Krimi anzusehen. Deswegen freue ich mich über Menschen, die mithelfen, daß das Archiv vollständig wird und einen Text, ein Musikstück oder ein Makramee-Werk machen wollen. Es handelt sich um folgende Sendungen:

  • 19. August, Polizeiruf 110 (Halle): Tod eines Fahnders
  • 16. September, Tatort (Kiel): Borowski und der Mann am Fenster
  • 23. September, Tatort (München): A gmahde Wiesn

Mitmachen: blog@stralau.in-berlin.de.

Links von Dienstag, 14. August 2007

Mittwoch, 15. August 2007

Gesammelte Links von Dienstag, 14. August 2007:

Der Schießbefehl: Aktenspuren

Dienstag, 14. August 2007

Aber interessant, daß der jetzt gefundene Schießbefehl an die Stasi-Mitarbeiter bei den Grenztruppen für so viel Aufsehen sorgt. Denn man sollte meinen, daß Wehrpflichtige nicht ohne Befehl auf Flüchtlinge, auch auf Kinder, schießen würden. Tatsächlich gab es aus Sicht der Grenzsoldaten ein System aus Druck und Belohnung. Das bedingungslose Schießen wurde aber natürlich von ganz oben geplant, auch wenn Egon Krenz in der Bild-Zeitung Haarspaltereien betreibt. Daß das Schießen an der Mauer zum System gehörte, ist in einer ganzen Reihe von Dokumenten niedergelegt:

Das jetzt wiedergefundene Dokument ist in gleichlautender Fassung (wenn auch aus einer anderen Akte) schon 1997 veröffentlicht worden. Im gleichen von allen übersehenen Band, Helmut Müller-Enbergs: Garanten innerer und äußerer Sicherheit, in: Matthias Judt (Hg.): DDR-Geschichte in Dokumenten. Beschlüsse, Berichte, interne Materialien und Alltagszeugnisse, Ch.-Links-Verlag 1997, finden sich noch die folgenden zwei Belege:

In der Aussprache […] legte der Genosse Erich Honecker folgende Gesichtspunkte dar:

  • die Unverletzlichkeit der Grenzen der DDR bleibt nach wie vor eine wichtige politische Frage,
  • es müssen nach Möglichkeit alle Provokationen an der Staatsgrenze verhindert werden,
  • es muß angestrebt werden, daß Grenzdurchbrüche überhaupt nicht zugelassen werden,
  • jeder Grenzdurchbruch bringt Schaden für die DDR,
  • die Grenzsicherungsanlagen müssen so angelegt werden, daß sie dem Ansehen der DDR nicht schaden, […]
  • überall muß ein einwandfreies Schußfeld gewährleistet werden
  • nach wie vor muß bei Grenzdurchbruchsversuchen von der Schußwaffe rücksichtslos Gebrauch gemacht werden, und es sind die Genossen, die die Schußwaffe angewandt haben, zu belobigen, […]

[Erich Honecker auf der 45. Sitzung des Nationalen Verteidigungsrates vom 3. Mai 1974 zum Tagesordnungspunkt 4: Bericht über die Lage an der Staatsgrenze der DDR zur BRD, zu Westberlin und an der Seegrenze. In: BArch MZA, VA–01/39 503.]

„Angriffe“ auf die Staatsgrenze (II)
28. April 1989

Ich will überhaupt mal was sagen, Genossen. Wenn man schon schießt, dann muß man es eben so machen, daß nicht noch der Betreffende wegkommt, sondern dann muß er eben da bleiben bei uns. Was ist das denn für eine Sache, was ist denn das, 70 Schuß loszuballern, und der rennt nach drüben, und die machen eine Riesenkampagne. Da haben sie recht. Mensch, wenn einer so mies schießt, sollen sie eine Kampagne machen.

[Erich Mielke: Referat auf der Zentralen Dienstbesprechung des MfS am 28. April 1989 (Tonbandabschrift). In: BStU, ZA, ZAIG TB 3]

Nach dem Bau der Mauer, läutete Ulbricht die zweite Stufe der Grenzsicherung ein. Spuren finden sich zum Beispiel in folgendem

Befehl 101/62 des Ministers für Nationale Verteidigung vom 23. November 1962

Im Zusammenhang mit der Forderung nach besserer Schießausbildung der Soldaten heißt es, die Grenzsoldaten müßten imstande sein, „(…) jedes unbewegliche und sich bewegende Ziel mit dem ersten Schuß (Feuerstoß) bei Tag und Nacht zu vernichten.“

[zit. nach Thomas Koch, Flemming Hagen: Die Berliner Mauer: Grenze durch eine Stadt, Bebra-Verlag 2006]

Eine Auffrischung aus dem Jahre 1975:

Befehl 80/75 von Erich Peter, Chef der Grenztruppen: „Alle Grenzverletzer, Provokateure und Diversanten (…) [seien] unter geschickter Ausnutzung aller gegebener Möglichkeiten entschlossen” festzunehmen oder zu vernichten.. Die Schußwaffe solle „mit hohem politischen Verantwortungsbewußtsein (…) treffsicher angewandt” werden.

