Tatort: Bienzle und sein schwerster Fall (SWR)
Mittwoch, 28. Februar 2007Die Bienzle-Tatorte waren auf schöne Art altmodisch: keine Action-Szenen, Bienzle ermittelte vor allem durch Kombination und Instinkt, und der lokale Bezug zu Stuttgart war immer sehr präsent, beinahe so stark wie bei Schimanski in Duisburg.
Während meiner Zeit in Stuttgart, in der ich mit dieser Stadt und ihren Bewohnern nicht so richtig warm wurde, hat Bienzle Verständnis in mir geweckt. Das Problem ist ja, daß man als Außenstehender sehr schwer das Gesicht dieser reichen Stadt findet, die an sehr vielen Stellen alte Spuren schnell durch Neues, Teures, Gesichtsloses ersetzt. Stuttgarter mögen mir widersprechen, ich habe aber den Eindruck, daß es dem Tatort gelang, ein stimmiges Bild dieser Stadt zu zeigen, das Modernes nicht ausspart und dennoch sympathische Spuren sichtbar macht.
Mein Arbeitsweg in Stuttgart ging durch die ganze Stadt. An einem lauen Sommerabend fuhr ich wieder mit dem Fahrrad über den Vorplatz der Oper, als dort jemand – etwas zu warm gekleidet mit Mantel und Hut – aus dem Auto stieg und auf mich zukam. Ich sah ihm ins Gesicht und grüßte, irgendwoher kannte ich den doch. Erst als ich die Rufe des Filmteams hörte – „Wer hat denn den Fahrradfahrer durchgelassen“ – wurde mir klar, daß ich gerade einen Dreh („Bienzle und der steinerne Gast“) versaut hatte.
Nun geht Bienzle also, der mit Dietz Werner Steck auch einen herausragenden Schauspieler hatte. Einer, der den auf Distanz bedachten Kommissar mit Prinzipien sehr überzeugend spielte. Einer, der mit den Jahren alterte, seine Rolle aber immer überzeugender spielte.
Leider hält das Drehbuch im letzten Film nicht ganz mit: Ein kleines Mädchen wird ermordet. Und schnell gibt es einen Verdächtigen, der bei einem ähnlichen, bisher unaufgeklärten Fall schon eine Rolle spielte. Hartwin Grossmann (Bernd Tauber), ein Polizist im Ruhestand, der diesen schon im vorangegangenen Fall im Verdacht hatte, ihm aber nichts nachweisen konnte, übt Druck auf Bienzle aus, ihn festzusetzen. Ein großer Teil des Filmes beschäftigt sich nun mit dem Konflikt zwischen beiden. Irgendwann kommt dann aber der verklemmte Bewährungshelfer des Verdächtigen ins Spiel, und sofort ist dem Zuschauer klar: der wars. Leider braucht die Polizei ziemlich lange, bis sie auch dahinterkommt. Zwischendurch wird noch brutal der Musiklehrer des Opfers aus seiner Wohnung geholt, obwohl die Verdachtsmomente ziemlich dünn sind (Bienzle hat eine Melodie gehört).
Auch schlecht umgesetzt: Grossmann verschafft sich irgendwann Zutritt zur Gerichtsmedizin. Von da an ist dem Zuschauer klar, daß er Beweise manipuliert. Auch hier schaut man dann gelangweilt mit zu, bis Bienzle irgendwann dahinterkommt. Am Ende hat der Täter ein weiteres Mädchen in seine Gewalt gebracht und in furchtbar langen Emo-Sequenzen wird auch dem letzten nochmal klargemacht, wie schlimm es ihm ergeht. Dazu viel zu dick aufgetragene Musik.
[Erstsendung: 25. Februar 2007]