Archiv für September 2006

Rumpelpumpel, Spektakel!

Sonnabend, 30. September 2006

Daß die Gegend um Stralau von magischen Kräften beeinflußt ist, wird Eingeweihten nicht neu sein. Auch der Schlesische Busch, ehemaliges Grenzgebiet und Standort eines der wenigen erhaltenen Mauerwachtürme, ist betroffen.

Roland Boden vom Institut für Subreale Urbanistik wird in einem Kunstprojekt im Wachturm versuchen, die öffentliche Aufmerksamkeit auf unterdrückte Zusammenhänge zu lenken: Konfuse magnetische Wirbel.

Heute ab 19 Uhr Eröffnung.

Zonk!

Es wird Frühling

Sonnabend, 30. September 2006

auf der Südhalbkugel. Herr Rosen sucht das Glück und ist ausgewandert. Von nun an aus dem Süden Brasiliens: Radio Schöneiche.

Unterirdisch

Montag, 25. September 2006

Nun sind ja weder Musik noch Texte von Rammstein besonders anspruchsvoll. Wenn aber Jens Balzer in der Berliner Zeitung seine Rezension des Magnetbanduntergrund-Abends mit Neunziger-Jahre-Klischees enden läßt, die einerseits total ausgelutscht sind und andererseits so dermaßen nichts mit der Musik im Buch zu tun haben:

Flake Lorenz schließlich wurde mit der Band Rammstein weltberühmt: Mit ihr schuf der heitere Typ von der Magdalene Keibel Combo in den 90ern den brutaldeutschen Klang der Neuen Zeit, Soundtrack für No-Go-Areas und brennende Flüchtlingsheime. Davon ist in dem Buch von Pehlemann und Galenza nicht die Rede, war es auch in der Volksbühne nicht. Ist es eine andere Geschichte?

… dann schüttelts einen.

Tatort: Pauline (NDR)

Montag, 25. September 2006

Feuerwehrball in einem kleinen niedersächsischen Dorf. Erwartbare schmierige sexuelle Anspielungen. Wer tanzt mit wem. Alkohol war mit im Spiel, als du von deinem Hocker fielst. Hernach wird die 12-jährige Pauline tot im Fluß gefunden. Erschlagen mit einem kleinen Gegenstand.

Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) tastet sich vorsichtig durch das Beziehungsgestrüpp im Dorfe, begleitet von der einheimischen Polizistin Katharina Lichtblau (schlimmes Wortspiel, großartig gespielt von Johanna Gastdorf). Da ist Paulines Mutter (Corinna Harfouch), geflüchtet vor der Sprachlosigkeit ihres Mannes. Ihre Schwester Jette (Anna Maria Mühe) geht mit dem Pferdehirten Sven (Wotan Wilke Möhring). Dieser sowie der sonderbare Gärtner (!) Guntram Schollenbruch (Thomas Arnold) sind verdächtig, Neigungen für Heranwachsende zu zeigen. Doch die Kinderschänderfährte ist eine falsche, obwohl Charlotte Lindholm so gerne an die Statistik glauben will. Am Ende war’s ein Dumme-Jungen-Streich, zu dem unterlassene Hilfeleistung kommt — der Sohn versagt vor seinem tyrannischen Vater — und die Kommissarin entschuldigt sich beim falsch Verdächtigten. Überall jedoch sinistre Gestalten, besonders hübsch schleimig: der Pfarrers-Ehemann der Dorfpolizistin, der mit der gutaussehenden Charlotte theologische Gespräche “fortsetzen” möchte, den sie jedoch eiskalt auflaufen läßt.

“Pauline” läßt sich Zeit, die handelnden Personen und ihre Motive glaubwürdig einzuführen. Nebenher wird die trübe regnerische Stimmung, durch die sich die hannöverschen Tatorte auszeichnen, gut in die Handlung eingebaut. Und Martin hat endlich sein Coming Out. Schlimm jedoch: der Ton. Man versteht fast nüscht.

Sprachkritik: einmal wird tatsächlich DNS gesagt, dann jedoch wieder DNA. “Bist Du in Ordnung”.

[Erstsendung: 24. September 2006]

Polizeiruf 110: Die Lettin und ihr Lover (HR)

Montag, 25. September 2006

Eine furchtbare Situation: Kommissar Keller (Jan-Gregor Kremp) erwacht aus dem Morphiumrausch und erinnert sich, die Lettin Laima vergewaltigt zu haben. Diese wiederum hat in der Nacht den ihr nachstellenden Weinhändler die Treppe hinuntergestoßen, wo er nun mit gebrochenem Genick aufgefunden wurde. Da Keller in der Nacht bei Laima gesehen wurde, wird nun gegen ihn ermittelt. Er taucht unter und versucht den Fall zu klären. In einem alten Hotel am Strand von Jurmala vor Riga wartet schließlich die Lösung.

Aus dieser Konstellation hätte man viel machen können: eine Tragödie, einen klassischen Whodunit, einen fiesen Psychoschocker, eine Klamotte, eine Romanze oder ein Roadmovie. Dummerweise kann sich das Drehbuch (Titus Selge) nicht für eine Richtung entscheiden und versucht, alles reinzustecken. Und so scheitert “Die Lettin und ihr Lover” trotz hervorragender Besetzung an der Überambitioniertheit des Skripts.

[Erstsendung: 17. September 2006]

Das Tempelhofer Flugfeld

Donnerstag, 21. September 2006

Fährt man mit der Ringbahn von Hermannstraße nach Tempelhof und hat einen Platz auf der rechten Seite des Zuges, so entsteht der Eindruck, in einer Modelleisenbahn zu sitzen: die Kurve verdeutlicht das Ringartige der Bahn und der Blick über das weite Feld, hinter dem irgendwo die Stadt liegt, verstärkt diesen Eindruck.

Vor der Wahl überboten sich die Parteien mit Schwachsinnsvorschlägen, wie der Flughafen vielleicht doch noch haltbar sei. Was schön wäre: so lassen. Weder bebauen noch bepflanzen. Eine Wiese, auf der Menschen flanieren. Mit Kindern oder einem Buch unterm Arm. Im alten Flughafengebäude vielleicht ein feines Museum oder eine Bibliothek, ein Café und ein Restaurant. Nichts lautes, nichts nützliches.

Die nationale Front – Neonazis in der DDR

Mittwoch, 20. September 2006

Der Überfall auf die Zionskirche im Herbst 1987 erregte die Öffentlichkeit. Nach einem Konzert von Element of Crime in der Kirche werden Besucher von Skinheads brutal zusammengeschlagen. Sie rufen Parolen wie “Juden raus aus deutschen Kirchen”, “Kommunistenschweine” und “Sieg heil”. Volkspolizei und Stasi greifen nicht ein, die Täter kommen mit sehr geringen Strafen davon. Nach öffentlichen Reaktionen werden die Strafen verdoppelt.

Am Dienstag, dem 26. September um 19.00 Uhr wird in der Zionskirche der Film „Die Nationale Front – Neonazis in der DDR“ gezeigt.

In der Dokumentation von Andreas K. Richter und Tom Franke kommen Konzertbesucher, Historiker, Kirchenvertreter wie auch Täter des Überfalls auf die Zionskirche zu Wort.

Eintritt frei, im Anschluß Podiumsdiskussion mit den Filmemachern Tom Franke und Andreas K. Richter, den Organisatoren des Konzerts Siegbert Schefke und Dirk Moldt, Bernd Wagner (Kriminalpolizist in der DDR, später Gründer der Aussteigerorganisation Exit) und der Historikerin Annette Leo.

Was man wissen sollte

Mittwoch, 20. September 2006

Wer überlegt, den Job zu wechseln, und nicht schon vorher völlig frustriert war, sollte sich darüber im Klaren sein, daß die Zeit zwischen Aussprechen und Wirksamwerden der Kündigung emotional nicht gerade geruhsam ist.

Zeit für Tubbie Winke-Winke,
Zeit für Tubbie Winke-Winke!

Dienstag, 19. September 2006

Unglaublich: In Britannien werden Erziehungslautsprecher aufgestellt, über die sich der große Bruder melden kann, wenn jemand in die Ecke pinkelt.

Für Touristen vom Kontinent könnte das allerdings ganz hilfreich sein, wenn sie vor dem Überqueren der Straße darauf hingewiesen werden, auch nochmal nach rechts zu schauen.

[via]

Was macht eigentlich …

Montag, 18. September 2006
Magnetbanduntergrund: Cover

… Peter Struck?

Opa, erzähl von früher

Montag, 18. September 2006

Wo wir gerade beim Hinweisen sind:

Magnetbanduntergrund: Cover

Magnetbanduntergrund

Alexander Pehlemann & Ronald Galenza (Hrsg.)
Buchvorstellung und Konzert
Spannung. Leistung. Widerstand.

Mendelsson, Bolschewistische Kurkapelle, Stuhlgeist, Ornament & Verbrechen, Freunde der italienischen Oper, Conny Bauer, Flake, Aufruhr zur Liebe, Denzel & Huhn, Orlacs Hände, Herbst in Peking, Hans Schulze, Kunstkopf, Robert Linke, Ronald Galenza, Alex Pehlemann, Henryk Gericke, Dirk Teschner, Robert Linke und Thomas Werner spielen oder sprechen live auf allen Bühnen des Hauses.

