Tatort: Baum der Erlösung (ORF)
Sonntag, 11. Januar 2009Im Tiroler Dorf Telfs gibt es eine Stammesfehde zwischen Deutschösterreichern und Türken. Dazu schlimme Sachen wie Zwangsverheiratungen und Rassismus, ausgelöst von einem Moscheebau mit Minarett, gegen den die FPÖ hetzt. Der Bürgermeister stellt sich hinter die Einwanderer und das Minarett, das in einem albernen architektonischen Witz endet.
Zwar mag ich Harald Krassnitzer sehr. Zwar ist Franz Pfurtschneller (Alexander Mitterer) ein großartiger Spießer-Polizist mit einer ordentlichen Portion Wiener Rassismus’ und hat im Dorfpolizisten Vedat Özdemir (Tim Seyfi) einen witzigen Gegenspieler. Zwar sind die Landschaftsansichten, wie oft beim Österreicher Tatort, atemberaubend. Die jungen Bergarbeiter mit den Friedrichshain-Frisuren sind es jedoch nicht. Und Felix Mitterer, der schon die Bücher zu sehr herausragenden Österreicher Tatörtern geschrieben hat, geraten die sozialen Themen manchmal ein wenig zu Wohlfühl-Brei, auch wenn das lange nicht an den deutschen Kitsch heranreicht.
„Der Baum der Erlösung“ ist laut Mitterer „ein Geschenk an die Gemeinde Telfs“, deren Streit um die Moschee tatsächlich in den vergangenen Jahren Wellen in Österreich schlug. Vielleicht hätte man die Sache mit den Zwangsverheiratungen (die vielleicht nur aus Ausgewogenheitsgründen drin ist — damit nicht nur die Deutschösterreicher die Bösen sind) weglassen sollen und es wäre ein guter Film geworden.
[Erstsendung 4. Januar 2009]
Die Kritik verstehe ich nicht. Ohne das Zwangsverheiratungsthema wär doch die Story weg gewesen. Es war doch gerade das spannende (und für manchen vielleicht auch lehrreiche) am “Wir vermischen uns nicht”-Thema, dass es sowohl den türkischen Immigranten als auch den Ur-Tirolern am Herzen lag – und dann zuzusehen, wie beide Seiten darüber zu “Bösen” geworden sind, die viel Leid über die Gemeinde bringen. Klasse!
Wo ist bei soviel Konflikt, Hass und Elend denn der überbordende “Wohlfühl-Brei”?
sagt man eigentlich zu Leuten, die verdammt dazu sind, sich ihr_e Partner_in alleine zu suchen, keinen Rückhalt dabei in der Familie haben und dabei manchmal drei Dekaden ihres Lebens schier dran verzweifeln auch, sie stehen unter Liebesheiratszwang? Ganz davon zu schweigen, dass selbst die Existenz einer Familie nicht davon abhält, aufgrund erkaltender Liebe die Biographie seiner eigenen Kinder unnötigerweise mit Trennung, Schmerz und Haß zu füllen.
Wieso Liebesheiratszwang? Ist doch niemand gezwungen, zu heiraten (und viele tun’s ja auch nicht). Und es wird auch niemand daran gehindert, eine Zweckehe einzugehen.
Im Film ging es ja um den Fall, daß die Tochter mit jemandem verheiratet werden sollte, den sie kaum kannte und daß sie dafür hätte in die Türkei gehen müssen.