[zit. nach Dietmar Schultke: Die Grenze, die uns teilte: Zeitzeugenberichte zur innerdeutschen Grenze, Köster 2005]

Das sind Schießbefehle. Auch wenn es keinen schriftlichen Befehl direkt an die einzelnen Soldaten gegeben haben sollte, gibt es doch die Berichte der Grenzsoldaten von der täglich stattfindenden mündlichen Vergatterung, die auf viele wie ein Befehl wirkte:

Der Kernsatz der (…) Vergatterung lautete: „Grenzdurchbrüche sind auf keinen Fall zuzulassen. Grenzverletzer sind zu stellen oder zu vernichten.“ Bei der Schulung der Grenzsoldaten galt als Faustregel: „Besser ein Flüchtling ist tot, als daß seine Flucht gelingt.“ Das Interesse, eine Flucht zu verhindern, hatte Vorrang vor dem Leben des Flüchtlings. Eine gelungene Flucht war „das Schlimmste, was der Kompanie passieren konnte, da sie der ihr gestellten Aufgabe nicht gerecht geworden war.“ Dagegen hatte die Erschießung des Flüchtlings keine negativen Konsequenzen.

[Jürgen Weber/Michael Piazolo (Hg.): Eine Diktatur vor Gericht. Aufarbeitung von SED-Unrecht durch die Justiz, 1995, zit. nach: Barbara Zibler: Kinder als Opfer der Mauer, in: Falk Blask (Hg.): Geteilte Nachbarschaft. Erkundungen im ehemaligen Grenzgebiet Treptow und Neukölln, 1999.]

Andererseits ist im Grenzgesetz von 1982 nur die Rede davon, daß die Schußwaffe eingesetzt werden darf, nicht muß:

§27 Anwendung von Schußwaffen

(1) Die Anwendung der Schußwaffe ist die äußerste Maßnahme der Gewaltanwendung gegenüber Personen. Die Schußwaffe darf nur in solchen Fällen angewendet werden, wenn die körperliche Einwirkung ohne oder mit Hilfsmitteln erfolglos blieb oder offensichtlich keinen Erfolg verspricht. Die Anwendung von Schußwaffen gegen Personen ist erst dann zulässig, wenn durch Waffenwirkung gegen Sachen oder Tiere der Zweck nicht erreicht wird.

(4) […] Gegen Jugendliche und weibliche Personen sind nach Möglichkeit Schußwaffen nicht anzuwenden.

[Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik (Grenzgesetz) vom 25. März 1982. In: GBl. I, Nr. 11 vom 29. März 1982]

Es heißt, daß Wehrpflichtige den Dienst an der Grenze verweigern konnten, zwar nicht ohne Konsequenzen, aber ohne ins Gefängnis zu müssen. Über den Mut und die Konflikte bei solchen Gewissensentscheidungen schreibt Ingo Schulze heute in der Süddeutschen Zeitung. F.H. von Donnersmarck schreibt sehr gut über Ulrich Mühes Konflikte an der Grenze in der FAZ vom Sonnabend. Aber die Klopper von der FAZ schaffen es tatsächlich, einen Anriß im Internet zu veröffentlichen, mit dem Hinweis, daß man den ganzen Artikel in der gedruckten Ausgabe lesen solle. Mann, Mann, Mann.

Zurück zum (nicht vorhandenen?) Schießbefehl. Immerhin wird die Aussetzung des Schießbefehls im April 1989 in Anatomie der Staatsicherheit, Geschichte, Struktur, Methoden, Hauptabteilung 13: NVA und Grenztruppen von Stephan Wolf erwähnt. Den eigentlichen Text hierzu, einen Artikel von Roman Grafe in der Süddeutschen Zeitung von 1996, konnte ich aber noch nicht lesen.

Links von Sonntag, 12. August 2007

Montag, 13. August 2007

Gesammelte Links von Sonntag, 12. August 2007:

Schöner sterben am Wasser

Sonntag, 12. August 2007
Stralauer Friedhof, Bofingers Grab
Stralauer Friedhof, Grab von Manfred Bofinger. Klicken macht groß.

Grau strippt der Nieselregen …

Sonnabend, 11. August 2007

… von links oben nach rechts unten. Der Geruch warmer Erde liegt in der Luft.

Ich mag diesen Herbst.

Links von Freitag, 10. August 2007

Sonnabend, 11. August 2007

Gesammelte Links von Freitag, 10. August 2007: