Es wird wieder gebaut.
Das Land Berlin hatte nach der Wende hochfliegende Pläne, an den Ufern von Spree und Havel viele Wohnungen zu bauen. Zu diesem Zweck wurde die Wasserstadt GmbH gegründet, die ziemlich viel Geld in den Sand setzte und auf Grund des zusammenbrechenden Wohnungsmarktes umso weniger einnahm. Wie so häufig, verführen privatwirtschaftliche Konstruktionen in öffentlicher Hand zu Geldverschwendung.
Die Folge ist, daß Stralau und die Rummelsburger Bucht mit einer ziemlich protzigen, langweiligen und unpraktischen Architektur zugepflastert wurden. Die Vermietung ging sehr schleppend voran, viele Projekte (Ausbau des Palmölspeichers zu Lofts, Floating Homes) sind bis heute nicht verwirklicht. Und die Infrastruktur läßt zu wünschen übrig: einen Supermarkt gibt es bis heute nicht in Stralau und gastronomische Einrichtungen, naja, schweigen wir darüber.
Auf der anderen Seite muß man anerkennen, daß das viele öffentliche Geld zu, nun ja, vielleicht etwas überdimensionierten, aber ziemlich schicken Parks, Schuleinrichtung und Sportplätzen geführt hat.
Auf Grund des hohen Defizits (mindestens 680 Mio. € in den fünf Berliner Entwicklungsgebieten) steigt das Land noch in diesem Jahr aus. Die Wassserstadt GmbH wird aufgelöst. Das ist auch besser so, denn die weiterhin gigantischen Pläne hören sich etwas furchterregend an, sowohl für die öffentlichen Kassen als auch für die Uferlandschaft, die heute in vielen Teilen noch eine romantische Wildheit ausstrahlt, eine Wildheit, die aber in Planerhirne nicht so richtig hineinzupassen scheint. Zum Glück gibt es noch keine Investoren. Und nach der Auflösung der Wasserstadt GmbH Ende 2006 wird der Markt hoffentlich dafür sorgen, daß hier erstmal Ruhe ist.
Aber kurz vor Schluß wird noch einmal versucht, wenigstens einen Teil zu Geld zu machen: Bis heute gab es eine Ausstellung in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, in der verschiedene Grundstücke in Spandau und Alt-Stralau angeboten wurden (die Ausstellung zieht jetzt nach Spandau weiter). Die künftigen Eigentümer können zwischen verschiedenen Entwürfen wählen, das sind dann jeweils mehrstöckige Reihenhäuser zum Preis von 280 000 € bis 350 000 €. (Kann mir jemand sagen, ob das teuer oder billig ist? Ich habe keine Ahnung).
Die Grundstücke kann man auf dieser Karte sehen: Zwischen Kracht- und Bootsbauerstraße ist eine unbezeichnete Straße eingezeichnet (die gibt es momentan auch gar nicht). Bebaut wird die Ecke westlich dieser Straße und nördlich der Bahrfeldtstraße, das Grundstück, das sich östlich des Eckgrundstücks Bahrfeldtstr./Alt Stralau befindet sowie Friedrich-Junge-Str./Alt Stralau, Nordwestecke.
Die Grundstücke sind mit ca. 160 m2 vergleichsweise mickrig. Und der auf einigen Fotos in der Ausstellung zu sehende Wasserblick ist auf den zu bebauenden Grundstücken auch nicht vorhanden.
Am ärgerlichsten jedoch ist, daß fast alles, was in Stralau nach der Wende gebaut wurde so eine biedere Protzhaltung ausstrahlt. Alles ziemlich phantasielos. Und auch die jetzt vorgestellten Entwürfe unterscheiden sich kaum von dem, was schon steht. Da ist einfach zuviel sorglos ausgegebenes Geld im Spiel.
[Disclaimer: Der Autor lebt in einem Stralauer Altbau, dessen Garten an eines der Baugrundstücke grenzt und ist auch sonst heute ein wenig arrogant und misanthropisch.]
[Und, meine Damen und Herren Kulturschaffende: Es gibt großartige leerstehende Industriegebäude: z.B. das alte Glaswerk oder die Brauerei. Kann das nicht mal jemand besetzen und Kunst oder Musik drin machen? Schön ist z.B., was Unkul in der alten Teppichweberei veranstaltet.]