Die Moderation übernehmen Peter Wawerzinek, Christoph Tannert und Bert Papenfuß.

Freitag, 20 Uhr, Volksbühne.

Von Berlin nach Germania

Montag, 18. September 2006

Drei interessante Vorträge zur Planungsgeschichte in der Berlinischen Galerie in Kreuzberg:

Von Berlin nach Germania

am Donnerstag, 21. September 2006 um 18 Uhr im Auditorium

Prof. Dr. Wolfgang Schäche (TFH Berlin)

“Von Berlin nach Germania” – Architektur und Städtebau zwischen 1933 und 1945

“Germania” als Metropole eines großgermanischen Weltreichs. So sahen die herrschenden Nationalsozialisten das Idealbild der damaligen Reichshauptstadt Berlin. Nicht nur die an Wahnsinn heranreichenden, megalomanischen Visionen für eine Stadt aller Städte, auch die sozialen und politischen Hintergründe werden in diesem Vortrag anhand von zahlreichen Dokumenten, Entwürfen und Darstellungen thematisiert.

Der Vortrag steht im Rahmen der Reihe: Politik in Stein – Architektur und Macht in Berlin und Brandenburg im 20. Jahrhundert, die vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam initiiert wird.

Es finden zwei weitere Vorträge dieser Reihe in der Berlinischen Galerie statt:

am 19. Oktober 2006, 18.00 Uhr
Dr. Bruno Flierl: Politik und Architektur in der Hauptstadtinszenierung Berlins nach 1945

am 30. November 2006, 18.00 Uhr
Dr. Eva-Maria Barkhofen: Gebautes und Gedachtes. Zur Berliner Baupolitik nach 1990

Eintritt: 4€, ermäßigt 3€

Zur Wahl

Sonnabend, 16. September 2006

Trotz des inhaltslosen Wahlkampfes fällt die Entscheidung viel klarer aus, als noch zur Bundestagswahl. Auch wenn Bild mein Kommen beinahe verhindert hätte.

Komischerweise ist das Volksbegehren im Wahlkampf totgeschwiegen worden. Wenn die Änderung der Verfassung morgen angenommen wird, muß statt der Hälfte nur noch ein Viertel der Wahlberechtigen an einer Volksabstimmung teilnehmen, d.h., nur noch ein Achtel muß zustimmen. Das sind etwa 304 600 Bürger. Die Springer-Zeitungen BZ, Bild und Morgenpost haben in Berlin eine Auflage von über 500 000.

Mh.

Am Bahndamm, Teil 6 und Schluß

Freitag, 15. September 2006

[Einleitung]
[Teil 1]
[Teil 2]
[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]

Schöneberger Südgelände: Birken auf dem Gleis

Wir müssen nun das Monster Papestraße Südkreuz und die Stadtautobahn überqueren und gelangen, östlich der Anhalter und südlich der Ringbahn auf das Schöneberger Südgelände. In Teil 2 ist die Geschichte des Geländes beschrieben.

Schöneberger Südgelände: Weiche

Nach all den Planungswirrungen kann man hier sehen, was behutsame bürgernahe Planung bewirken kann. Der Park, nachdem er der Verwaltung in jahrelangem Kampf abgerungen wurde, war eines der wichtigsten Expo-Projekte von Berlin. Auf Stegen, die wunderbarerweise den alten Gleispfaden folgen, wird man durch ein ansonsten nicht zu betrendes Naturschutzgebiet geleitet.

Schöneberger Südgelände: Gleise

Für Botaniker interessant ist, wie sich hier die Natur einen Lebensraum zurückerobert und gleichzeitig verschiedenste Arten aus ganz Europa um einen Lebensraum ringen. (Habe ich gerade wirklich Lebensraum ringen geschrieben? Diese alten Dokumente machen mich ganz wuschig!).

Schöneberger Südgelände: Das Monster

Und dazwischen! Mehr als 20 parallel verlaufende Gleise, Weichen, alte Gebäude, Fahrzeuge, eine Drehscheibe. Das ist alles so groß!

Die Wanderung endet am S-Bahnhof Priesterweg, von wo die Heimreise angetreten werden kann.

Schöneberger Südgelände: Brücken
Und am Ende geht es wieder mit Brücken weiter

Am Bahndamm, Teil 5

Donnerstag, 14. September 2006

[Einleitung]
[Teil 1]
[Teil 2]
[Teil 3]
[Teil 4]

Die Kutscher haben an den Endstellen darauf zu achten, daß die Pferde nicht die Perons der vor ihnen stehenden Wagen benagen
Nagen nicht erlaubt!

Der südliche Teil verbreitert sich zum Ende hin, verliert an Niveau und wird zu einem Birkenhain. Am Rande das Anschlußgleis des Technikmuseums. Nachdem wir die Monumentenbrücke unterquert haben, findet sich linkerhand die Monumentenhalle, in der das Technikmuseum alte S-, U- und Straßenbahnwagen sowie Busse lagert. Wie es der Zufall will, ist gerade Tag der offenen Tür (auch noch an den Sonntagen 17. und 24. September).

U- und S-Bahn
Links U, rechts S

Von der Halle aus gehen wir durch die Eylauer Straße und überqueren die Anhalter Bahn über die Kolonnenbrücke (Dudenstraße). Von der Brücke aus hat man nach Norden hin einen schönen Blick über das eben durchwanderte Bahngelände bis zum Potsdamer Platz.

Auf der anderen Seite erreichen wir die sogenannte Rote Insel, auch Sedanviertel oder Schöneberger Insel genannt. Dieser Teil Schönebergs ist zu allen Seiten durch Bahnlinien begrenzt. Wunderbar verschlafen fühlt man sich hier ganz weit entfernt von den Aufgeregtheiten, die in Mitte oder Kreuzberg herrschen mögen. Es ist wieder Zeit, in ein kleines Café einzukehren.

Straßenbahn
Straßenbahn
Bahnsteig Kolonnenstraße
Bahnsteig Kolonnenstraße

Wir folgen der Dudenstraße bis zur Julius-Leber-Brücke. Von dieser kann man in Richtung Süden an der Wannseebahn ein weiteres Stück Bahngeschichte sehen: den Bahnsteig Kolonnenstraße.

Spitzkehre mit Kolonnenstraße
Spitzkehre mit Kolonnenstraße

Bis zur Zerstörung 1944 fuhr die Ringbahn nicht wie heute im Vollring, sondern eine Spitzkehre vom Bahnhof Schöneberg zum Potsdamer Ringbahnhof am Potsdamer Platz und zurück nach Papestraße (neuerdings Südkreuz). Der Bahnhof Kolonnenstraße in der Spitzkehre wurde im Kriege zerstört und danach bis auf den Bahnsteig abgetragen. Demnächst soll der Bahnhof, jetzt an der Wannseebahn, neugebaut werden.

Auch der Wiederaufbau der Ringbahn war verbunden mit politischen Querelen und aktiver Bürgereinmischung im alten West-Berlin. Wer sich näher für die Geschichte der Ringbahn und auch des Bahngewirrs in dieser Gegend interessiert, dem sei ein Klassiker empfohlen: Strecke ohne Ende, erschienen im GVE-Verlag.

Wir wenden uns von der Brücke wieder zurück und gehen die Cheruskerstraße Richtung Süden. Nach kurzer Zeit treffen wir auf einen kleinen Park. Auch in diesem Park läßt sich der ehemalige Gleisverlauf der zur Spitzkehre gehörenden sogenannten „Cheruskerkurve“ gut erkennen: die Wege verlaufen auf dem ehemaligen Gleisbett. Daneben das Wahrzeichen der Schöneberger Insel: der Gasometer.

[Teil 6]

Wasserstadt GmbH: Stirb langsam

Mittwoch, 13. September 2006

Ende 2006 werden die Berliner Entwicklungsgebiete, zu denen auch Alt-Stralau gehört, aufgelöst. Die Wasserstadt-GmbH, die als Träger bis 2003 über 300 Mio. Euro Schulden angehäuft hatte (hat jemand aktuellere Zahlen?) und deren Geschäftsführer Hellweg sich nun rechtzeitig nach Hamburg verabschiedet, wird sich noch bis Ende 2007 auflösen.

Was machen die eigentlich in dem Jahr? Akten vernichten?

Bahn: Gewerkschafter spielen mit

Mittwoch, 13. September 2006

Soso. Die Tarifverhandlungen, in denen ausgerechnet Mehdorns alter Kumpel Schröder den Schlichter spielt, haben also ergeben, daß die Beschäftigungszusage nur gilt, wenn das Netz verschleudert wird.

Nun soll also, kurz bevor der Bundestag über den Börsengang entscheidet, gestreikt werden. Politische Streiks sind in Deutschland nicht erlaubt. Deswegen wurden ja vorher noch schnell gescheiterte Verhandlungen geführt.

Am Bahndamm, Teil 4

Mittwoch, 13. September 2006

[Übersicht]
[Teil 1]
[Teil 2]
[Teil 3]

Wir befinden uns nun auf dem nördlichen Teil des ehemaligen Güterbahnhofes der Berlin-Anhalter Bahn. Viele parallel führende Gleise, Weichen, Bahnanlagen. Darüber Birken, Eschen und allerlei Kraut. Auch ein altes Stellwerk ist noch zu sehen.

Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof

Nach einer Weile erreichen wir ein Industriedenkmal besonderer Art: Der Güterbahnhof erstreckte sich zu beiden Seiten der Yorckstraße. Diese wird daher von ungefähr 30 Brücken überspannt. Die meisten der Yorckbrücken sind seit über 50 Jahren unbenutzt, stehen aber wegen des Reichsbahnstatus noch. Sie stehen unter Denkmalschutz und sollen im geplanten Gleisdreieckpark eine wichtige Rolle spielen, die Bahn würde jedoch gern abreißen.

Yorckbrücken, Detail
Yorck-Brücken, Detail

Über die Brücke erreichen wir den südlichen Teil des Anhalter Güterbahnhofes:

Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof
Anhalter Güterbahnhof

Die AG Gleisdreieck, ein Zusammenschluß verschiedener Bürgerinitiativen setzt sich seit Jahren für eine Parkgestaltung auf dem Gelände ein. Diese soll nun endlich Wirklichkeit werden.

[Teil 5]
[Teil 6]

Am Bahndamm, Teil 3

Dienstag, 12. September 2006

[Übersicht]
[Teil 1]
[Teil 2]

Heute gehts los: Die gesamte Wanderung dauert ungefähr fünf Stunden, darin eingeschlossen ist die Besichtigung der Monumentenhalle und ungefähr zweimal Einkehren. Wandern in der Stadt hat ja auch den großen Vorteil, daß man quasi jederzeit in ein Lokal fallen kann.

Wir beginnen am S-Bahnhof Potsdamer Platz und gehen die Stresemannstraße in Richtung Süden. Auf der Straße ist der Mauerverlauf gut erkennbar. Links Preußischer Landtag und Gropius-Bau, rechts war mal A-Z, das Elektronik-Dorado für Ossis. An der Ecke Schöneberger Straße besuchen wir das Café Stresemann, ein schönes Beispiel westberliner Café-Kultur, wo im Unterschied zu Friedrichshain, Mitte, Prenzlauer Berg eine angenehme Unaufgeregtheit herrscht. Man wird hier nicht von Studenten bedient, sondern von richtigen Kellnern.

Der Anhalter Bahnhof, 1841 eingeweiht und 1880 durch einen prachtvollen Neubau von Franz Schwechten und Heinrich Seidel ersetzt, gehörte zu der ganzen Reihe an Kopfbahnhöfen, von denen aus vor dem Kriege der Berliner Eisenbahnverkehr abgewickelt wurde: Lehrter Bahnhof, Potsdamer Bahnhof, Stettiner Bahnhof (später Nordbahnhof), Schlesischer Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Görlitzer Bahnhof. Von beiden Seiten gab es nach dem Krieg kein Interesse mehr an diesem eigentlich recht leistungsfähigen System: Die West-Berliner Seite setzte aufs Auto, die DDR hatte kein Interesse an einem freien Verkehr in ganz Berlin und wollte den Fernverkehr stattdessen im Osten bündeln.

So wurde 1952 der Fernverkehr am Anhalter Bahnhof eingestellt. Seitdem halten nur noch S-Bahn-Züge auf den unterirdischen Bahnsteigen. Der S-Bahn-Tunnel, 1936 eröffnet, wurde in den letzten Tagen des Krieges durch Sprengung geflutet. Aber das ist eine andere Geschichte. Den oberirdischen Bahnhof hat man 1960 abgerissen, nach Bürgerprotesten blieb immerhin der Portikus stehen.

Dahinter, wo bis in die Neunziger Jahre Gleise und Bahnsteige unter wuchernder Vegetation lagen, steht jetzt der Neubau des Tempodroms. Es erübrigt sich fast, zu erwähnen, daß auch dieses Bauvorhaben skandalträchtig war.

Hinter dem Tempodrom treffen wir das erste Mal auf alte Gleisanlagen und Bahnsteige, von struppigem Bewuchs bedeckt. Zwischen den riesigen überwucherten Bahnanlagen spielen Kinder. Von hier fuhren einst Züge nach Halle, Leipzig, Frankfurt, München, ja bis Wien, Neapel und Athen.

Wir überqueren die Fußgängerbrücke über die Straße und den Landwehrkanal, die da jetzt an Stelle einer der vielen Eisenbahnbrücken steht und erreichen das Gelände des Technikmuseums. Links am Hauptgebäude vorbei kreuzen wir das Gleis der Anschlußbahn und gelangen zum zukünftigen Gleisdreieckpark. Der Wachschutz läßt uns auf freundliche Bitte hin passieren.

[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

Tatort: Mann über Bord (NDR)

Montag, 11. September 2006

Das Thema des Kapitäns, der ein Doppelleben führt, ist alt. So alt, daß manchen ein Doppelleben nicht auszureichen scheint. Dieses völlig unspektakuläre Sujet wird im Kieler Tatort jedoch zu einem Meisterwerk des Rhythmus’ verarbeitet.

Im Hauptstrang folgt der Rhythmus den Schiffsreisen von Kommissar Borowski zwischen Kiel und Göteborg. Ihm voraus eilen jedoch die Anrufe: beim Kapitän, bei der Kieler und der Göteborger Polizei, bei den Gattinnen des Kapitäns. Gleichzeitig wird der Rhythmus in die Vergangenheit verlängert: wer hat wann wen angerufen? Der Informationsvorsprung, den der Zuschauer am Anfang hat, wird übertragen auf die beiden Ehefrauen: wer hat wann vom Doppelleben erfahren und somit ein Mordmotiv?

Obwohl sich die Handlung steigert (Welche der beiden Frauen plant einen Mordversuch auf die andere und verrät sich dadurch? Welche Rolle spielt der alkoholabhängige Erste Offizier? Was weiß der Steuermann?), bleiben Kamera, Schnitt und Musik im Rhythmus. Lars Becker (Regie) und Dorothee Schön (Buch) haben hier eine Perle geschaffen. Hinzu kommt ein exzellentes Casting und kammerspielartige Dialoge, in denen die Pausen oft länger sind als nötig und die den Kieler Tatort immer etwas still und unwirklich erscheinen lassen.

[Erstsendung: 10. September 2006]

Die Linke und die Machtfrage

Montag, 11. September 2006

Ich weiß wenig über die WASG. Wenn allerdings die Berliner PDS anfängt, andere linke Gruppen als Sektierer zu bezeichnen oder davon spricht, in bestimmte Milieus einzubrechen, klingt das in meinen Ohren — hm — historisch zumindest unsensibel.

Endlich: Gebete werden erhört!

Montag, 11. September 2006

Sollte jemand aussehen, als ob er betet, können die Mikrophone bestimmte Schlüsselworte erkennen.

Noch mehr Schwachsinn:

In jedem Fall würden die Kameras und Mikrophone auf den Toiletten installiert, denn dort würden Terroristen im Ernstfall ihre Bomben zusammenbauen.

[Netzeitung]

Zu Toilettenkameras auch Benno Kirsch im Scheinschlag.

Luftschlösser

Montag, 11. September 2006

Der Transit-Verlag in Kreuzberg hat nicht nur Autoren wie Johnson, Knobloch, Luft und Delius im Programm. Seine Bücher sind auch außerordentlich schön und unaufgeregt gemacht.

Sehr zu empfehlen ist Andreas Hoffmanns “Luftschlösser”, über Berlins unvollendete Bauten, das in kurzen gut erzählten Essays nicht oder nur teilweise ausgeführten Planungen der beiden Berlins der Nachkriegszeit nacherzählt. Das Buch, auf gutem Papier gedruckt, angenehm gesetzt, mit sinnvollen Abbildungen versehen und in Fadenheftung gebunden, gibt es gerade bei Dussmann in der Berlin-Abteilung von 16,80 auf 2,95 € herabgesetzt.

Aus dem Inhalt: Braunkohlebergbau, Karl-Liebknecht-Denkmal, Zentrales Gebäude am Marx-Engels-Platz, Hubschrauberlandeplatz, Ernst-Thälmann-Denkmal, U-Bahnlinie 10, Südgüterbahnhof, Westtangente, Objekt 3333.

[via]

Am Bahndamm, Teil 2

Montag, 11. September 2006

[Eine kleine Reihe, die eine Wanderung durch die Stadt beschreibt, läuft hier noch bis Freitag. Heute hier der zweite Teil der Einleitung, morgen wandern wir dann los.]

[Übersicht]
[Teil 1]

Die Teilung der Stadt wurde ergänzt durch Größenwahnpläne. Die Architekten der Reichshauptstadt Germania planten inzwischen für den West-Berliner Senat. Größenwahn bedeutete in West-Berlin vor allem autogerechte Planung. Ein Stadtring sollte entstehen mit Nord-, Süd-, Ost- und Westtangente (die eigentlich eher Sekanten gewesen wären). Daß diese Planung schon an der weltpolitischen Lage scheitern mußte, hätte den Planern klar sein müssen, störte sie aber wenig. Ihren Teil wollten sie in jedem Falle bauen. Und so entstand der westliche Autobahnstadtring parallel zur Ringbahn (die ja gleichzeitig boykottiert werden sollte).

Die Westtangente jedoch wurde zum ewigen Zankapfel. Das Planungsverfahren war jahrelang von den üblichen Berliner Skandalen begleitet. Zusätzlich jedoch sollte sie über Bahngelände führen: der Güterbahnhof der Berlin-Potsdamer Bahn mußte weichen. Des weiteren sollte auf dem Güterbahnhof der Anhalter Bahn am Gleisdreieck das Museum für Verkehr und Technik entstehen. Für beides mußten aufgrund der erwähnten Umstände Verhandlungen mit Alliierten und Reichsbahn geführt werden.

Letztere sollte als Ausgleich einen riesigen modernen Güterbahnhof auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofes Tempelhof der Anhalter Bahn gebaut bekommen. Der alte Rangierbahnhof auf dem Südgelände, 1889 eingeweiht, in den 20ern stark erweitert, war seit 1952 nicht mehr in Betrieb.

Diese Planungen scheiterten sowohl am Dilletantismus der Planer, die schon vor Ende des Verfahrens mit Bauen beginnen wollten als auch am unermüdlichen Protest von Bürgerinitiativen, die sich sowohl gegen die Westtangente als auch gegen den Bahnhof wandten. Die BI Westtangente ist mit ihrem inzwischen über dreißigjährigen Eintreten für eine bürgerfreundliche Stadtplanung legendär. Allerdings wurde im vermeintlich boomenden Berlin der 90er Jahre weniger Rücksicht auf die Bürger genommen: der Innenstadtteil der Westtangente ist in Form des Tiergartentunnels inzwischen Realität.

Aber nicht nur das Südgelände, auch der Rangierbahnhof der Anhalter Bahn sind noch immer in einem verwunschenen Zustand.

[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

Alle reden vom Wetter. Wir nicht.

Freitag, 8. September 2006

Hartmut “Ästhetik muß man sich leisten können” Mehdorn vor vier Jahren zum verkürzten Dach des Lehrter Bahnhofes:

Es wird keiner naß, der nicht naß werden will

Stimmt: In Zukunft sollen Fahrgäste der ersten Klasse mit Regenschirmen unters Dach geleitet werden.

Am Bahndamm, Teil 1

Freitag, 8. September 2006

[siehe Einleitung]

Die größenwahnsinnigen Bahnbauten der Neunziger lassen vergessen, daß die Bahnsituation in Berlin vor nicht allzu langer Zeit ziemlich absurd war.

Am bekanntesten sind noch die Geisterbahnhöfe, auf denen S- und U-Bahnlinien ohne Halt von West durch Ost nach West fuhren sowie Friedrichstraße, exterritorialer Umsteigepunkt für Westberliner, die hier auf ost-berliner Gebiet zwischen zwei (West-) S-, einer U-Bahnlinie und der Fernbahn ohne Grenzkontrolle wechseln konnten. Ein weiterer Bahnsteig wurde, durch eine Stahlwand abgetrennt, für Ost-Berliner zum Ende der Stadtbahn.

Nachkriegslogo der Deutschen Reichsbahn

Im Potsdamer Abkommen von 1945 war festgelegt, daß die Eisenbahn in ganz Berlin von der Deutschen Reichsbahn betrieben wird. Deren Verwaltung lag in Ost-Berlin. Diese Tatsache hatte unter anderem den vom DGB initiierten S-Bahn-Boykott zur Folge: “Der S-Bahn-Fahrer zahlt den Stacheldraht”. Im Zuge des Boykotts wurden Autobahnbusse eingerichtet, die parallel fuhren. Auf westberliner Gebiet wurden alle Hinweise auf die S-Bahn außerhalb der Bahnhöfe entfernt. Auch die BVG druckte die S-Bahn in ihren Plänen nicht ab. So gab es denn neben den Geisterbahnhöfen im Osten ein Geisterverkehrsmittel im Westen, das mit leeren Wagen, die in den zwanziger Jahren gebaut wurden, auf maroden Strecken fuhr. Bürgerinitiativen, die mit aufkommendem Ökologie-Bewußtsein eine Renaissance der S-Bahn einforderten, wurden unter Kommunismus-Verdacht gestellt. 1980 kam es nach Einschnitten ins Netz zum Reichsbahner-Streik in West-Berlin und in Folge zur Übertragung der Betriebsrechte von der Reichsbahn an die BVG.

Weiterhin konnten stillgelegte Bahnflächen in West-Berlin nur mit Zustimmung der Reichsbahn bzw. der Alliierten abgerissen oder bebaut werden. Und so gab es dann nach dem Mauerfall auf vielen der im Zuge des Boykotts stillgelegten Bahnlinien eine einzigartige Situation, in der großflächig alte Gleise und Bahnhofsanlagen überwuchert waren von Pflanzen, die andernorts am Aussterben waren. Seltene Pflanzen, deren Samen es vorher aus vielen Gegenden Europas mit der Bahn bis hierher geschafft hatten.

Ein großer Teil dieser Strecken ist mittlerweile wieder in Betrieb genommen worden, andere wurden verkauft und bebaut. An einigen Stellen jedoch wuchert es weiter.

[Ok, wir sind noch nicht losgewandert, aber ein bißchen Einführung hilft später.]

[Teil 2]
[Teil 3]
[Teil 4]
[Teil 5]
[Teil 6]

Am Bahndamm: Übersicht

Freitag, 8. September 2006

Wandern in der Stadt: In mehreren Fortsetzungen (ist zu viel auf einmal) wird hier in den nächsten Tagen eine Wanderung durch das Dickicht der Weltgeschichte vorgestellt. Ich hoffe, Ihr könnt was damit anfangen.

Wenns hinhaut, sollte kommenden Freitag alles komplett sein. Auf dem Weg liegt unter anderem die Monumentenhalle, in der das Technikmuseum historische Fahrzeuge ausstellt. Hier ist noch an allen Septembersonntagen geöffnet. Wer deswegen schon diese Woche losziehen möchte, schickt mir bitte heute bis 16.00 Uhr eine Mail an blog@stralau.in-berlin.de und bekommt eine Vorabversion.

Hier geht es dann weiter:

Monster: Detail

Polizeiruf 110: Traumtod (NDR)

Freitag, 8. September 2006

Eine einigermaßen abstruse Geschichte um einen geschliffenen Bernstein, für den gemordet wird. Das Ratespiel, das um den Stein herum aufgebaut wird, könnte sogar ganz amüsant sein, kämen die Figuren nicht so abziehbildartig daher.

Hinzu kommt, daß die behaupteten Motive der Personen nicht schlüssig durch ihr Handeln begründet werden. Warum läßt sich Kommissar Tellheim auf die Party locken? Vor allem aber: die Mörderin litt darunter, daß ihr Mann alles für seine Sammelleidenschaft ausgab. Als Mordmotiv ist das ziemlich dürftig. Auch in besserverdienenden Kreisen wird eine Scheidung nicht mehr als Schande angesehen, hört man. Überhaupt scheinen die Moralvorstellungen des Autors (Ulli Stephan) etwas angestaubt zu sein: der Vollrausch des Kommissars nach Feierabend wird nicht zugelassen, sondern später als gezielte Betäubung umgedeutet.

Wie so oft wird schwache Handlung von teurer Einrichtung begleitet und dann mit dicker Musiksauce zugekleistert, damits keiner merkt. Uwe Steimle, der im richtigen Leben Kabarett macht, scheint zumindest seinen Text etwas aufgebessert zu haben, denn diese Pointen scheinen nicht so recht zum Rest zu passen. Sicher ist es nicht einfach, in die Fußstapfen von Beate Langmaack zu treten, die bisher großartige Drehbücher des Schweriner Polizeirufes schrieb. Hier ist aber noch ziemlich viel Luft.

[Erstsendung: 3. September 2006]

Deutschlandradio 2254 …

Freitag, 8. September 2006

… ist wirklich nur was für starke Nerven. Willensstarke vereinsamte Männer, die politische Ideeen haben, eine abstruser als die andere, dürfen anrufen und sich äußern. Schlimmer als in Blogs.

Thema heute: Reformen. Die letzten beiden Anrufer wollen Deutschland retten mit: permanenten Neuwahlen per Internet und einem nach Geschlechtern getrennten Parlament.

Ein Moderator mit Säuferstimme, Typ freundlicher Zyniker.

Zeitungsarchiv

Mittwoch, 6. September 2006

Oha. Der Online-Dienst Google News, der Zugriff auf verschiedene Nachrichtenquellen bietet, erlaubt neuerdings eine Archivsuche. Feine Sache.

Ein erster Blick zeigt, daß man bei den deutschsprachigen Zeitungen ungefähr die erreicht, deren Archiv auch so erreichbar ist, dafür aber auf einen Blick. Eine Ausnahme ist die Taz, deren Archivartikel zwar erreichbar sind, bei der die Archivsuche normalerweise kostenpflichtig ist. FAZ und Süddeutsche fehlen aber zum Beispiel, die New York Times gibt es sogar ab 1851.

[von da]